Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Wolfgang Krauel

Aktiengesellschaften sollten schon 2005 ihre HV-Satzung ändern

UMAG regelt Legitimation neu - Rederecht kann beschränkt werden

Aktiengesellschaften sollten schon 2005 ihre HV-Satzung ändern

– Herr Dr. Krauel, das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) sieht Neuregelungen für die Legitimation zur Teilnahme an Hauptversammlungen vor. Was kommt auf Unternehmen und Aktionäre künftig zu?Bislang müssen sich Aktionäre von Aktiengesellschaften mit Inhaberaktien durch Hinterlegung der Aktie legitimieren, wenn sie an der Hauptversammlung teilnehmen und ihr Stimmrecht ausüben wollen. Nach dem Regierungsentwurf des UMAG vom 17. 11. 2004 muss künftig ein in Textform erstellter Nachweis des Anteilsbesitzes durch das depotführende Institut akzeptiert werden. Er muss sich auf den 14. Tag vor der HV beziehen und der Gesellschaft bis spätestens am siebten Tage vor der Versammlung zugehen, soweit satzungsmäßig die Gesellschaft keine kürzere Frist vorsieht. – Was ist der Hintergrund dieser Neuregelung?Das Hinterlegungserfordernis, das in den Satzungen praktisch aller größerer Aktiengesellschaften mit Inhaberaktien vorgesehen ist, war bereits seit längerer Zeit in der Kritik. Insbesondere ausländische Investoren waren oft nicht bereit, ihre Aktien zu hinterlegen, da sie den Begriff der “Hinterlegung” fälschlich mit der Vorstellung verbanden, sie könnten während der Hinterlegungsfrist nicht über ihre Aktien verfügen. Außerdem werden heute nur noch in seltenen Fällen wirklich einzelverbriefte Aktienurkunden hinterlegt. In der Praxis stellt zumeist das depotführende Kreditinstitut eine schriftliche Bestätigung über den Aktienbesitz aus. – Müssen sich die Unternehmen bereits jetzt hierauf einstellen?Die neuen Legitimationsregelungen sollen nach dem Regierungsentwurf für alle HVen gelten, die nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des UMAG einberufen werden – nach derzeitiger Planung der 1. 11. 2005. Die neuen Regelungen wären demnach spätestens bei der Einberufung zur ordentlichen HV 2006 zu beachten. Allerdings sollten Aktiengesellschaften mit Inhaberaktien bereits die HV 2005 nutzen, ihren Aktionären die Anpassung der Satzung an die UMAG-Regelungen vorzuschlagen – ansonsten drohen praktische, möglicherweise auch rechtliche Schwierigkeiten. – Welche Schwierigkeiten wären das? Auf der HV 2006 beschlossene Anpassungen der satzungsmäßigen Teilnahmevoraussetzungen an das UMAG würden erst für die künftigen, nicht aber schon für die dann abgehaltene HV gelten. Dieses formale Auseinanderfallen von Satzung und Gesetz könnte auf der HV 2006 zu Diskussionen über die Teilnahmevoraussetzungen führen, auch wenn die dann geltenden gesetzlichen Regelungen anderslautenden Satzungsbestimmungen zwingend vorgehen würden. Wichtiger erscheint aber, Gestaltungsspielräume bereits für die HV 2006 zu nutzen. So könnte in der Satzung z. B. festgelegt werden, in welcher Sprache der Nachweis der Depotbank vorzulegen ist (z. B. Deutsch und Englisch). Dies kann insbesondere für Gesellschaften mit vorwiegend ausländischem Aktionärskreis von Interesse sein, die sich ansonsten auch mit exotischen, nur schwer prüfbaren Dokumenten auseinander setzen müssten. – Das UMAG ist noch nicht in Kraft; wie ließe sich die vorzeitige Satzungsanpassung dennoch bereits jetzt bewerkstelligen? Technisch wäre dies durch einen sog. Vorratsbeschluss möglich, in dem die HV 2005 die Satzungsanpassungen beschließt und den Vorstand anweist, diese nur dann zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, wenn die betreffenden Regelungen des UMAG in Kraft getreten sind. – Gibt es weitere Änderungen, die vorab auf die Tagesordnung kommen sollten? Nach dem UMAG kann der Versammlungsleiter in der Satzung ermächtigt werden, das Frage- und Rederecht der Aktionäre zeitlich angemessen zu beschränken. Es kann also für Rede- und Fragerecht ein zeitlicher Rahmen für den ganzen HV-Verlauf, für jeden Tagesordnungspunkt und auch für den einzelnen Redner festgelegt werden. Dies ist insofern neu, als bisher lediglich die angemessene Beschränkung der Redezeit möglich war. Unternehmen könnten daher erwägen, ihre Satzung bereits auch insoweit vorzeitig an die künftige Rechtslage anzupassen, damit die Rede- und Fragezeitbeschränkungen bereits auf der HV 2006 ausgesprochen werden können. Allerdings haben Aktionärsschutzverbände bereits angekündigt, sich entsprechende Satzungsänderungsvorschläge genauer anzusehen. Unter Umständen bietet es sich daher an diesem Punkt eher an, das Inkrafttreten des UMAG und die zwischenzeitliche Herausbildung eines Standards abzuwarten.Dr. Wolfgang Krauel ist Rechtsanwalt und Partner im Münchner Büro von Linklaters Oppenhoff & Rädler.Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.