Zwei Favoriten für die Bertelsmann-Spitze
Beim Bertelsmann-Konzern klärt sich zum Jahreswechsel die mit Spannung erwartete Nachfolge des langjährigen Chefs Thomas Rabe. „Wir werden in den zuständigen Gremien um das Jahresende darüber beraten und entscheiden“, sagte Bertelsmann-Aufsichtsratschef Christoph Mohn. „Wir sind auf einem guten Weg.“
In der Branche und im Konzern wird spekuliert, dass einer der Enkel des 2009 gestorbenen Firmenpatriarchen Reinhard Mohn, Carsten oder Thomas Coesfeld, den Vorstandsvorsitz übernimmt. Christoph Mohn bescheinigte beiden Konzernvorständen „überdurchschnittliches Potenzial“, ließ sich aber nicht in die Karten schauen, wer spätestens Anfang 2027 Bertelsmann-Chef sein wird.
Rabe geht zum Jahresende
Der 59-jährige Rabe ist seit 2012 Konzernlenker bei dem internationalen Medien-, Dienstleistungs- und Bildungsunternehmen und seit 2019 zugleich Chef der TV-Tochter RTL. „Ich werde bis Ende 2026 alles tun, um das Unternehmen bestmöglich an meinen Nachfolger zu übergeben“, hatte Rabe am Dienstag auf einer internen Management-Konferenz mit rund 500 Führungskräften in Gütersloh gesagt. Dabei deutete er auch einen weiteren Deal an: „Wir schauen uns Gelegenheiten an, und wer weiß, was in den nächsten Wochen passiert.“
„M&A-Pipeline ist gut gefüllt“
Chefkontrolleur Mohn sagte dazu, bei Bertelsmann gebe es fast jede Woche eine Transaktion oder Minderheitsbeteiligung. „Aber große Deals stehen bei Bertelsmann nicht so häufig auf der Tagesordnung.“ In puncto Partnerschaften oder Zusammenschlüssen habe man Ideen, wo auch größere Kombinationen Sinn machten. Bei solchen Investitionen müsse man aber geduldig sein. „Die M&A-Pipeline ist gut gefüllt“, erklärte er zum Geschäft mit Fusionen und Übernahmen. Mohn signalisierte allerdings, dass viele interessante Unternehmen keine Schnäppchen seien. „In den USA erzielen hochwertige Assets derzeit in der Regel hohe Preise, insbesondere für skalierbare digitale Geschäftsmodelle.“
Bertelsmann habe mit zahlreichen Geschäften und diversen Geschäftsmodellen viel Komplexität im Unternehmen, sagte Mohn. „Der Lebenszyklus von Geschäftsmodellen reduziert sich“, erläuterte der 59-jährige Manager mit Blick auf den steten Wandel. „Die Transformationsgeschwindigkeit ist viel höher als früher.“
Zwei Mitglieder der siebten Generation
Die Coesfeld-Brüder sind Mitglieder der siebten Generation der Familie in dem 1835 gegründeten Unternehmen in Ostwestfalen. Carsten (38) ist im Vorstand zuständig für die Bildungssparte und das Investmentgeschäft von Bertelsmann. Sein jüngerer Bruder Thomas (35) ist Chef der Musiktochter BMG. „Sie sind noch nicht am Ende ihrer Reise“, sagte Christoph Mohn.
Andere Führungskräfte aus dem Bertelsmann-Konzern betonten unisono zum Auftreten der Brüder auf der Management-Konferenz: „Das war auch ein Schaulaufen für die Rabe-Nachfolge.“ Aufsichtsratschef Mohn sagte dazu, die Berufung eines neuen Chefs oder einer Chefin von außen sei grundsätzlich möglich. Er betonte zugleich: „Wir haben starke Vorstandsmitglieder – Top-Manager, die in der Champions League spielen.“ Im Vorstand werde man die Aufgaben künftig ohnehin anders und auf mehrere Schultern verteilen als unter Rabe.