Recht und Kapitalmarkt

Aufsichtsrat darf nicht mit der Firmenkasse Dank sagen

Mannesmann-Verfahren

Aufsichtsrat darf nicht mit der Firmenkasse Dank sagen

Zum Artikel “Verantwortung des Strafrechts für die Vergütungspraxis” in der Börsen-Zeitung vom 9. November erreicht uns folgende Stellungnahme von Rechtsanwalt Jörg Pluta. Der Artikel von Hans-Ulrich Wilsing geht von unzutreffenden Sachverhalten aus. Insoweit ist nicht verständlich, warum er die Haltung des BGH, die sich erst am 21. 12. 2005 deutlich zeigen wird, schon jetzt kritisiert. Als die Übernahme von Mannesmann durch Vodafone feststand, schlug einer der Mannesmann-Aktionäre (Hutchison-Whampoa) vor, dem Management eine besondere Belohnung dafür zu gewähren, dass durch die Verhandlung der Übernahmepreis in ungeahnte Höhen getrieben wurde und damit die Aktionäre eine außerordentliche Vermehrung ihres Aktienwertes erfuhren. Schon damals wurde gefragt, wer hier wofür eine Belohnung auslobte. Die kritische Literatur und auch der BGH haben die Frage gestellt, was Mannesmann selbst von der Vermehrung des Aktienwertes hatte. Die Antwort lautet schlicht: nichts. Das Unternehmen war Objekt, nicht Subjekt.Wenn ein Aufsichtsrat im Rahmen des § 87 AktG Vergütungen für Vorstandsmitglieder festgelegt, so hat Grundlage seiner Entscheidungen ausschließlich zu sein die Leistung des Vorstandsmitglieds für das Unternehmen. Dass diese Leistungen indirekt auch den Aktionären als den Eigentümern zugute kommen, ist Reflex, nicht Inhalt der Leistungsbewertung und ihrer Erfüllung. Auch der Aufsichtsrat muss sich an den gesetzlichen Vorgaben orientieren, die da lauten, dass er die Interessen des Unternehmens zu wahren hat. Den Aktionären als Eigentümern ist er insoweit nur rechenschaftspflichtig, als es um die Erfüllung dieser gesetzlichen Verpflichtung geht. Wie auch das Aktiengesetz bei Verhandlungen über den Dienstvertrag festlegt, ist der Aufsichtsrat gegenüber dem Vorstand Vertreter des Unternehmens, nicht jedoch Vertreter der Aktionäre. Diese Rollenzuteilung bleibt ihm im Verhältnis zum Vorstand bei vertraglichen Absprachen zugewiesen, auch wenn das Vorstandsmitglied inzwischen ausgeschieden ist. Von daher verbietet es sich, auch bei nachträglichen Vergütungszuweisungen Beträge auszuloben, die nicht durch Leistungen des Vorstands für das Unternehmen, sondern durch Reflexe der Vorstandstätigkeit für die Aktionäre gerechtfertigt sind. Die ganze Thematik hätte vermieden werden können, wenn der Aufsichtsrat erkannt hätte, dass er über Entlohnungen spricht, die für Leistungen an die Aktionäre gewährt wurden, nicht aber für Leistungen an das Unternehmen. Damit hätte der Aufsichtsrat bei richtiger Interpretation seines Aufgabenkreises nur die Möglichkeit gehabt, die Angelegenheit in Abstimmung mit dem Vorstand den Aktionären zur Entscheidung vorzulegen und das Thema der nachträglichen Belohnung einer Hauptversammlung anzuempfehlen. Dass der Aufsichtsrat sich außerhalb seines Aufgabenkreises die Verfügungsbefugnis über Vermögenswerte des Unternehmens an Stelle der Aktionäre angemaßt hat, begründet seine strafrechtliche Verantwortung. Nach der mündlichen Verhandlung scheint es, als teile der BGH diese Auffassung. Die Quintessenz lautet: Werden Leistungen für die Gesellschaft belohnt, kann der Aufsichtsrat im Rahmen der Angemessenheit (§ 87 AktG) entscheiden. Bei Leistungen für die Aktionäre oder Gesellschafter haben diese zu entscheiden; sie können den Aufsichtsrat ermächtigen, für sie zu handeln. *) Dr. Jörg Pluta ist Partner von Bergheim Pluta Rechtsanwälte und war DSW-Geschäftsführer.