INVESTMENTFONDS - GASTBEITRAG

BIP-gewichtete Indizes sind eine Alternative zu den klassischen Marktbarometern

Börsen-Zeitung, 3.7.2013 Die globale Finanzkrise 2008/09 hat viele Industrieländer gezwungen, ihre Schuldenlast zu erhöhen, weil Unternehmen und Verbraucher Fremdkapital abbauten. Der resultierende ansteigende Schuldenberg belief sich beispielsweise...

BIP-gewichtete Indizes sind eine Alternative zu den klassischen Marktbarometern

Die globale Finanzkrise 2008/09 hat viele Industrieländer gezwungen, ihre Schuldenlast zu erhöhen, weil Unternehmen und Verbraucher Fremdkapital abbauten. Der resultierende ansteigende Schuldenberg belief sich beispielsweise in den USA am 31. Dezember 2012 auf rund 16,4 Bill. Dollar gegenüber etwa 9,2 Bill. Dollar am 31. Dezember 2007.Insgesamt hat auch der Anteil der G 3-Staatsanleihen an traditionellen globalen Renten-Benchmarks (die in aller Regel auf der Marktkapitalisierung basieren) in diesem Zeitraum stark zugenommen. So steigerte sich der Anteil von US-Schatzanleihen am Barclays Global Aggregate Bond Index von 8,7 % am 31. Dezember 2007 auf 14,3 % am 31. Dezember 2012, den höchsten Stand seit Ende der neunziger Jahre. Kreditwürdigkeit fragwürdigDie Kreditwürdigkeit und die Finanzierbarkeit der Schuldenlast werden vermehrt infrage gestellt, da hohe Arbeitslosigkeit, politische Unsicherheit, Sparmaßnahmen und gedrückte Verbraucherstimmung die Fähigkeit vieler großer Industrienationen auf die Probe stellen, einen dauerhaften Konjunkturaufschwung aufrechtzuerhalten und wieder Wachstum über dem Trend herbeizuführen. Dagegen weisen bestimmte Schwellen- und Industrieländer im Vergleich stärkere wirtschaftliche Fundamentaldaten und niedrigere Verschuldungsniveaus auf, was institutionelle Anleger dazu veranlasst hat, über eine Erweiterung ihrer realisierbaren globalen Rentenportfolios nachzudenken. Nicht-G 3-Länder bieten Anlegern gegenüber vielen G 3-Ländern insgesamt attraktivere Renditen, stabile und zunehmende Kreditwürdigkeit, im Vergleich stärkere gesamtwirtschaftliche Fundamentaldaten und das Potenzial für erstarkende Währungen.Daher interessieren sich Anleger für Referenzindizes, die diesen Trends und der ständigen Weiterentwicklung der globalen Rentenmärkte möglicherweise besser Rechnung tragen. Traditionelle marktkapitalisierungsgewichtete Indizes ordnen den Emittenten ihre Gewichtung nach dem Volumen der ausstehenden Verschuldung zu, was zwar eine gewisse Liquidität für die Investoren sicherstellt, aber die Kreditwürdigkeit oder die fundamentalen wirtschaftlichen Voraussetzungen der Kreditnehmer nicht unbedingt optimal widerspiegelt. Faktoren kombinierenAnders als traditionelle marktkapitalisierungsgewichtete Rentenmarktindizes richten sich BIP-gewichtete Benchmark-Positionen nach einer Kombination von Faktoren, werden aber insbesondere auf der Grundlage der relativen Größe der Wirtschaft des Emittenten aufgebaut. Manche Anbieter BIP-gewichteter Indizes beziehen auch den Deckungsgrad ein, um die künftige Fähigkeit eines Emittenten zur Zahlung von Zinsen auf umlaufende Anleihen zu berücksichtigen. Ein BIP-gewichteter Ansatz ist intuitiv einleuchtend. Schuldner, die gut aufgestellt sind, um Verbindlichkeiten zurückzuzahlen, sollten Investoren eher ansprechen als übermäßig gehebelte, die in Relation zu ihrer Wirtschaftsleistung unverhältnismäßig hoch verschuldet sind.Allerdings sollten die Investoren beim Einsatz eines BIP-gewichteten Benchmark-Ansatzes auch auf eine Reihe von Faktoren achten wie Liquidität, Kreditrisiken und zugrunde liegende Währungszusammensetzung, da sich feine Unterschiede auf aktive Portfoliopositionierung und Risiken auswirken können. So könnte es auf dem derzeitigen Niveau der investierbaren Anlagen unseres Erachtens für einige Schwellenländer mit geringer Verschuldung schwierig werden, den Anlegerzustrom zu verkraften.Unter der Annahme, dass die Risikobereitschaft eines Anlegers angemessen ist, lassen sich die Defizite traditioneller marktkapitalisierungsgewichteter Indizes möglicherweise auch ausgleichen durch eine Erhöhung der Limits für den Tracking Error eines Portfolios. Dadurch könnte der Anlageverwalter flexibler aktive Entscheidungen mit Bezug zu einer konventionellen Benchmark treffen. Ein solches aktives Management könnte Über- und Untergewichtungen gegenüber den Länderpositionen der Benchmark beinhalten, aber auch die Anlage in Wertpapiere, die nicht im traditionellen Referenzindex erfasst sind. Hinsichtlich der Positionierung des Portfolios könnte dieser Ansatz im aktuellen Marktumfeld zu einer Übergewichtung der Positionen in Emissionen und Währungen von Ländern führen, die im Verhältnis zum G 3-Block fundamental solide Volkswirtschaften und politische Glaubwürdigkeit aufweisen. Beispiele für Länder mit solchen Merkmalen könnten unter anderem Industrieländer sein, etwa die des skandinavischen Blocks, aber auch Singapur und Australien oder Schwellenländer wie Polen, Mexiko und Malaysia.Eine derartige aktive Strategie könnte auch die Übergewichtung von Unternehmensanleihen gegenüber Staatsanleihen mit sich bringen, da Unternehmensanleihen unseres Erachtens trotz der Rally seit Mitte 2012 weiter relativen Wert bieten. Da nach unserer Erwartung festverzinsliche Positionen in wirtschaftlich fundamental soliden Ländern mit kräftigerem Trendwachstum des BIP und geringerer Verschuldung größeres Aufwärtspotenzial bieten, gehen wir davon aus, dass der Einsatz eines auf BIP-Basis konstruierten Index Chancen zu verstärkter Streuung über Regionen und Sektoren bietet. Die Verwendung einer BIP-gewichteten Methode als Zweit-Benchmark könnte die Märkte ergänzend genauer abbilden – gemäß ihrem Beitrag zum globalen Wachstum. Dabei kommt es jedoch darauf an, dass ein Index sowohl investierbar als auch repräsentativ für das realisierbare Portfolio ist. Einführung neuer BenchmarksWir managen Kundenportfolios zwar weiterhin aktiv unter Beachtung der Nachteile marktgewichteter Indizes, doch Anleger dürften sich vermehrt für Referenzindizes interessieren, die einer veränderlichen Weltwirtschaft entsprechen, und wir rechnen mit der Einführung neuer alternativer Benchmarks. Wir haben bereits eine intensivere Suche nach Managern wahrgenommen, die es verstehen, Portfolios anhand von BIP-gewichteten Indizes aufzubauen, und sehen uns als Organisation in der Lage, Lösungen für diesen spannenden Trend beim Benchmarking von Rentenwerten beizutragen.—-John W. Beck, Franklin Templeton Fixed Income Group