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Wenn der CEO das Coronavirus hat

Von Daniel Schauber, Frankfurt Börsen-Zeitung, 17.3.2020 Die Gefahr, sich mit Coronaviren angesteckt zu haben, ist für CEOs groß. Sie sitzen oft in Meetings, schütteln viele fremde Hände und kommen auf Flughäfen und Bahnhöfen mit Krankheitserregern...

Wenn der CEO das Coronavirus hat

Von Daniel Schauber, FrankfurtDie Gefahr, sich mit Coronaviren angesteckt zu haben, ist für CEOs groß. Sie sitzen oft in Meetings, schütteln viele fremde Hände und kommen auf Flughäfen und Bahnhöfen mit Krankheitserregern aus aller Welt in Kontakt.Mehrere prominente CEOs haben sich das Coronavirus eingefangen. Dazu gehören Berichten zufolge die Chefs des britischen Telekomkonzerns BT, des US-amerikanischen Musiklabels Universal Music sowie des Biotechunternehmens Apellis. Auch die Bosse der New Yorker Hafenbehörde und des Pariser Flughafens wurden positiv auf Covid-19 getestet. Nicht jeder sagt, was genau mit ihm los ist.Ein Beispiel für hohe Transparenz bietet der Fall von BT-CEO Philip Jansen (53). Er wurde positiv auf Covid-19 getestet, wie der Konzern am 12. März mitteilte. Jansen erklärte in der Meldung: “Da ich mich etwas unwohl fühlte, beschloss ich vorsichtshalber, mich testen zu lassen. Sobald die Testergebnisse bekannt waren, isolierte ich mich zu Hause.” Weiter erklärte er: “Ich habe mich diese Woche mit mehreren Partnern aus der Industrie getroffen und hielt es für das Verantwortungsvolle, sie so schnell wie möglich auf diese Tatsache hinzuweisen.” Und weiter: “Da meine Symptome relativ leicht zu sein scheinen, werde ich BT weiterhin leiten, aber in der kommenden Woche mit meinem Team aus der Ferne arbeiten. Es wird keine Unterbrechung des Geschäftsbetriebs geben.”Eher gering scheint für Außenstehende die Transparenz bei Universal-Music-CEO Lucian Grainge (60). Er kam angeblich ins Krankenhaus nach einem positiven Test auf Covid-19, wie Bloomberg am 15. März unter Berufung auf Insider berichtet. Kontakt zum Apple-ChefEine Bestätigung der Vivendi-Tochter dazu gab es zunächst nicht. Die Zeitschrift “Variety” berichtete zuvor über die Diagnose und wies darauf hin, dass unter anderem Apple-CEO Tim Cook und Apple-Services-Chef Eddy Cue vor zwei Wochen an der Feier zum 60. Geburtstag von Grainge teilgenommen hätten.Der Chef des Biotech-Unternehmens Apellis, Cedric Francois, gab auf Linkedin am 14. März bekannt, dass er positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Etwa eine Woche nach dem Besuch einer Konferenz, an der zuvor Mitarbeiter von Biogen teilgenommen hatten, die später mit Covid-19 diagnostiziert wurden, habe er sich krank gefühlt. “Kein Fieber, kein Husten oder Kurzatmigkeit, aber allgemeines Unwohlsein”, schrieb er. Bisher isoliere er sich in seiner Wohnung in Boston. Er schrieb zudem, dass er seit dem 3. März nicht mehr in der Apellis-Zentrale war, “was es unwahrscheinlich macht, dass ich mit jemandem im Büro in Kontakt gekommen bin, während ich möglicherweise ansteckend war”, und erklärte weiter: “Wie andere dachte ich, es wäre gut, offen darüber zu sprechen.”Der CEO des Pariser Flughafens ADP, Augustin de Romanet, wurde bereits am 7. März positiv auf Covid-19 getestet und befindet sich nach Konzernangaben seither in Quarantäne. Auch der Chef der New Yorker Hafenbehörde, Rick Cotton, ist unter Quarantäne und arbeitet von zu Hause aus, wie der Gouverneur von New York, Andrew Cuomo, am 9. März offenlegte.Was Gesundheitsdaten von CEOs betrifft, so gilt allgemein, dass Informationsrechte der Stakeholder gegen Persönlichkeitsrechte des Managers und seiner Angehörigen abzuwägen sind. Bei ansteckenden Infektionen liegt es zudem nahe, dass auch Interessen möglicher Kontaktpersonen zu berücksichtigen sind. Mit Blick auf die Informationsrechte von Aktionären lässt die Gesetzeslage hierzulande viel Interpretationsspielraum. In Deutschland verpflichtet das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) alle Inlandsemittenten, Insiderinformationen – zu denen zweifellos auch das Wissen über Erkrankung, Infektion und temporäre Abwesenheit des CEO gehören kann – “unverzüglich” weiterzugeben, damit andere Marktteilnehmer nicht gegenüber Insidern benachteiligt werden. Auch die US-Börsenaufsicht SEC sieht keine expliziten Regelungen zu Mitteilungspflichten über die Gesundheit des CEO vor. Die SEC fordert allgemein, dass Unternehmen wesentliche Informationen veröffentlichen müssen – also alles, was die Entscheidung eines Investors beeinflussen könnte, Aktien der Firma zu kaufen oder zu verkaufen.Dass eine Erkrankung, Infektion oder temporäre Abwesenheit einer Top-Führungskraft auch Anlageentscheidungen beeinflussen kann, liegt auf der Hand. Hinzu kommt: Wenn die Gesundheit der Mitmenschen in Gefahr ist, dann ist von Führungskräften neben juristisch sauberem auch sozial korrektes Verhalten gefordert.