Asset Management

Defensive Fonds für den Kampf um die Anlegergunst

Anbieter wollen mit Unternehmensanleihe- und Garantieprodukten den Vertrieb beflügeln - Vorsichtiger Optimismus fürs Neugeschäft

Defensive Fonds für den Kampf um die Anlegergunst

Von Stefanie Schulte, Frankfurt Das Jahr 2009 könnte eines der schwierigsten werden, das die deutsche Fondsbranche je erlebt hat – schließlich muss sie gleichzeitig mit einer heftigen Verunsicherung der Anleger durch die Finanzmarktkrise, mit 2008 zutage getretenen Liquiditäts- und Emittentenrisiken und mit der neu eingeführten Abgeltungsteuer zurechtkommen. Große deutsche Anbieter wollen 2009 Garantiefonds und andere eher konservative Produkte in den Vordergrund stellen. Als aussichtsreich werden Anleihen bewertet, vor allem die derzeit hoch verzinsten, allerdings auch von den zunehmenden Insolvenzen bedrohten Unternehmensbonds. Vorsichtig sind die Gesellschaften im Geschäft mit Aktienfonds, nachdem Dividendenpapiere 2008 im Durchschnitt fast die Hälfte ihres Wertes verloren haben. Dies ergab eine Umfrage der Börsen-Zeitung. Steuerargument passé Mit Hilfe neuer und alter defensiver Produkte will die Branche das Jahr 2009 – anders als 2008 – wieder mit Nettomittelzuflüssen abschließen. Von Januar bis Ende November 2008 verzeichnete der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) Mittelabflüsse aus Publikumsfonds von insgesamt fast 32 Mrd. Euro (siehe Tabelle).Die Hoffnung, vor Einführung der Abgeltungsteuer noch ein kräftiges Neugeschäft zu erzielen, weil bis 2008 erworbene Fondsanteile einen Bestandsschutz bei der Besteuerung genießen, scheint sich zerschlagen zu haben. Seit dem 1. Januar 2009 müssen Fondsanbieter und Anleger damit leben, dass auf alle Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinne bei Neuinvestments pauschal 25 % Abgeltungsteuer abgeführt werden. In der Vergangenheit hatten bestimmte Anlageinstrumente Steuervorteile genossen, was ein beliebtes Vertriebsargument lieferte. Der steuergetriebene Vertrieb sei derzeit nahezu passé, hieß es bei einer großen deutschen Fondsgesellschaft. Zuversichtliche DWSGerhard Koch, Leiter Produktvertrieb bei der Deutsche-Bank-Tochter DWS Investments, ist trotz allem “fest davon überzeugt”, dass 2009 wieder ein “deutlich positives Mittelaufkommen” bringen wird. Eine konkrete Prognose sei “angesichts der anhaltenden Verunsicherung der Anleger sehr schwer”. In den ersten elf Monaten 2008 verzeichnete die DWS Investments bei Publikumsfonds Nettomittelabflüsse von fast 17 Mrd. Euro und zählte damit zu den Gesellschaften, die am stärksten von der Massenflucht der Anleger betroffen waren. Der Sparkassen-Fondsdienstleister DekaBank kalkuliert mit einem Netto-Neugeschäft seiner Publikumsfonds von etwa 2 Mrd. Euro, wie Oliver Behrens, der im Vorstand den Bereich Asset Management Kapitalmarkt verantwortet, der Börsen-Zeitung sagte. Auch die BHF-Bank-Tochter Frankfurt-Trust rechnet “mit weiterem Wachstum”, so Karl Stäcker, Sprecher der Geschäftsführung. In den ersten elf Monaten 2008 flossen in die Frankfurt-Trust-Publikumsfonds laut BVI-Statistik 400 Mill. Euro. Bei der Universal-Investment, die Publikumsfonds administriert, die von externen Vermögensverwaltern gemanagt werden, wird ebenfalls von “signifikanten Nettomittelzuflüssen” ausgegangen – es sei denn, die Kapitalmarktlage verschlechtere sich dramatisch. Universal legt kräftig zuAllerdings werde es schwer fallen, den Erfolg des Jahres 2008 zu wiederholen, in dem die Universal gegen den Trend netto 3,2 Mrd. Euro neu einsammelte. Dies teilte Universal auf Anfrage mit. Allein der Dezember 2008, für den noch keine offiziellen Zahlen des BVI vorliegen, habe der Universal Investment Zuflüsse von 1,6 Mrd. Euro gebracht. Der Erfolg sei vor allem auf vermögensverwaltende Fonds und so genannte Absolute-Return-Produkte zurückzuführen, die mit dem Anspruch aufgelegt werden, in jeder Kapitalmarktphase positive Renditen zu erzielen. Vor allem die letztere Kategorie halte man auch 2009 für sehr aussichtsreich, betont Universal. Generell habe “die deutsche Investmentbranche die stärksten Mittelabflüsse schon gesehen”, so das Unternehmen. Viele Probleme auf einmalBesonders hohe Mittelabflüsse von insgesamt fast 40 Mrd. Euro erlebten 2008 branchenweit Renten- und Geldmarktfonds, die unter anderem darunter litten, dass die Bundesregierung Steuerprivilegien strich, aus denen zuvor ein Teil dieser Produkte großen Nutzen gezogen hatte. Hinzu kam, dass viele Kunden