GastbeitragFinanzkriminalität

Neue Superbehörde im Kampf gegen Geldwäsche

Das Bundesfinanzministerium rüstet den Instrumentenkasten zur Bekämpfung von Finanzkriminalität auf. Dabei soll Geldwäsche deutlich strenger geahndet werden.

Neue Superbehörde im Kampf gegen Geldwäsche

Neue Superbehörde im Kampf gegen Geldwäsche

Banken und Unternehmen müssen mit stärkerer Überwachung und einer strengeren Verfolgung von Verstößen rechnen

Von David Pasewaldt und Margarete Weiß *)

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) arbeitet an einem Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität (Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz, FKBG). Das Vorhaben dient namentlich zur Umsetzung einer Vereinbarung im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP von 2021 zur nachhaltigen Verbesserung der Bekämpfung von Geldwäsche. Es berücksichtigt insbesondere Handlungsempfehlungen aus dem Bericht der internationalen Financial Action Task Force (FATF) aus dem Jahr 2022 zur Prüfung der Effektivität der Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsbekämpfung in Deutschland.

Kernstück des 236 Seiten starken Gesetzentwurfs vom 21. Juli 2023 ist die Errichtung eines Bundesamts zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF). Die neue Bundesoberbehörde soll an den Standorten Köln und Dresden schon ab Januar 2024 mit bis zu 1.700 Mitarbeitern Finanzermittlungen durchführen. Die Kosten bis zu seiner Fertigstellung im Jahr 2027 werden mit mehr als 700 Mill. Euro veranschlagt.

Follow the Money

Mit dem BBF sollen wichtige Kompetenzen für straf- und verwaltungsrechtliche Ermittlungen zu inkriminierten oder zumindest verdächtigen Finanzströmen gebündelt sowie die Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzsektor unter einem Dach zusammengeführt werden, um Synergieeffekte zu nutzen und die Geldwäschebekämpfung in Deutschland nachhaltig zu verbessern.

Konkret sollen etwa die bisher bei der Zollverwaltung angesiedelte Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit, FIU) und die Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfS) bis 2025 in der neuen Behörde aufgehen und deren Beschäftigten in das BBF übergeleitet werden.

Herzstück des BBF soll ein neu gegründetes Ermittlungszentrum Geldwäsche (EZG) werden, dem die originäre Zuständigkeit für polizeiliche Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung von bedeutsamen Fällen der internationalen Geldwäsche mit Deutschlandbezug übertragen werden. Um illegale oder verdächtige Finanzströme effektiv zu erforschen sowie kriminelle Strukturen und Netzwerke professioneller Geldwäscher aufdecken zu können, sollen neue Ermittlungsbefugnisse geschaffen, der bisher erforderliche Verdachtsgrad zur Aufnahme von Ermittlungen herabgesetzt werden.

Insbesondere ist vorgesehen, dass Ermittlungen zu verdächtigen und bedeutsamen Vermögensgegenständen, wie beispielsweise Immobilien, künftig bereits dann geführt werden können, wenn lediglich Unklarheit über den wirtschaftlich Berechtigten oder die Herkunft eines Vermögensgegenstands besteht.

Neue Ermittlungsbefugnisse

Dies wäre eine wesentliche Änderung gegenüber der aktuellen Rechtslage, nach der strafrechtliche Ermittlungsbefugnisse erst greifen, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat vorliegen und damit ein sogenannter Anfangsverdacht gegeben ist. Starke Verdachtsmomente für eine illegale Herkunft von Vermögensgegenständen bestehen allerdings häufig, ohne dass bereits Anhaltspunkte für konkrete Straftaten erkennbar sind. Die bisherige Verdachtsschwelle wird deshalb als zu hoch angesehen.

Gemäß dem Leitsatz „Follow the Money“ soll das EZG strafrechtliche Ermittlungen also in Zukunft schon bei unklarer Herkunft bedeutsamer Vermögenswerte durchführen können, Vermögensgegenstände vorläufig sicherstellen und Verfügungsbeschränkungen anordnen, betroffene Vermögen also „einfrieren“.

Um dem EZG eine effektive Verfolgung und Aufdeckung von Geldwäsche zu ermöglichen, sollen darüber hinaus bestehende strafprozessuale Befugnisse ausgedehnt werden. Verdeckte Ermittlungsmaßnahmen, namentlich die Telekommunikationsüberwachung und sogenannte Online-Durchsuchungen, sollen künftig unabhängig davon zulässig sein, aus welcher konkreten Vortat illegales Vermögen stammt.

"All-Crimes-Ansatz"

Auch dies wäre eine Neuerung im Vergleich zur derzeitigen Rechtslage, wonach etwa ein heimliches Abhören von Telefonaten oder ein Zugriff auf Computer ohne Wissen des Betroffenen nur möglich sind, wenn sich Geldwäsche auf Vermögen bezieht, das aus bestimmten Vortaten mit besonderem Unrechtsgehalt herrührt, vor allem Straftaten aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität.

