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Agrartitel führen Erholung des Rohstoffsektors an

Trotz hoher Kalipreise sind die Aktien der Produzenten abgestraft worden - Unternehmen hoffen auf den China-Faktor - Papiere sind niedrig bewertet

Agrartitel führen Erholung des Rohstoffsektors an

Von Markus Gärtner, Vancouver Die nordamerikanischen Kali- und Phosphatproduzenten wittern nach dem Desaster der vergangenen Monate an den Finanzmärkten Morgenluft. Potash in Saskatchewan, Agrium in Alberta und Mosaic in Chicago zählen zu den global führenden Anbietern von Kali, Stickstoff und Phosphat, also den wichtigen Komponenten bei der Herstellung von Düngemitteln für die Landwirtschaft. Dem Agrarsektor werden generell von den Analysten wegen der Zunahme der Weltbevölkerung um durchschnittlich 75 Millionen Menschen pro Jahr gute Langfristperspektiven bescheinigt. Investoren haben jedoch die Aktien der Betreiber von Minen für die Düngemittelkomponenten im Zuge der Börsenkorrektur gnadenlos abgestraft. Potash haben seit dem 52-Wochen-Hoch im Juni 2008 60 % eingebüßt, Agrium verloren 59 % und der Kurs von Mosaic gab um 73 % noch kräftiger nach.Die Verluste sind weniger den schwachen Aktien- oder gar den Rohstoffmärkten anzulasten. Im Gegenteil: Die Grundstoffe wie vor allem Kali haben sich bis zuletzt besser gegen den Abwärtssog stemmen können als die Industriemetalle. Doch auch die Landwirte in Nordamerika, Europa und Asien bekommen in der Kreditkrise weniger Geld von den Banken. Sie zehrten seit Herbst 2008 von ihren Düngemittel-Vorräten, anstatt zu hohen Preisen nachzukaufen. Potash berichtete vergangene Woche von einem scharfen Einbruch der Phosphatumsätze in Nordamerika im vierten Quartal 2008 um 40 %. Laut der jüngsten Marktanalyse von Potash sind die Vorratslager der Produzenten kräftig angeschwollen, von langjährigen Tiefständen auf zuletzt 39 % über dem fünfjährigen Durchschnittswert. Wende zum PositivenDoch nun scheint sich das Blatt zu wenden. Wayne Brownlee, der Finanzchef von Potash, dem weltweit größten Anbieter in diesem Segment, sagt für das zweite Halbjahr 2009 eine deutliche Erholung des Absatzes und eine Rückkehr zum ansteigenden Trend der vergangenen Jahre voraus. Für die erhoffte Wende gibt es mehrere Gründe. Einer dürfte der Chinafaktor sein. Potash-CEO Bill Doyle setzt auf ein baldiges Wirken des massiven Konjunkturprogramms in der Volksrepublik. Er erwartet, dass die Chinesen im laufenden Jahr mindestens 7 Mill. Tonnen Kali importieren werden. Das sind knapp 40 % mehr als im vergangenen Jahr. “China hat 2008 etwa 3,5 bis 4 Mill. Tonnen weniger Kali verbraucht, trotz Rekordernte – die Chinesen haben ihren Boden ausgelaugt, sie müssen 2009 mehr Düngemittel einsetzen.” Hinzu kommt: Auch andernorts, vor allem in Nord- und Lateinamerika, haben die Bauern Nachholbedarf beim Kauf von Düngemitteln.Zahlreiche Analysten teilen die Einschätzung von Doyle. Manche von ihnen wollen die Wende schon beobachtet haben. So die Analysten bei der Bank of Nova Scotia in Toronto. Ihr monatlicher Commodity Price Index – der Preistrends bei 32 führenden Exportprodukten des G 7-Landes misst – stieg im Januar im Vergleich zum Vormonat um 1,3 % an. Es war das erste Plus nach fünf Monaten in Folge mit sinkender Tendenz. Der Anstieg ist einem Sprung der Notierungen bei Agrarrohstoffen von 9,5 % zu verdanken.Auffallend bei der Analyse des Barometers ist, dass sich die Kalipreise stabil bei 872,50 Dollar je Tonne auf Rekordniveau hielten, während die Notierungen für Stickstoff und Phosphat nach dem Absturz seit Sommer 2008 eine Erholung begannen. “Der