Marc Schüffner, Görg

„Legalisierung stellt große Chance für Unternehmen dar“

Die Zulassung von Cannabis für Erwachsene zu Genusszwecken ist gesetzlich in Vorbereitung. Es könnten goldene Zeiten in dem Geschäft anbrechen, doch der Marktzugang dürfte nicht einfach werden.

„Legalisierung stellt große Chance für Unternehmen dar“

Sabine Wadewitz

Herr Schüffner, die Ampel hat im Koalitionsvertrag eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften vereinbart. Noch liegt kein Gesetzentwurf vor. Was erwarten Sie?

In erster Linie dürften vom Anpassungsbedarf Regelungen des Betäubungsmittelrechts und des Gewerberechts betroffen sein. Auch Änderungen im Arzneimittelrecht sind denkbar. Reguliert werden müssten die Abgabe von Cannabis an den Konsumenten sowie der vorgelagerte Bezug durch die gewerblichen Anbieter. Erfolgen soll die Abgabe nach dem Koalitionsvertrag durch lizenzierte Geschäfte. Welche Geschäfte allerdings eine solche Lizenz erwerben werden können, ist noch unklar.

Was ist denkbar?

Denkbar ist zunächst eine Abgabe über die Apotheken; sie geben bereits jetzt ärztlich verschriebenes medizinisches Cannabis ab. Politisch zu entscheiden wird die Frage sein, ob hierüber hinaus oder auch allein gewerbliche Unternehmen außerhalb des Apothekenbereichs die Möglichkeit bekommen sollen, Lizenzen zu erhalten.

Was ist zu erwarten, wenn die Abgabe auch gewerblichen Unternehmen ermöglicht wird?

Ein Regulierungsschwerpunkt würde auf der Ausgestaltung von Genehmigungs- und Lizenzierungsverfahren für Einzelgeschäfte, deren Betreiber, gegebenenfalls auch Zulieferer liegen. Anknüpfungspunkt kann hier sowohl das Betäubungsmittel- als auch das Gewerberecht sein. Typisch wäre ein gesetzlicher Katalog von Versagungsgründen, etwa zur gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit. Flankierend wird es Lagerungs-, Sicherungs- und Kennzeichnungspflichten brauchen, um etwa Herkunft und Qualität für den Verbraucher erkennbar zu machen. Auch Sachkundenachweise dürften verlangt werden.

Das heißt?

So würden nach Vorstellung des Bundesjustizministers die Geschäfte in die Lage versetzt, Auskünfte über Produkte zu erteilen, um riskantem Cannabiskonsum, besonders bei erkennbar Suchtkranken, entgegenzuwirken. Solche Pflichten werden zum Gesundheits- und Jugendschutz erwartungsgemäß sanktionsbewehrt sein.

Abgabestellen müssen versorgt werden – aus Import oder inländischer Produktion. Womit rechnen Sie in regulatorischer Hinsicht?

Für den Import dürfte wie bisher eine Betäubungsmittelverkehrserlaubnis notwendig sein. Zusätzlich ist heute für jeden Bezug eine gesonderte Genehmigung notwendig. Es könnten ergänzend Zertifikate zur Qualität gefordert werden. Wir erwarten, dass der Import zu Genusszwecken ganz oder zumindest teilweise derartigen Anforderungen unterworfen wird.

Und im Inland?

Für die inländische Produktion von medizinischem Cannabis ist zurzeit ebenfalls eine betäubungsmittelrechtliche Verkehrserlaubnis notwendig. Ob diese auch für den Freizeitgebrauch notwendig sein wird, bleibt abzuwarten; theoretisch könnten Bagatellmengen gesondert behandelt werden. Die Produktion von medizinischem Cannabis erfolgt aktuell auf Grundlage eines Ausschreibungsverfahrens. Ein solches Verfahren böte sich auch für den Freizeitbereich an, um Herstellungsmengen und qualitative Anforderungen, wie THC-Grenzwerte, in einem transparenten wettbewerblichen Prozess zu kontrollieren. Auch hier werden allgemeine Sicherungs- und Kennzeichnungspflichten zu beachten sein.

Brechen nun goldene Zeiten für die Cannabisbranche an?

Wir werden sehen. Die geplante Legalisierung stellt für Unternehmen in der Tat eine große wirtschaftliche Chance dar. Allerdings wird der Rechtsrahmen genau zu beachten sein, um Marktzugang erst zu erlangen und dann auch zu behalten. Wir rechnen bei der Legalisierung von Freizeit-Cannabis mit einem hohen Beratungsbedarf.

Was erhoffen Sie sich vom Gesetzgeber?

Wir würden eine flankierende Regulierung von CBD-Produkten begrüßen, schon im Interesse der Rechtssicherheit für Verbraucher und Unternehmer: Derzeit ist der CBD-Bereich eher einem regulatorischen Graubereich überlassen; dieses Defizit könnte durch den Gesetzgeber hier gleich mitbehoben werden.

Dr. Marc Schüffner ist Partner von Görg in Berlin.

Die Fragen stellte .

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