Asset Management

Carmignac will wachsen

Französischer Vermögensverwalter schichtet in kurzfristige Staatsanleihen um

Carmignac will wachsen

Von Gerhard Bläske, Paris Es gibt wohl nur wenige Vermögensverwalter, die 2008 mit einem Gewinn abgeschlossen haben. Die inhabergeführte französische Gesellschaft Carmignac Investissements ist eine davon. Das von den Mitarbeitern kontrollierte Unternehmen feierte vor wenigen Tagen sein 20-jähriges Bestehen mit einem großen Fest im Pariser Théâtre Mogador. Firmengründer Edouard Carmignac ist fast schon legendär. Seine Fonds haben im Laufe der Zeit viele Auszeichnungen für ihre meist überdurchschnittlichen Ergebnisse erhalten. Der bekannteste von ihnen, der seit 1989 bestehende Mischfonds “Carmignac Patrimoine”, der allein 5,5 Mrd. Euro des gesamten Anlagevermögens von 13 Mrd. Euro auf sich vereint, schloss 2008 mit einem leichten Plus von 0,01 % ab und hat seit seiner Gründung um mehr als 600 % zugelegt. Die Fondsmanager verzichteten für 2008 auf ihre Boni von 57 Mill. Euro. Andernfalls wäre der Fonds leicht ins Minus gerutscht. Ihren Sitz hat Carmignac an der Pariser Place Vendôme – zwischen den exklusivsten Juwelieren der Stadt. In Edouard Carmignacs Büro hängen Bilder von Andy Warhol – Lenin und Mao. Der passionierte und in Kunstkreisen sehr bekannte Sammler hat eine Stiftung für den Aufkauf zeitgenössischer Kunstwerke gegründet und zuletzt im Dezember ein Werk des Amerikaners Christopher Wool erworben. Er hält den Kunstmarkt für “überbewertet” und glaubt, dass die Preise deutlich zurückgehen werden: “Anders als Aktienmärkte ist das ein unvollständiger Markt”, erläutert Carmignac. Volumen von 13 Mrd. Euro2008 komme seine Gesellschaft auf einen Gewinn von 70 Mill. Euro, schätzt er. Sein Unternehmen ging mit einem unveränderten Anlagevermögen von 13 Mrd. Euro in das neue Jahr. Die Hälfte kommt von französischen Anlegern, 3 Mrd. Euro aus Italien, 1 Mrd. Euro aus Deutschland. 85 % der Investoren sind Private. Carmignac würde den Anteil institutioneller Investoren gern erhöhen. Die Krise hat natürlich auch Carmignac getroffen. Die Mittel wurden umgeschichtet und der Aktienanteil zugunsten vor allem kurzfristiger Staatsanleihen (etwa 30 %) sowie von Gold reduziert. Angesichts der Währungsrisiken sieht er für den Preis des Edelmetalls, “der Fluchtwährung”, erhebliches Steigerungspotenzial. Im Hinblick auf die Entwicklung des Anleihemarktes ist er eher skeptisch: Nicht nur weil die Zinsen deutlich zurückgingen, sondern wegen zunehmender Risiken.Carmignac hat vor allem in deutsche und französische Staatspapiere investiert. Viele Kunden seien aber bereit, wieder mehr Risiko zu akzeptieren, weshalb man nach interessanten, “zunächst defensiven Aktienanlagen” suche. “Das Risiko weiterer Rückgänge ist kleiner als die Chance auf Zuwächse”, findet er. Das Verschwinden kleinerer Akteure vom Markt und die Zusammenlegung des Asset Management von Crédit Agricole und Société Générale sieht er als “Chance für uns”. Man sei dabei, “die nächste Wachstumsphase einzuleiten”. Er plant weiteren Personalzuwachs, nachdem er das Team aus Analysten und Fondsmanagern in den letzten zwölf Monaten um drei auf 15 ausgeweitet und den Vertrieb in Spanien und Italien gestärkt hat. Im Mailand wurde ein neues Büro eröffnet. Insgesamt beschäftigt Carmignac etwa 100 Mitarbeiter.Beim Produktportfolio plant der Firmenchef keine nennenswerte Ausweitung über die 16 Fonds hinaus, die an 50 internationalen Finanzplätzen investieren. Man wolle sich auf die Kernaktivitäten konzentrieren: “Wir ändern die Strukturen unseres Portfolios und machen es defensiver”, erläutert Carmignac. Man reagiere so auf die tiefe Krise, die noch lange andauern werde, weil die 20-jährige Aufschwungphase durch die Vergabe billiger Kredite an jedermann in eine der schwersten Rezessionen der Neuzeit gemündet sei. Schwellenländer im BlickCarmignac glaubt nicht, dass die Hilfsprogramme der Regierungen einen nennenswerten Effekt haben: “Sie erhöhen die Sparquote, und die Infrastrukturmaßnahmen wirken erst mit Verzögerung.” Er sieht jedoch auch Chancen: Neben Goldminen investiert er in Rohstoffe, die “deutlich zu billig” seien, ausgewählte Staats- und Unternehmensanleihen sowie “zunächst defensive Aktien” aus dem Konsumgütersektor wie Nestlé und Beiersdorf oder dem Pharmabereich wie Sanofi-Aventis und Novartis. Vor allem aber setzt er auf Schwellenländer wie Brasilien, China und Indien, die über eine starke Binnennachfrage verfügten, wenig verschuldet seien sowie bedeutende Finanzreserven hätten. Diese Länder “sollten spätestens im zweiten Halbjahr aus der Krise kommen und helfen, der Weltwirtschaft Wachstumsimpulse zu geben”. In China sei der Konsum stabil. Es sei eines der wenigen Länder, in denen die Regierungsmaßnahmen zugunsten des Infrastrukturausbaus, der Stabilisierung der Banken und des Immobiliensektors Wirkung zeigten. Dass seine Fonds kaum Mittelabflüsse erleben, führt Carmignac neben den guten Ergebnissen vor allem auf das “starke Vertrauensband zu unseren Kunden” zurück. Voraussetzung dafür sei die “Transparenz”, die man pflege. Angesprochen auf seine Nachfolge antwortet der charismatische, aber auch patriarchalische Firmenchef: “Wir haben sehr viele, sehr gute und motivierte Kandidaten. Der Beste möge gewinnen.” Als mögliche Nachfolgerin gilt auch seine Tochter, die jüngst zu einem US-Vermögensverwalter wechselte. Manche Beobachter fürchten, dem Unternehmen werde ohne Edouard Carmignac die “Intuition” fehlen. Die könne auch der fähigste Manager nicht lernen.