Düngemittelsektor wird der erste sein, der eine Erholung sieht, vor vielen anderen Industrien”, sagt Patricia Mohr, die Rohstoffexpertin der Scotiabank. Der Grund für ihren Optimismus: “Die vertraglichen Lieferungen, die für die erste Hälfte 2009 vereinbart sind, haben attraktive Preisniveaus und reflektieren die erst jüngst ausgehandelten Kontrakte mit Staaten wie Japan, Südkorea und Malaysia.” Steigende Preise erwartetOptimistisch ist auch der Finanzminister von Saskatchewan, Rod Gantefoer. Die westkanadische Provinz gilt als weltweit größter Exporteur von Kali. Die dort beheimatete Potash hält 22 % der weltweiten Minenkapazität. Gantefoer – in dessen Provinzhaushalt Kali die größte Einnahmequelle darstellt – erwartet, dass die Kalipreise bis Sommer um weitere 100 Dollar je Tonne ansteigen. Der Durchschnittspreis hatte im vierten Quartal bei 550 Dollar gelegen. Der Optimismus scheint berechtigt. Potash hat vorige Woche angekündigt, ab April dieses Jahres die Förderung um 3,5 Mill. Tonnen, also um rund ein Viertel der gesamten Kapazität, zu kürzen.Auch die Mitstreiter in dem Segment scheinen mit einer baldigen Erholung der Kalipreise und damit ihrer Aktienkurse zu rechnen. Das sei der Grund, sagen Analysten, warum in der Branche das Übernahmekarussell wieder in Schwung komme. Agrium, die sich durch acht größere Akquisitionen in jüngster Zeit auf die gesamte Wertschöpfungskette des Segments ausgedehnt hat – zuletzt mit dem Kauf der UAP Holding Corp. im vergangenen Jahr – , will jetzt für 3,6 Mrd. Dollar den US-Düngemittelhersteller CF Industries erwerben. CF selbst hatte im Januar 2 Mrd. Dollar für den Rivalen Terra Industries geboten, die Offerte wurde allerdings abgelehnt. Verdreifachung der KapazitätLaut Agrium-CEO Mike Wilson würde die Übernahme von CF die Phosphat-Kapazität von Agrium verdreifachen. Agrium hat Mitte Februar für das vierte Quartal 2008 einen Nettogewinn von 124 Mill. Dollar gemeldet, der Gewinn für das gesamte Jahr stellte mit 1,3 Mrd. Dollar einen Rekord dar. “Die Rohstoffpreise sind ohne Rücksicht auf die Fundamentaldaten im Markt gesunken”, heißt es in einer Presseerklärung von Agrium zu den Zahlen, “wir glauben, dass der globale Agrarmarkt viel positiver ist, als es die aktuellen Preise wiedergeben.”Kanadas Minengesellschaften in diesem Segment haben in dieser Phase einen Startvorteil. Sie können, wenn die globale Konjunktur sich erholt, mit vergleichsweise wenig Investitionsaufwand die Kapazität erweitern. Potash kann laut CEO Bill Doyle die Jahreskapazität nur mit den aktiven Minen und bereits laufenden Projekten von 13 auf 18 Mill. Tonnen hochfahren. Nach seiner Darstellung wird Potash bis 2013 mehr als die Hälfte der weltweit zusätzlichen Kapazität bereitstellen. Keine schlechte Perspektive, wenn Wettbewerber wie BHP, die in Saskatchewan gerade eine Machbarkeitsstudie für ein großes Vorkommen anfertigt, sieben Jahre bis zur Aufnahme des Minenbetriebs benötigen. In dieser Zeit soll sich laut Wayne Brownlee der Kaliverbrauch in China annähernd verdreifachen, in Indien fast verdoppeln.Besonders in der langfristigen Perspektive sind Analysten positiv eingestellt. “Wenn Sie zwei Jahre Zeit haben, sind wir in der Nähe des Bodens”, sagt der Minenexperte Kevin O’Leary beim gleichnamigen Fondsverwalter in Toronto zur Potash-Aktie. Der Agrarsektor ist eine der sichersten Wetten für die kommenden Jahre, die Firma ist gut gemanagt, ich erwarte höhere Gewinne”, sagt Peter Hodson vom Vermögensberater Sprott Asset Management in Toronto über Agrium. Die Aktie hat seit dem 52-Wochen-Tief im Dezember bei 28,70 kan. Dollar schon wieder 64 % zugelegt.