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Bei russischen Anlagen ist Risikofreude gefragt

Hoffnung auf Reformen - Aktien sehr niedrig bewertet - Konsumgütertitel rücken immer mehr ins Blickfeld

Bei russischen Anlagen ist Risikofreude gefragt

Bei den Präsidentschaftswahlen am kommenden Sonntag läuft offenbar alles auf Wladimir Putin hinaus. Die Hoffnung, dass die seit Wochen anhaltenden Proteste ihn zu den notwendigen Reformen bewegen werden, ist groß. Für Anleger gibt es neben diesen Unwägbarkeiten aber auch Chancen am russischen Aktienmarkt.la Frankfurt – Wer sein Geld in Russland investieren will, sollte Risikobereitschaft mitbringen. Denn die wirtschaftlichen und politischen Unwägbarkeiten sind nicht unerheblich. Darüber, ob der vor der Wiederwahl in das Präsidentenamt stehende Wladimir Putin wichtige Wirtschafts- und Handelsreformen verhindern oder vorantreiben wird, sind sich die Experten uneinig. Bislang zumindest lebt das russische System auch von Korruption, Bürokratie und Rechtsunsicherheit.Optimisten halten die Chancen, dass nach den Präsidentschaftswahlen am 4. März tatsächlich die wirtschaftlichen Herausforderungen angegangen und Reformen eingeleitet werden, aber für gar nicht schlecht. Immerhin zeigt die russische Bevölkerung seit Wochen durch ihre Proteste gegen vermutete Wahlfälschungen und gegen eine Rückkehr des Geheimdienstchefs Putin ins Präsidentenamt, dass sie auf Veränderungen besteht und diese Forderung nicht aufgeben wird.Hinsichtlich der Wirtschaftsentwicklung haben Putin und andere russische Politiker bereits selbst aufgrund der weltweit schwierigen Wirtschaftslage vor einem schwierigen Jahr 2012 gewarnt. Und der IWF hat seine Wachstumsprognose für Russland für dieses Jahr von 4,1 % auf jetzt noch 3,3 % reduziert. Die russische Wirtschaft sei nach der im Jahr 2008 ausgebrochenen Krise zwar wiederhergestellt, heißt es. Allerdings werde der Wiederaufbau nicht als dauerhaft angesehen, weil er nur durch die hohen Ölpreise erfolgt sei. Bislang sei es Russland aber gut gelungen, die Folgen der Eurozonen-Krise zu bewältigen.Marcus Svedberg, Chefvolkswirt des Vermögensverwalters East Capital, schätzt die Aussichten für den russischen Aktienmarkt aber als sehr gut ein. Dafür gebe es mehrere Gründe, sagt er der Börsen-Zeitung. Er verweist besonders auf die gute Verfassung der russischen Unternehmen; sie würden ihre Gewinne im kommenden Geschäftszyklus vermutlich kontinuierlich steigern. Dass sich dies nicht in den Aktienbewertungen widerspiegelt, ist ein weiterer Pluspunkt: Diese liegen Svedberg zufolge am russischen Aktienmarkt nahe einem Allzeit-Tief. Anders als der IWF sieht Svedberg in Russland kontinuierliches Wirtschaftswachstum und betont zudem die Eindämmung der Inflation. Im Rahmen “bescheidener Reformen” rechnet er mit einer jährlichen Wachstumsrate von 5 %, im Falle “ehrgeiziger Reformen” sogar mit 6 bis 7 %. Und schließlich, betont Svedberg, stehe das Land mit einer Staatsverschuldung von 10 % des Bruttoinlandsprodukts im weltweiten Vergleich außerordentlich gut da.Positive Impulse für Russland werden nach Ansicht des East-Capital-Chefvolkswirts von der Ende 2011 erfolgten Aufnahme in die Welthandelsorganisation WTO, von höheren Dividendenrenditen, einem großen Privatisierungsprogramm und eben vom verstärkten politischen Druck für einen Wandel ausgehen. Blue Chips im FokusWer die Chancen am russischen Aktienmarkt nutzen möchte, dem bieten sich die verschiedensten Sektoren an: Neben den traditionell starken Werten der Öl- und Gasindustrie oder der Stahlbranche rücken Konsumgüterunternehmen angesichts der wachsenden Mittelschicht im Land verstärkt in den Fokus.Das Angebot an reinen Russlandaktienfonds ist groß. Zu den großen mit einem Fondsvolumen von knapp 1,4 Mrd. Dollar gehört der “J.P. Morgan Russia”. Energietitel machen einen Anteil von 32 % des Fondsvermögens aus. Auf Rohstoffwerte entfallen 13 %. Im Vergleich zur Benchmark kräftig übergewichtet hat das Fondsmanagement Konsumgütertitel, auf die fast 18 % entfallen. Größter Einzelwert ist allerdings eine Finanzaktie, die Sberbank, drittgrößte Bank Europas. Unter den Top Ten dominieren ansonsten Energiewerte wie Gazprom, Lukoil oder Tatneft. Der Fonds ist von Morningstar mit zwei von fünf möglichen Sternen ausgezeichnet. Der Ausgabeaufschlag beträgt 5 %, die Gesamtkostenquote 1,9 %.Auf den Konsumgütertrend ebenfalls angesprungen ist der “Pictet Russian Equities”, der in das Segment inzwischen 6,5 % seines 387 Mill. Euro betragenden Fondsvolumens investiert hat. Energiewerte sind aber mit fast 42 % sehr stark betont. Favorit unter den Einzeltiteln ist auch hier die Sberbank. Unter den Top Ten findet sich mit der VTB Bank sogar noch ein weiterer Finanzwert. Darüber hinaus umfasst die Liste vor allem die gängigen Energiewerte. Der Fonds ist von Morningstar mit vier Sternen ausgezeichnet. Der Ausgabeaufschlag beträgt 5 %, die Gesamtkostenquote 2,0 %.Der “HSBC GIF Russia Equity” verwaltet 595 Mill. Dollar und fokussiert sich auf 20 bis 40 Blue Chips. In der Konzentration auf Energieaktien gleicht er den anderen Fonds, jedoch hat das Management die Konsumgüterbranche bislang nicht stärker ins Auge gefasst. Diese Werte machen gerade 1,2 % des Vermögens aus. Der Fonds ist von Morningstar mit drei Sternen bewertet worden. Der Ausgabeaufschlag kostet 5,25 %. Die Gesamtkostenquote liegt bei 2,14 %.