Eigenkapitalerleichterungen für Investitionen in Finanzprodukte im Rüstungssektor
Eigenkapitalerleichterungen für Investitionen in Finanzprodukte im Rüstungssektor
Berücksichtigung der ESG-Gesichtspunkte - Kriterien für Rüstungsfinanzierung
Eigenkapitalerleichterungen für Investitionen in Finanzprodukte im Rüstungssektor
Von Oliver Dreher und Dr. Arne Klüwer *)
Derzeit wird diskutiert, ob Investitionen im Rüstungssektor unter ESG-Kriterien als nachhaltig gelten dürfen und Fremdkapitalgeber daher von Eigenkapitalerleichterungen profitieren sollten.
Mehrere Aspekte sind dabei relevant. Sind Rüstungsgüter und -projekte überhaupt ESG-konform und führt dies kausal zu einer Reduzierung von Kreditrisiken und damit zu Eigenkapitalerleichterungen? Oder sind Rüstungsinvestitionen aufgrund anderer Umstände ohnehin risikoärmer als andere Investitionen und allein deshalb Eigenkapitalerleichterungen gerechtfertigt?
Für regulierte Investoren
Im Gespräch ist einerseits eine Privilegierung von Fremdkapitalinvestitionen für regulierte Investoren wie Banken und Versicherungen mit dem sogenannten Green Supporting Factor (GSF), der nachhaltige Finanzierungen durch reduzierte Eigenkapitalanforderungen aufsichtsrechtlich fördern soll.
Daneben werden eigene Kriterien für Rüstungsfinanzierungen diskutiert. Für eine Eigenkapitalprivilegierung muss eine Finanzierung jedoch zusätzlich in der EU-Taxonomie-Verordnung definierte ESG-Ziele erfüllen, messbar Nachhaltigkeitsziele unterstützen, sowie dokumentiert und verifiziert sein (z.B. durch ESG-Ratings oder Zertifikate).
Fremdkapital selten ESG-konform
Investitionen in Rüstungsgüter können umweltkonform sein, wenn sie eine umweltschädliche Technologie durch eine tendenziell umweltfreundliche ersetzen, so etwa bei der Finanzierung der Produktion sogenannter E-Fuels: Dies könnte sowohl die Versorgung mit Kraftstoffen in Krisenzeiten stärken als auch potenziell positive Umwelteffekte erzielen.
Sonst fällt der Rüstungssektor bisher nicht unter traditionelle ESG-Kriterien, wobei allerdings argumentiert wird, dass eine Stärkung der Verteidigungsfähigkeit eines Landes gleichzeitig die gesellschaftliche Resilienz und damit die Demokratie und die Gesellschaft an sich stärkt und somit auch das „S“ in ESG fördert. Das kann in Einzelfällen denkbar sein, oft wird es auch nicht zutreffen. Hier sollte zwischen eigentlichen Kriegsgütern und Rüstungsinfrastruktur unterschieden werden, und dort wiederum zwischen Logistik (Schienen, Elektroleitungen und andere „multi-purpose“-Gegenstände) und Produktion. Die Fertigung von Kriegsgütern kann jedoch nicht nur die eigene Verteidigungsfähigkeit stärken, sondern auch die von – ggf. eingeschränkt demokratischen – Drittstaaten. Das mag politisch sinnvoll sein, passt dann aber nicht mehr ohne weiteres zum Argument der Verteidigung der Demokratie.
Keine verbindlichen Vorgaben
Auch inwieweit eine ESG-konforme Finanzierung als solche risikoeigenkapitalmindernd gelten darf, ist derzeit noch im Planungsstadium. Verbindliche Vorgaben gibt es also selbst für anerkannt ESG-konforme Finanzierungen noch nicht. Gleichwohl können ESG-konforme Finanzierungen schon heute oftmals attraktiver sein, etwa für Investoren, die sich selbst auferlegen, teilweise oder ausschließlich ESG-konform zu finanzieren bzw. als schädlich definierte Investitionen überhaupt nicht mehr zu begleiten. Dabei steht jedoch nicht im Fokus, ob sich eine Finanzierung eigenkapitalerleichternd auswirken könnte.
ESG-Konformität und Kreditrisiko
Ist eine ESG-konforme Finanzierung weniger risikoreich als eine nicht ESG-konforme, wäre eine Privilegierung gerechtfertigt. Fraglich ist jedoch, ob dabei ihre ESG-Konformität entscheidend sein sollte. In Einzelfällen vielleicht, allerdings ist das Kreditrisiko selbst eine neutrale Größe, die allein von der Fähigkeit des Kreditnehmers abhängt, Kapital und Zinsen zu bedienen. Unter Umständen mag ein ESG-konformer Kreditnehmer eher zur Erfüllung seiner Verpflichtungen in der Lage sein – pauschal ist dies jedoch keineswegs sicher und eine entsprechende pauschale Einordnung deswegen auch nicht gerechtfertigt.
Nur wenn das Kreditrisiko reduziert ist, kann eine Eigenkapitalerleichterung angezeigt sein – das hängt jedoch nicht primär von einer Förderung politisch erwünschter Ziele ab.
Finanzierungen privilegiert
Entsprechend gilt für Rüstungsfinanzierungen: entweder ist die Rückzahlung gesichert oder nicht. Eine etwaige Privilegierung ergibt sich dann schon aus bestehenden Regelwerken (ohne ESG-Bezug).
Will man hingegen Rüstungsfinanzierungen „als solche“ privilegieren, sind entsprechende ESG-Kriterien ausdrücklich zu ergänzen und klarzustellen. Derzeit kann man zwar dafür argumentieren, bewegt sich aber in einem unsicheren Umfeld. Daher ist derzeit auch nicht zu empfehlen, sich allein auf die Stärkung und Resilienz einer demokratischen Gesellschaft zu stützen, wenn nicht gleichzeitig etablierte ESG-Kriterien erfüllt sind. Sonst besteht etwa das Risiko, dass zunächst als ESG-konform deklarierte Finanzierungen umdeklariert werden müssten, mit nachteiligen Folgen für alle Beteiligten und das ESG-Konzept insgesamt.
*) Oliver Dreher und Dr. Arne Klüwer sind Partner im Bereich Bank-, Finanz- und Kapitalmarktrecht bei der Wirtschaftskanzlei Dentons