in Tages- und Festgeldprodukte der Banken umschichteten, die – anders als Fonds – von einem expliziten Garantieversprechen der Bundesregierung nach der Pleite von Lehman Brothers im September profitierten. Zur Verunsicherung trugen weiterhin Liquiditätsprobleme bei, die etwa bei Verbriefungen sowie bestimmten Bankanleihen auftraten – und natürlich Ausfallrisiken, die vor allem die Lehman-Pleite offensichtlich machte. Bei Aktienfonds traten den heftigen Kursverlusten zum Trotz vergleichsweise moderate Abflüsse von 5 Mrd. Euro auf. Unter Druck geriet aber auch das Segment der offenen Immobilienfonds, da im Oktober ein Dutzend dieser Produkte nach heftigen Mittelabflüssen wegen Liquiditätsnot eingefroren werden musste. Bankanleihen für MutigeDie genossenschaftliche Union Investment hat zuletzt nach Angaben eines Sprechers unter anderem ihre Palette an Wertsicherungsprodukten ausgebaut . Mit dem kürzlich neu aufgelegten Renten-Laufzeitfonds “UniEuroRenta Spezial 2013” wagt sich die Union überdies auf ein besonders heißes Terrain, denn der Fonds investiert vor allem in Nachranganleihen der von der Krise gebeutelten Banken und Versicherungen. Angesprochen werden damit langfristig orientierte, eher risikobereite Anleger. Ein Sprecher der Fondsgesellschaft verwies auf die Garantien, die viele Staaten für den Finanzsektor ausgesprochen haben. Viele dieser Anleihen würden mit 6 % bis 7 % verzinst – ein Renditeniveau, das man in den Vorjahren nur bei Aktien kannte. Allerdings sei eine gründliche Selektion der Anleihen notwendig, da nicht alle Papiere attraktiv seien. Mit guten Zuflüssen rechnet den jüngsten Problemen der Branche zum Trotz Union Investment Real Estate, der Immobilienfondsanbieter der Genossenschaftsbanken (vgl. BZ vom 8. Januar).Auch die DWS sieht bei Unternehmensanleihefonds und ähnlichen Produkten Koch zufolge “interessante Möglichkeiten, unsere Produktpalette kurzfristig auszuweiten”. Für einen neuen, mit erstklassigen Unternehmensbonds und Pfandbriefen bestückten Laufzeitfonds laufe bereits die Zeichnungsfrist. Schwache StaatspapiereEher schwierig werde 2009 das Geschäft mit Staatsanleihe-Fonds, heißt es sowohl bei der DWS als auch bei Frankfurt-Trust. Bei diesen Papieren seien die Renditen auf Rekordtiefs gesunken. Auch Frankfurt-Trust stellt daher mit dem “FT EuroCorporates” lieber einen Unternehmensanleihe-Fonds in den Vordergrund. Union Investment erwartet ein verhaltenes Geschäft mit risikoreichen Anlageformen, insbesondere Schwellenländer-Produkten. Anlegern, die sich bereits wieder an Aktienfonds heranwagen wollen, bieten die Gesellschaften vor allem ihre Klassiker an – etwa “UniGlobal” von der Union Investment oder “Akkumula”, “Vermögensbildungsbildungsfonds I” und “Global Value” von der DWS. Mit der Auflegung von neuen Aktienprodukten halten sich die Gesellschaften dagegen eher zurück – sie wollen offenbar lieber erst die weitere Börsenentwicklung abwarten. Nach dem Motto “safety first” empfiehlt Stäcker von Frankfurt-Trust, Mittel zunächst in einem Geldmarktfonds zu parken – und in Aktien umzuschichten, wenn dieser Markt seinen Boden gefunden habe. Laut Stäckers Prognose wird das 2009 der Fall sein. Unbekannte Madoff-Folgen Noch unbekannt ist, wie sich die Tatsache, dass mehr als 30 deutsche Dach- und Mischfonds auch in Produkte investierten, hinter denen offenbar der betrügerische US-Anlagemanager Bernard Madoff stand, auf das Neugeschäft auswirken wird – denn dies wurde erst Ende Dezember bekannt. Einen generellen Vertrauensverlust für Dach- und Multi-Asset-Fonds, die in Fremdfonds investieren, befürchten die Anbieter offenbar nicht. Union und Deka, von denen bisher keine Madoff-Belastungen bekannt sind, wollen das Thema Vermögensstrukturierung definitiv weiter verfolgen – gerade in der Krise seien viele Anleger froh, wenn man ihnen die Entscheidung abnehme, in welche Anlageklassen sie investieren sollten, heißt es bei der Deka. Ähnlich äußern sich Universal Investment und Frankfurt-Trust, bei denen jeweils einige extern gemanagte Fonds in kleinerem Umfang Anteile an Madoff-Produkten hielten. Stäcker von Frankfurt-Trust ist optimistisch für den “FT Navigator 70”, der bis zu 70 % seines Vermögens in Aktienfonds investieren kann. Universal will weitere vermögensverwaltende Fonds auflegen. Generell werde als Reaktion auf den Madoff-Skandal das Interesse an stark regulierten und transparenten Produkten wachsen, während die wenig regulierten Hedgefonds mit Mittelabflüssen rechnen müssten.