M&A-Transaktionen: Für Konflikte wappnen – aber richtig
Wenn M&A-Deals ins Nachspiel gehen: Wie sicher sind W&I-Versicherungen?
Spezielle Policen sind gefragt – Versicherungsschutz reicht nicht immer so weit wie gehofft
Von Anne Löhner und Maximilian Platzer
Von Anne Löhner und Maximilian Platzer*)
M&A-Transaktionen können in die Verlängerung gehen, wenn der Schlusspfiff längst ertönt ist: Immer wieder kommt es im Anschluss zu langwierigen Auseinandersetzungen vor Gerichten oder Schiedsgerichten – etwa, weil Käufer wegen nachträglich erhaltener Informationen eine Verletzung der Bilanzgarantie vermuten, oder die Parteien sich über kaufpreisrelevante Bewertungsfragen streiten.
Um sich gegen solche Risiken abzusichern, setzen Transaktionspartner immer öfter auf sogenannte Warranty-and-Indemnity-Versicherungen (W&I): Der Anteil der Transaktionen, bei denen solche Policen zum Einsatz kommen, ist nach einer Studie von Latham & Watkins auf den wichtigsten europäischen Märkten seit 2019 von 35 auf 48 Prozent gestiegen. In Deutschland lag die Quote zuletzt bei 64 Prozent. Das Kalkül liegt auf der Hand: Eine Assekuranz übernimmt die Haftung für die versicherten Garantie- und Freistellungsansprüche und kompensiert den Käufer bei einer Verletzung.
Allerdings sind W&I-Policen keine Vollkasko-Lösungen und decken nicht alle Risiken oder Ansprüche ab. Zudem geht ein über den Marktstandard hinausgehender Versicherungsschutz schnell mit hohen Kosten einher. Deshalb ist es wichtig, Konfliktrisiken bereits bei der Due Diligence und der Ausgestaltung des Kaufvertrages zu reduzieren.
Begrenzter Versicherungsschutz
Im aktuellen Marktumfeld können viele Verkäufer in den Vertragsverhandlungen eine stark begrenzte Haftung für Verletzungen operativer Garantien durchsetzen. Für Verkäufer verbleiben aber Risiken, vor allem aus Angaben, die sie oder ihnen zuzurechnende Personen außerhalb des Vertrags in den Verhandlungen und der Due Diligence machen. Die Haftung für Vorsatz kann vertraglich nicht im Vorhinein ausgeschlossen werden. Allerdings ist es für den Käufer im Streitfall oft nur schwer nachzuweisen, dass der Verkäufer vorsätzlich gehandelt haben soll.
Die Inanspruchnahme der W&I-Versicherung wegen einer Garantieverletzung des Verkäufers setzt hingegen keinen Vorsatz voraus. Für Garantien, die basierend auf dem Kenntnisstand bestimmter Personen abgegeben wurden, kann der Käufer mit dem Versicherer zudem aushandeln, dass der Versicherungsschutz unabhängig davon besteht, ob die Auskunftspersonen wissentlich falsche Zusicherungen gemacht haben. Hier kommt es jedoch auf eindeutige Regelungen im Versicherungsvertrag an, die auf den Garantiekatalog im Kaufvertrag genau abgestimmt werden müssen.
Konflikten systematisch vorbeugen
Unabhängig davon müssen Käufer und Verkäufer damit rechnen, dass es selbst bei – aus ihrer Sicht – eindeutiger Lage zu Auseinandersetzungen kommt. Denn bei Post-M&A-Streitigkeiten ist der zugrunde liegende Sachverhalt häufig schwer nachweisbar. Es geht um komplexe Fragen an der Schnittstelle von Zivilrecht, Bilanzierung und Bewertung, was Spielräume für unterschiedliche Interpretationen, Gewichtungen und juristische Einschätzungen eröffnet.
Transaktionspartner sind deshalb gut beraten, Konfliktrisiken bereits im Vorfeld und während der Transaktion systematisch zu reduzieren. Besonders wichtig ist dabei eine Due Diligence, bei der sämtliche Kommunikation zwischen den Parteien (und der Target-Vertreter) sorgfältig dokumentiert wird. Für beide Seiten sollte klar nachvollziehbar sein, wer wann welche Informationen an wen übermittelt hat – einschließlich der Angaben bei persönlichen Treffen mit Bietern sowie Antworten im Rahmen des Q&A-Prozesses. Für den Käufer relevante und potentiell kaufentscheidende Faktoren sollte der Verkäufer rechtzeitig und transparent offenlegen, um eine spätere Haftung wegen vorsätzlicher Falschangaben durch Unterlassen zu vermeiden.
Im nächsten Schritt gilt es, bei der Verhandlung des Kaufvertrags auf eindeutige Formulierungen zu achten, die möglichst wenig Interpretationsspielraum lassen. Besondere Sorgfalt ist bei Klauseln und Formulierungen vonnöten, die in der Praxis immer wieder für Konflikte sorgen.
W&I-Policen als Option
Ein besonderes Augenmerk sollten die Parteien schließlich auf die vertragliche Ausgestaltung eines effektiven Streitbeilegungsmechanismus legen. Komplizierte, unklare Streitbeilegungsklauseln können teuer werden, wenn sich die Vertragsparteien im Ernstfall zunächst darüber streiten, wer für den Streit zuständig ist. Sofern eine W&I-Versicherung im Spiel ist, müssen die Parteien zusätzlich klären, wie die Streitbeilegungsklauseln im Kaufvertrag und den Versicherungspolicen ineinander greifen, um kostspielige Parallelverfahren mit unterschiedlichen Ergebnissen zu vermeiden.
Risiko reduzieren
Wer eine sorgfältige und gründliche Due Diligence durchführt und maßgeschneiderte Verträge entwirft, reduziert dadurch das Risiko eines langwierigen Konflikts erheblich. Der Abschluss einer W&I-Police stellt dabei kein absolutes „Muss“, sondern eine Option, die Entscheider ergebnisoffen prüfen sollten. Besonders zu berücksichtigen ist dabei, wie weit der Versicherungsschutz reicht und welche Kosten anfallen.
Dr. Anne Löhner ist Litigation-Partnerin, Dr. Maximilian Platzer ist Corporate-Partner bei Latham & Watkins
*) Dr. Anne Löhner ist Litigation-Partnerin, Dr. Maximilian Platzer ist Corporate-Partner bei Latham & Watkins.