GastbeitragFußball

Ist die 50+1-Regel im Fußball kartellrechtswidrig?

Auch zur Saison 2025/26 wird der Fußball nicht nur aus sportlicher, sondern auch aus kartellrechtlicher Sicht diskutiert. Denn im Mai diesen Jahres kam das Bundeskartellamt („BKartA“) zu dem Ergebnis, dass Nachbesserungsbedarf bei der sog. 50+1-Regel besteht.

Ist die 50+1-Regel im Fußball kartellrechtswidrig?

Ist die 50+1-Regel im Fußball kartellrechtswidrig?

Bundeskartellamt sieht Nachbesserungsbedarf – Stellungnahme der DFL steht noch aus

Von Jan Kresken *)

*) Jan Kresken, LL.M. ist Rechtsanwalt und Partner bei der Sozietät Baker McKenzie in Düsseldorf. Er berät zu allen Fragen des europäischen und deutschen Kartellrechts.

Von Jan Kresken *)

Auch zur Saison 2025/26 wird der Fußball nicht nur aus sportlicher, sondern auch aus kartellrechtlicher Sicht diskutiert. Denn im Mai dieses Jahres kam das Bundeskartellamt („BKartA“) zu dem Ergebnis, dass Nachbesserungsbedarf bei der sogenannte 50+1-Regel besteht. Mit Spannung wird derzeit auf die diesbezügliche Stellungnahme der Deutschen Fußball Liga („DFL“) gewartet.

Die 50+1-Regel sieht vor, dass eine Kapitalgesellschaft nur eine Lizenz für die 1. und 2. Bundesliga erwerben kann, wenn ein rechtlich unabhängiger Verein mehrheitlich an der Gesellschaft beteiligt ist, also wenn er über 50% der Stimmenanteile zuzüglich mindestens eines weiteren Stimmenanteils in der Versammlung der Anteilseigner verfügt.

Welche Bedenken hat das BKartA?

Zunächst ist wichtig, dass das Kartellrecht auch auf Verbandsregeln im Sport Anwendung findet. Das BKartA sieht die 50+1-Regel – da sie Investmentmöglichkeiten beschränkt – als sog. bewirkte Wettbewerbsbeschränkung an, die indes im Einzelfall zulässig sein kann.

Für einen solchen Einzelfall könnten Gemeinwohlziele wie Mitgliederpartizipation und Sicherung der Vereinsprägung sprechen. Diese Ziele müsse der Verband jedoch einheitlich, konsistent und diskriminierungsfrei anwenden.

An diesen Punkt knüpfen die Bedenken des BKartA an: Erstens wird vom BKartA die sog. Förderausnahme kritisiert. Danach besteht eine Ausnahme von der 50+1-Regel, wenn ein Rechtsträger seit mehr als 20 Jahren den Fußballsport des Vereins ununterbrochen und erheblich fördert. Die DFL hat daher eine Streichung dieser Ausnahme vorgeschlagen – jedoch zusammen mit einer Bestandsschutzregel für Vereine, die bereits eine Förderausnahme erhalten haben (Bayer Leverkusen und VFL Wolfsburg). Eine solche Regel ist jedoch nach Auffassung des BKartA aufgrund der neuen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs („EuGH“) in Sachen Super League, ISU und Royal Antwerp nicht mehr möglich. Bei allen Clubs müsse „zumindest perspektivisch“ sichergestellt werden, dass der für Neumitglieder offene Verein die Profiabteilung beherrscht.

Auswirkungen für Investoren?

Zweitens kritisiert das BKartA, dass es an einer konsistenten Anwendung der 50+1-Regel fehle: Einerseits werde – wie das Beispiel RB Leipzig zeigt – nicht sichergestellt, dass eine Aufnahme als stimmberechtigtes Mitglied in jedem Verein möglich ist, andererseits wurde im Fall von Hannover 96 eine Auflage zur Einhaltung der 50+1-Regel nicht überprüft. Konkret bedeutet dies, dass RB Leipzig weitere stimmberechtigte Mitglieder zulassen und die DFL ihre Auflagen im Zusammenhang mit der 50+1-Regel lückenlos kontrollieren müsste.

Einerseits schaffen konsistent angewendete Regeln ein faires „Level Playing Field“ zwischen den Vereinen und den dahinter stehenden Investoren. Jeder Verein hätte im gleichen Umfang die Möglichkeit, Investoren zuzulassen. Andererseits führt die 50+1-Regel zu einem Standortnachteil für den deutschen Fußball. Andere Ligen wie die Premier League in England kennen derartige Beschränkungen nicht und sind daher für Investoren häufig interessanter. Hierunter wiederum leidet die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Fußballs.

Kritik am Bundeskartellamt

Für das BKartA ist die Rechtsprechung des EuGH eine willkommene Möglichkeit, eigene kartellrechtliche Bedenken in Bezug auf die 50+1-Regel „besser zu verpacken“. Denn ein direkter Eingriff in die Regel wäre für das BKartA ein Balanceakt. Es verwundert daher wenig, dass das BKartA jüngst klargestellt hat, dass es kein Verfahren gegen die DFL führen wird, sondern lediglich „Empfehlungen“ aussprechen werde. Die Einzelheiten der Umsetzung lägen dann selbstverständlich im Ermessen der DFL und ihrer Gremien. Kritiker verweisen jedoch nicht zu Unrecht darauf, dass sich das BKartA hinter dem EuGH verstecke und der Mut zum Durchgreifen fehle.

Ähnliche Kritik gibt es aktuell um die Regelung der DFL, Mehrfachbeteiligungen an Vereinen („Multi-Club-Ownership“) zum Schutz der Integrität des Sports zu verbieten. Denn auch diese Regelung wird aktuell durch eine Bestandsgarantie unterlaufen.

Gerichte nicht gebunden

Ein Blick auf die Proteste, die einen Einstieg von Investoren bei der DFL verhinderten, zeigt, dass den Fußballfans eine wichtige Rolle hinsichtlich des Ausgangs der Diskussion zukommen dürfte. Nur die Rechtsform des Vereins gibt ihnen die Möglichkeit, durch eine Mitgliedschaft die Geschicke ihres Vereins mitzubestimmen. Der Bedeutungsverlust von 1860 München und KFC Uerdingen machen zudem deutlich, dass der Einstieg von Investoren für Vereine auch gefährlich sein kann.

Problem: Die DFL hat in der Vergangenheit weder explizit geäußert noch durch ihre Lizenzierungspraxis zu erkennen gegeben, die vom BKartA jüngst genannten Gemeinwohlziele der Mitgliederpartizipation und Sicherung der Vereinsprägung mit der 50+1-Regel verfolgen zu wollen. Dies könnte in etwaigen Gerichtsverfahren noch zu Diskussionen führen, zumal die Gerichte nicht an die „Empfehlung“ des BKartA gebunden wären.

*) Jan Kresken, LL.M. ist Rechtsanwalt und Partner bei der Sozietät Baker McKenzie in Düsseldorf. Er berät zu allen Fragen des europäischen und deutschen Kartellrechts.