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Finanzinvestoren entdecken Datencenter-Deals für sich

Das Volumen bei Datacenter-Transaktionen steigt und zunehmend steigen auch Finanzinvestoren ein. Doch die Deals sind komplex. Neben planungs- und baurechtlichen Themen spielt die Konnektivität eine zentrale Rolle.

Finanzinvestoren entdecken Datencenter-Deals für sich

Finanzinvestoren entdecken Datencenter-Deals für sich

Steigendes Transaktionsvolumen – Komplexe rechtliche Rahmenbedingungen – Konnektivität als zentraler Aspekt

Rechenzentren entwickeln sich zum globalen Rückgrat unserer digitalen Infrastruktur. Cloud Storage, künstliche Intelligenz, Smart Contracts und Internet of Things-Anwendungen benötigen mittlerweile gewaltige Mengen an Rechenleistung, die mit konventioneller Infrastruktur nicht mehr bereitgestellt werden können.

Das Transaktionsvolumen in dieser Asset-Klasse ist in den vergangenen Jahren rasant angestiegen. Aufgrund des enormen Kapitalbedarfs steigen zunehmend auch Finanzinvestoren und Private-Equity-Fonds ins Geschäft ein. Sie kaufen sich frühzeitig in Datencenterprojekte, Projektgesellschaften oder in die Entwickler selbst ein, finanzieren den Erwerb von Grundstücken, die Sicherstellung des Baurechts sowie den Stromanschluss und die Kapazität und verkaufen die Entwicklung an einen institutionellen Investor, sobald das Entwicklungsrisiko beseitigt oder jedenfalls kalkulierbar ist. Auch die Debt-Seite ist äußerst marktgängig und interessant geworden. Sowohl Debt Funds als auch zunehmend Banken stellen vermehrt Kapital zur Verfügung, was dem Deal-Volumen in den vergangenen Jahren nochmals einen gewaltigen Schub gegeben hat.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen in Datencenter-Deals sind komplex und vielseitig, insbesondere bei Datencenter-Entwicklungen. Im Ergebnis handelt es sich um ein komplexes Infra-Asset, welches immobilienrechtliche Aspekte, IT- und Energie-Komponenten sowie Infrastruktur- und Sicherheitskomponenten miteinander vereint. Einige Aspekte sind für Transaktionen besonders relevant.

Suche nach Grundstücken

Die Grundstücke müssen sich für eine Datacenter-Entwicklung eignen. Dies ist nur in bestimmten Lagen der Fall. Zum einen muss Baurecht erreicht werden können, zum anderen müssen Stromanschluss und -lieferung sichergestellt sein.

Ein besonderes Augenmerk gilt der baurechtlichen Zulässigkeit. Da Planungs- und Genehmigungsverfahren regelmäßig langwierig und kostspielig sind, sind in der Praxis Situationen spannend, in denen für die Entwicklung eines Rechenzentrums noch kein vorhabenbezogenes Planungsrecht geschaffen ist, sondern die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB (unbeplanter Innenbereich) oder § 35 BauGB (Außenbereich) infrage steht.

Behörden waren in der Vergangenheit mit der Erteilung von §§ 34er- und 35er-Genehmigungen ziemlich zurückhaltend. Zu neu war das Asset und zu groß waren regelmäßig die Sorgen vor störenden, nicht geregelten Emissionen durch Geräusche oder Wärme, großvolumigen Baukörpern und der Komplexität der Entwicklung insgesamt.

Umfängliche Planaufstellungsverfahren, regelmäßig flankiert durch den Abschluss von projektbezogenen Durchführungsverträgen, bedeuten für den Investor jedoch erhebliche Vorplanung, Komplexität und auch Kapitaleinsatz.

Mehr Baugenehmigungen

Mit steigender Erfahrung der Behörden sehen wir jedoch eine Liberalisierung der Verwaltungspraxis und mehr Genehmigungen außerhalb von projektbezogenen Bebauungsplänen.  Gleichzeitig ist der zunehmende Wunsch der Kommunen zu beobachten, aus Gründen der Nachhaltigkeit die entstehende Abwärme der Datencenter sinnvoll einzusetzen, z. B. für die Wärmung von angrenzender Bebauung, sogar Wohnbebauung. Derartige Kompensationsmaßnahmen werden regelmäßig im Rahmen der Baurechtschaffung vertraglich vereinbart und sind dann Voraussetzung für den Erhalt der Genehmigungen.

In der Praxis wird die Baugenehmigung regelmäßig durch die Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz ersetzt. Diese Genehmigungspflicht wird durch die Emissionen des Rechenzentrums sowie der erforderlichen Notstromgeneratoren ausgelöst, die für die Stromversorgung erforderlich sind.

Neben Emissionen ist auch die Lärmbelastung ein zentraler Bewertungsfaktor, basierend auf den technischen Regelwerken der TA Luft und TA Lärm. Zusätzliche wasserrechtliche Erlaubnisse können für Kühlwasseranlagen und die Löschwasserversorgung notwendig sein und werden nach den Wasserhaushaltsgesetzen von Bund und Ländern vergeben.

