VW-Dieselskandal

Winterkorn zahlt 11 Mill. Euro Schadenersatz

Am vergangenen Wochenende hatte der Aufsichtsrat von Volkswagen nach einer Sitzung bereits mitgeteilt, dass die wesentlichen Konditionen der Vergleiche beschlossen worden seien. Nun stehen die Details der Vereinbarungen fest, denen die Aktionäre von...

Winterkorn zahlt 11 Mill. Euro Schadenersatz

Von Carsten Steevens, Hamburg

Am vergangenen Wochenende hatte der Aufsichtsrat von Volkswagen nach einer Sitzung bereits mitgeteilt, dass die wesentlichen Konditionen der Vergleiche beschlossen worden seien. Nun stehen die Details der Vereinbarungen fest, denen die Aktionäre von Europas größtem Fahrzeugbauer in der für den 22. Juli anberaumten Hauptversammlung für das Geschäftsjahr 2020 noch zustimmen müssen: Im Zusammenhang mit dem im September 2015 aufgeflogenen Dieselabgasskandal von Volkswagen zahlt der damals zurückgetretene Konzernchef Martin Winterkorn 11,2 Mill. Euro Schadenersatz, der ehemalige Konzernvorstand und Audi-Vorstandsvorsitzende Rupert Stadler 4,1 Mill. Euro.

Die Schadenersatzleistungen sind das Ergebnis von Untersuchungen zu den Ursachen und Verantwortlichkeiten der Abgasmanipulationen bei weltweit rund 11 Millionen Dieselautos, die das Kontrollgremium von Volkswagen im Oktober 2015 eingeleitet hatte. Ende März dieses Jahres hatte der Aufsichtsrat nach Prüfung von Haftungsansprüchen durch die Rechtsanwaltskanzlei Gleiss Lutz beschlossen, Winterkorn (74) und Stadler (58) wegen Verletzung aktienrechtlicher Sorgfaltspflichten Schadenersatz geltend machen will – womit ein Schlussstrich unter die Aufklärungsarbeit gezogen werde, wie damals erklärt wurde.

Winterkorn habe es in der Zeit ab dem 27. Juli 2015 unterlassen, den Einsatz unzulässiger Softwarefunktionen in 2-Liter-TDI-Dieselmotoren, die zwischen 2009 und 2015 in Nordamerika verkauft wurden, unverzüglich und umfassend aufzuklären, so die Begründung der Forderungen. Zudem habe er nicht dafür gesorgt, dass Fragen von US-Behörden in diesem Zusammenhang sofort wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet werden. Stadler habe es nach dem 21. September 2016 unterlassen, dafür zu sorgen, dass von Audi entwickelte 3- und 4,2-Liter-V-TDI-Dieselmotoren, die in EU-Fahrzeugen von Volkswagen, Audi und Porsche verbaut waren, mit Blick auf unzulässige Softwarefunktionen überprüft werden.

Pflichtverletzungen anderer Mitglieder des Konzernvorstands seien nicht festgestellt worden, erklärte Volkswagen erneut. Allerdings zahlen nach Gleiss-Lutz-Gutachten, in denen fahrlässige Pflichtverletzungen festgestellt wurden, auch die früheren Vorstandsmitglieder von Porsche und Audi, Wolfgang Hatz (62) und Stefan Knirsch (55), Summen von 1,5 Mill. bzw. 1 Mill. Euro. Beide waren anders als der ehemalige Audi-Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg (71) zu einer Einigung bereit. Gegen Hackenberg sollen nun nach einem Auftrag des Audi-Aufsichtsrats gerichtliche Schritte vorbereitet werden. Ausgenommen von dem Vergleich ist auch der frühere Entwicklungschef der Marke VW, Heinz-Jakob Neußer (61), gegen den Volkswagen bereits Ansprüche angemeldet hat, gegen die sich der Manager gerichtlich wehrt.

Ungleich größer als die Schadenersatzleistungen der ehemaligen Manager sind indes die Entschädigungszahlungen aus der Managerhaftpflicht, die Volkswagen erhält. Die Einigung mit den D&O-Versicherern belaufe sich auf eine Summe von 270 Mill. Euro, teilte der Konzern mit. Es handelt sich um die mit Abstand höchste Summe, die jemals in Deutschland in einem solchen Zusammenhang gezahlt wurde. Über den Anteil des aus mehr als 30 Versicherern bestehenden Konsortiums um Zurich Insurance an den Kosten war bis zuletzt gerungen worden.

Auch der von 2007 bis September 2015 amtierende Volkswagen-Chef Winterkorn hat stets bestritten, von den Abgasmanipulationen gewusst zu haben. Mitte September nun soll gegen ihn und weitere Manager, denen die Braunschweiger Staatsanwaltschaft gewerbs- und bandenmäßigen Betrug vorwirft, am Landgericht Braunschweig der Prozess im sogenannten NOX-Strafverfahren beginnen. Wie nun auch bekannt wurde, erhob die Staatsanwaltschaft Berlin Anklage gegen Winterkorn, weil er im Januar 2017 vor dem Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestages falsch ausgesagt haben soll. Der Abgasskandal hat seit 2015 zu Belastungen von mehr als 32 Mrd. Euro für den Volkswagen-Konzern geführt.