Weniger schwerwiegende Straftaten, wie beispielsweise ein einfacher Betrug oder Korruption in Form einer Vorteilsannahme, würden insoweit also schweren Delikten etwa auf dem Gebiet des Drogen- und Menschenhandels gleichgestellt (sogenannter „All-Crimes-Ansatz“). Zur Schaffung dieser neuen Befugnisse will das Bundesfinanzministerium ein eigenes Gesetz zu Ermittlungen im Zusammenhang mit verdächtigen Vermögensgegenständen (Vermögensermittlungsgesetz, VErmG) einführen. Bei der Wahrnehmung seiner Kompetenzen soll das EZG eng mit dem parallel weiterhin zuständigen Bundeskriminalamt (BKA), dem Zollfahndungsdienst und den Staatsanwaltschaften der Länder zusammenarbeiten.

Ein weiterer Baustein im Konzept zur Geldwäschebekämpfung ist die geplante Einrichtung einer neue Zentralstelle für Geldwäscheaufsicht (ZfG) innerhalb des BBF. Diese Einheit soll die Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzsektor stärken und geldwäscheaufsichtsrechtliche Maßnahmen, die in den einzelnen Bundesländern bisher von unterschiedlichen Aufsichtsbehörden aufgrund verschiedener Regelwerke ausgeübt werden, zentral koordinieren und einheitliche Standards definieren. Die Aufsicht über den Finanzsektor wird wie bisher im Zuständigkeitsbereich der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bleiben.

Zudem soll ein Kompetenzzentrum mit Ausbildungsangeboten und Fortbildungsmöglichkeiten geschaffen werden, das den Mitarbeitern des BBF eine spezifische Expertise vermitteln und weitere Schlüsselakteure für die wirksame Bekämpfung und Aufklärung komplexer Geldwäschestrukturen sowie eine erfolgreiche Durchsetzung von Sanktionen schulen und unterstützen soll.

Immobilientransaktionsregister

Speziell für den Immobiliensektor sieht das Bundesfinanzministerium die Einrichtung eines neuen Immobilientransaktionsregisters vor, das beim BBF geführt werden soll. Mit ihm werden allen Geldwäsche- und Strafverfolgungsbehörden volldigitalen Zugriff auf Informationen im Zusammenhang mit Veräußerungsgeschäften von Immobilien erhalten. Zu den in diesem Register enthaltenen Informationen sollen vor allem Personen zählen, denen Immobilienunternehmen gehören oder die sonst wirtschaftlichen Einfluss auf solche Unternehmen ausüben.

Das Immobilientransaktionsregister würde eine Ausdehnung gegenüber dem schon seit dem Jahr 2017 im Geldwäschegesetz (GwG) verankerten Transparenzregister bedeuten, in dem Informationen zu wirtschaftlich Berechtigten etwa von juristischen Personen des Privatrechts (etwa GmbHs und AGs), Personengesellschaften (etwa OHGs und KGs) sowie Stiftungen geführt werden.

In frühem Stadium

Ob und mit welchen möglichen Anpassungen das Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz in Kraft treten wird, bleibt abzuwarten. Als Referentenentwurf befindet sich das Vorhaben noch in einem frühen Stadium. Es muss nun zunächst die Ressort-Abstimmung durchlaufen, eventuelle Anmerkungen und Änderungsvorschläge von Fachleuten, Verbänden und Interessengruppen werden sind im Rahmen anschließender Beratungen zu berücksichtigen. Auch angesichts der parlamentarischen Sommerpause erscheint der Zeitplan für ein Inkrafttreten am 1. Januar 2024 ambitioniert.

Von hoher Dringlichkeit

Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Vorhabens lässt zumindest das Bundesfinanzministerium allerdings nicht erkennen, der Änderungsbedarf wird als „dringlich“ beschrieben. Angesichts der deutlichen Kritik der FATF aus dem Jahr 2022 an den als unzureichend befundenen Maßnahmen Deutschlands zur Geldwäschebekämpfung, vor allem der als zu gering bemängelten Zahl strafrechtlicher Ermittlungsverfahren und Verurteilungen wegen Geldwäsche, erscheint dies nachvollziehbar. In jedem Fall aber müssen Banken und Unternehmen vor diesem Hintergrund mit einer strengeren Überwachung der Geldwäscheaufsicht und einer strengeren Verfolgung von Verstößen rechnen.

Dr. David Pasewaldt ist Partner und Margarete Weiß Rechtsanwältin in der Praxisgruppe „White Collar, Regulatory & Compliance“ der Kanzlei Clifford Chance in Frankfurt.

*) Dr. David Pasewaldt ist Partner und Margarete Weiß Rechtsanwältin in der Praxisgruppe „White Collar, Regulatory & Compliance“ der Kanzlei Clifford Chance in Frankfurt.