Weiterhin gelten Rechenzentren als kritische Infrastrukturen (KRITIS) und unterliegen somit hohen gesetzlichen Anforderungen an die IT- und physische Sicherheit. Durch die Umsetzung bestehender EU-Richtlinien werden diese Vorgaben künftig nochmals verschärft, insbesondere im Bereich Risikomanagement, Meldepflicht und physischer Schutzmaßnahmen.

Energie als limitierender Faktor

Stromanschluss und Strombereitstellung (Konnektivität) sind ein weiterer zentraler Aspekt. Anders als bei klassischen Immobilien liegt der Wert eines Datencenters nicht primär in seiner Lage oder dem Gebäude, sondern in der Verfügbarkeit, Qualität und Bandbreite der Netzwerkverbindungen. Dies betrifft sowohl die physische Erschließung durch Glasfasernetze als auch die logistische Anbindung an relevante Carrier, Internetknoten (IXPs) und Cloud-Dienste.

Ein Rechenzentrum mit hoher Konnektivität bietet viel Potenzial für Kunden und Carrier, kurze Latenzzeiten und eine zuverlässige Bandbreite. Dies ist insbesondere für Hyperscaler, Cloud-Plattformen, Finanzdienstleister oder Content-Provider entscheidend, die auf eine schnelle und sichere Datenübertragung angewiesen sind. Starke Konnektivität reduziert zudem das Nachvermietungsrisiko und erhöht den Wiederverkaufswert sowie die Ertragsstabilität des Assets.

Zur Gewährleistung bestmöglicher Konnektivität müssen möglichst frühzeitig im Prozess der Netzanschlussvertrag (ggf. mit Ausbauverpflichtung), der Anschlussnutzungsvertrag und ggf. der Stromliefervertrag verhandelt und aufeinander abgestimmt werden. Erst die gesicherte Konnektivität macht das für die Projektentwicklung vorgesehene Grundstück tauglich und dann auch wertvoll. Wir sehen zunehmend spekulative Investments von Investoren in bislang unbeplante Grundstücke, um dann in einem zweiten Schritt das Baurecht und die Konnektivität zu sichern. Anschließend können die vorbereiteten Projektentwicklungen mit erheblichem Wertschöpfungsaufschlag verkauft werden.

Finanzierung von Datacenter-Deals

Datencenter-Entwicklungen sind auch für die Finanzierer interessant. In frühen Entwicklungsphasen, insbesondere vor Schaffung des Baurechts, sind es oftmals die Debt Funds, die Leverage anbieten. Ihre regelmäßig höheren Margen passen dann noch in das vorhandene Entwicklungs-Upside. In späteren Entwicklungsstadien finanzieren mittlerweile auch die Banken. Sie verlangen jedoch oftmals ein bereits geschaffenes Baurecht und die Sicherung des Stromanschlusses, manchmal ergänzend den Abschluss eines Ankermietvertrags oder eine Vorvermietungsquote. Banken strukturieren gerne klassische Projektfinanzierungen mit einer separaten Zweckgesellschaft (PropCo), wonach die Liegenschaft und die Mieterlöse als geschützte Hauptsicherheiten dienen. In größeren Projekten kommen auch Konsortialkredite, besicherte Projektanleihen oder Mezzanine-Finanzierungen zum Einsatz.

Effizienzkennzahlen wichtig

Aufgrund des Drucks zur Dekarbonisierung der digitalen Infrastruktur gibt es weiterhin einen Trend hin zu grünen Anleihen (Green Bonds), bei denen z. B. die Zinsmarge an Effizienzkennzahlen des Rechenzentrums gekoppelt ist. Gleiches gilt für sog. ESG-linked loans, bei denen die Konditionen, insbesondere der Zinssatz, an die Erreichung von definierten Nachhaltigkeitszielen gebunden ist.

Ausblickend ist davon auszugehen, dass das Transaktionsvolumen kurzfristig global kräftig steigen wird. Es besteht schon heute eine enorme Geld-Allokation auf diesen Markt. Die Entwicklung des Assets verläuft äußerst rasant: Noch vor Jahren hat man von Kinderschuhen gesprochen, das Erwachsenenwerden lies nicht lange auf sich warten. Deals in diesem Segment werden künftig noch größer und komplexer werden. Es ist deshalb eine starke Branchen-Spezialisierung zu erwarten.

Passende Voraussetzungen

Für den Standort Deutschland wird entscheidend sein, ob die Rahmenbedingungen für Investments günstig bleiben. Dies betrifft sowohl die Verfügbarkeit passender Immobilien, die Konnektivität, die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie der weiterhin incentivierte Zufluss von Investmentkapital. Klar ist, dass Deutschland schon heute keine andere Wahl mehr hat, wenn es als Investmentstandort wettbewerbsfähig bleiben möchte.

Von Moritz Vettermann,
Jochen Schnepper und Daniel Wolf *)

*) Dr. Moritz Vettermann und Jochen Schnepper sind Partner bei Simmons & Simmons in Frankfurt. Daniel Wolf ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Goodwin in München.

*) Dr. Moritz Vettermann und Jochen Schnepper sind Partner bei Simmons & Simmons in Frankfurt. Daniel Wolf ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Goodwin in München.