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Wirbel in der US-Medienlandschaft

Von Peter De Thier, Washington Börsen-Zeitung, 4.4.2018 So bekannt wie Rupert Murdoch oder CNN-Gründer Ted Turner ist er nicht, doch David D. Smith (67), CEO der Medienimperiums Sinclair Broadcast Group (SBGI), ist auf dem besten Weg, der politisch...

Wirbel in der US-Medienlandschaft

Von Peter De Thier, WashingtonSo bekannt wie Rupert Murdoch oder CNN-Gründer Ted Turner ist er nicht, doch David D. Smith (67), CEO der Medienimperiums Sinclair Broadcast Group (SBGI), ist auf dem besten Weg, der politisch einflussreichste Medienunternehmer in den USA zu werden. Mit der Rückendeckung seines Freundes Ajit Pai (45), Chef der Federal Communications Commission (FCC), will Smith für 3,9 Mrd. Dollar den Konkurrenten Tribune Media schlucken. Politisch brisant ist die geplante Übernahme deswegen, weil Sinclair – das sich als politisch unabhängiges Unternehmen versteht, seit langer Zeit aber die Positionen konservativer Politiker unterstützt – dann die Inhalte der lokalen Fernsehnachrichten in fast drei Viertel aller US-Haushalte bestimmen würde. Eine Schlüsselrolle wird bei der Elefantenhochzeit dem FCC-Vorsitzenden Pai, dem obersten Aufseher der Telekommunikations- und Medienindustrie, zukommen. Er macht sich für eine weitgehende Deregulierung der Branche stark. Einseitige BerichterstattungWie die künftige Nachrichtenlandschaft in den USA aussehen könnte, wenn die FCC die Fusion absegnen sollte, das wurde am Wochenende durch ein Video der Website Deadspin klar, welches sich im Internet wie ein Lauffeuer verbreitete. In einem Zusammenschnitt sind Dutzende von Fernsehreportern und Nachrichtenmoderatoren zu sehen. Auf Geheiß der Sinclair-Konzernleitung hatten sie in identischem Wortlaut gegen “fake news” und “den beunruhigenden Trend zu unverantwortlicher, einseitiger Berichterstattung” zu wettern. Diese würden “unser Land plagen” und zugleich die Demokratie gefährden.Die synchron vorgetragene Propaganda war nichts anderes als ein leicht durchschaubarer Hieb gegen jene angeblich liberalen Medien wie die Nachrichtensender CNN und NBC sowie führende Zeitungen, allen voran die “Washington Post” und die “New York Times”. Kein Wunder, dass US-Präsident Donald Trump am Ostermontag postwendend auf Twitter meinte, dass Sinclair jenen anderen Medienhäusern, die laut Trump ausschließlich Falschnachrichten verbreiten, “weit überlegen” sei. Parallel dazu setzte er seinen Kreuzzug gegen den Online-Giganten Amazon fort. Dessen Chef Jeff Bezos ist dem Präsidenten deswegen ein Dorn im Auge, weil Bezos die “Washington Post” gehört, die mit Enthüllungen über das Chaos in Trumps White House den Präsidenten immer wieder in Rage versetzt.In enger Abstimmung mit Pai, der vom ehemaligen Präsidenten Barack Obama in den FCC-Vorstand berufen und dann von Trump an die Spitze der Behörde befördert wurde, hatte Sinclair bereits während des Wahlkampfs einen Draht zum republikanischen Spitzenkandidaten gesucht. Smith, der seine Unternehmerkarriere mit dem Verkauf von pornografischen Videos in Baltimore begann und dank seines Vaters, der zugleich SBGI-Gründer war, dort verschiedene Positionen bekam, traf sich sowohl mit dem künftigen FCC-Vorsitzenden als auch mit leitenden Mitarbeitern der Trump-Kampagne. Mit Pai soll er mit Blick auf eine mögliche Tribune-Übernahme über eine Lockerung der Eigentumsregeln diskutiert haben, die verhindern sollen, dass einzelne Medienkonglomerate eine marktbeherrschende Position einnehmen und imstande wären, die öffentliche Meinung zu manipulieren. Bei Smiths Begegnungen mit Trumps Beratern hingegen soll es darum gegangen sein, dass die Sinclair-Gruppe ungehinderten Zugang zu dem Kandidaten hat und als Gegenleistung ausschließlich vorteilhafte Berichte über den Republikaner ausstrahlt.Aus der Sicht des Präsidenten hat sich jedenfalls der “Deal”, den er vor zwei Jahren mit Smith abschloss, ausgezahlt. In den 89 Städten und Regionen, in denen SBGI 193 Fernsehstationen mit insgesamt 614 Kanälen betreibt, lag Trump im Schnitt mit einem Vorsprung von 19 % vor seiner demokratischen Gegnerin Hillary Clinton. Wird das Portfolio der Sinclair Group nun auch um Tribunes 42 Fernsehstationen erweitert, dann könnte das Unternehmen, welches seinen Redakteuren und Reportern angeblich vorschreibt, Kommentare zu verfassen, “die mit den ideologischen Überzeugungen der Eigentümer übereinstimmen”, mehr als 72 % der US-Haushalte erreichen. Das könnte maßgeblichen Einfluss auf die nächsten Wahlen haben. Vielleicht schon bei den Kongresswahlen im November, aber wohl spätestens, wenn Trump 2020 hofft, im Amt bestätigt zu werden.