GastbeitragWirtschaftskriminalität

EU verschärft Kampf gegen Korruption

Die Europäische Union will härter gegen Korruption vorgehen. Nun ist der Weg frei für eine neue EU-Antikorruptionsrichtlinie. Sie setzt auch auf stärkere Prävention in den Mitgliedstaaten.

EU verschärft Kampf gegen Korruption

Europäische Union will Kampf
gegen Korruption verschärfen

Weg frei für neue EU-Antikorruptionsrichtlinie – Stärkere Prävention in Mitgliedstaaten

Von David Pasewaldt und Gerson Raiser *)

Der Rat und das Parlament der Europäischen Union haben am 2. Dezember 2025 eine Verständigung zur EU-weiten Korruptionsbekämpfung erzielt. Nach monatelangen Verhandlungen besteht Einigkeit über den Inhalt eines Richtlinienentwurfs, mit dem Definitionen von Straftatbeständen in den Mitgliedstaaten harmonisiert, Sanktionen verschärft und Präventionsmaßnahmen eingeführt werden sollen. Das Vorhaben geht auf eine Initiative der EU-Kommission von Mai 2023 zurück und zielt auf einen stärkeren Schutz der europäischen Wirtschaft und Demokratie vor Korruption. Zuletzt war das Richtlinienvorhaben auf Kritik gestoßen, auch aus Deutschland.

Aufklärungskampagnen

Die Richtlinie soll die Pflicht zur Ergreifung von administrativen Maßnahmen zur Korruptionsverhinderung auf nationaler und supranationaler Ebene schaffen. Zu den Maßnahmen der Mitgliedstaaten zählt neben Aufklärungskampagnen im öffentlichen und privaten Bereich die Einführung von Regeln zur Offenlegung und zum Umgang mit Interessenskonflikten im öffentlichen Sektor. Zudem sollen Mitgliedsstaaten zentrale Antikorruptionsbehörden einrichten und nationale Strategien zur Korruptionsbekämpfung entwickeln und veröffentlichen. Präventionsmaßnahmen auf europäischer Ebene beinhalten die Förderung der Kooperation von Mitgliedstaaten sowie relevanten EU-Behörden, namentlich dem europäischen Polizeiamt (Europol), der Agentur zur justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust) und der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA).

Korruptionsstraftatbestände der Mitgliedstaaten sollen harmonisiert werden, um eine EU-weit einheitliche Korruptionsverfolgung sicherzustellen. Neben klassischen Korruptionsdelikten, etwa der Bestechung und Bestechlichkeit in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Sektor, sollen weitere Straftatbestände gelten, beispielsweise zur Bereicherung von Amtsträgern durch Korruption, zur Verschleierung der Herkunft von Vermögen aus Korruption und zur Behinderung der Justiz bei Korruptionsermittlungen.

Die Umsetzung dieser Vorgaben wird Änderungen auch im deutschen Recht erfordern, beispielsweise die Einführung von Straftatbeständen zur Beeinflussung von Entscheidungen von Amtsträgern durch Gewährung von Vorteilen an Personen, die Amtsträgern nahestehen (Trading in Influence), und zum sogenannten Amtsmissbrauch, der besonders schwere Rechtsverletzungen bei der Amtsausübung durch Amtsträger erfassen soll. Die Einführung des Straftatbestands des Amtsmissbrauchs hatte – neben den Niederlanden, Italien und Luxemburg – insbesondere Deutschland mit einem zu hohen Justizaufwand kritisiert, im Rahmen der Verhandlungen aber letztlich Zugeständnisse gemacht.

Schärfere Sanktionen

Zudem sollen mit der Richtlinie die Sanktionen für Korruptionsverstöße harmonisiert werden. Neben einheitlichen Regeln zur Verjährung und Mindestfreiheitsstrafen für natürliche Personen, liegt ein Fokus dabei auf der Sanktionierung von Unternehmen. Bei bestimmten Korruptionsdelikten sollen Sanktionen für sie künftig bis zu fünf Prozent des weltweiten Jahresgesamtumsatzes oder EUR 40 Mill. betragen, was eine deutliche Verschärfung des allgemeinen Höchstbetrags für Unternehmensgeldbußen in Deutschland von derzeit EUR 10 Mill. bedeuten würde.

Neben Vorgaben zu sanktionsschärfenden Umständen, wie die Bestechung hochrangiger Amtsträger oder die Verursachung großer Schäden durch Korruption, macht die Richtlinie Vorgaben zu sanktionsmildernden Kriterien. Für Unternehmen sind dabei vor allem eine freiwillige Offenlegung von Korruptionsverstößen und Kooperation mit Ermittlungsbehörden, einschließlich einer Bereitstellung von Beweismitteln, sowie die Einführung interner Kontrollen und Compliance-Programme vorgesehen.

Relevant sollen dabei nicht nur vor einem Verstoß eingeführte, sondern auch nachträgliche Compliance-Maßnahmen sein. Diese Vorgabe steht im Einklang mit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2017, nach der Compliance-Management-Systeme schon jetzt selbst dann sanktionsmildernd wirken können, wenn Nachbesserungsmaßnahmen infolge eines Verstoßes ergriffen wurden.

Erweiterte Ermittlungsbefugnisse

Die Verschärfung der materiellen Korruptionsvorschriften soll durch erweiterte Befugnisse von Ermittlungsbehörden der Mitgliedstaaten flankiert werden. Neben Maßnahmen zum Aufspüren und Einfrieren von Vermögen aus Korruptionsdelikten sollen bei Ermittlungen namentlich Befugnisse aus dem Bereich der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität Anwendung finden. Dazu zählen beispielsweise der Einsatz verdeckter Ermittler und das heimliche Abhören und Aufzeichnen von Telefonaten.

Bis zur Umsetzung der Vorgaben bleibt den Mitgliedstaaten noch etwas Zeit. Zunächst muss der Richtlinienvorschlag noch formell vom Europäischen Parlament und dem Rat angenommen werden. Danach haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre, um erforderliche Maßnahmen einzuführen. Unternehmen sollten ihre Compliance-Programme spätestens dann an die neuen Vorschriften anpassen und sich schon jetzt auf eine strengere Verfolgung und Sanktionierung von Korruptionsverstößen einstellen.

*) Dr. David Pasewaldt ist Partner und Gerson Raiser Counsel bei Clifford Chance

*) Dr. David Pasewaldt ist Partner und Gerson Raiser Counsel im Bereich White Collar, Regulatory & Compliance bei Clifford Chance in Frankfurt am Main