Immobilien

Der Kampf um Viterra geht in die Entscheidungsrunde

Börsengang scheint vom Tisch - Deutsche Annington will endlich zum Zuge kommen - Sozialverträgliches Geschäftsmodell gefordert

Der Kampf um Viterra geht in die Entscheidungsrunde

Von Christoph Ruhkamp, DüsseldorfAm vergangenen Montag um 12 Uhr mittags war es so weit. Die drei verbliebenen Bieter für die Eon-Immobilientochter Viterra mussten ihre verbindlichen Offerten für das Portfolio aus 138 000 Wohnungen vorlegen. Zwischen 5 und 6 Mrd. Euro würden Cerberus, Fortress und die Deutsche Annington, Tochter des britischen Finanzinvestors Terra Firma, jeweils für das bisher größte in Deutschland zum Verkauf stehende Paket zahlen. Deutsche als Kreditgeber?Ein alternativ geplanter Börsengang der Viterra, den die Deutsche Bank durchgeführt hätte, ist dem Vernehmen nach als kurzfristige Option nun zunächst vom Tisch. Diese Variante war angeblich nur ins Spiel gebracht worden, um die Preise der Bieter in die Höhe zu treiben. Doch könnte die Deutsche Bank, so heißt es in Finanzkreisen, nun als Fremdkapital-Geber für Fortress auftreten und danach einen späteren Börsengang der Viterra begleiten. Derzeit werden die Angebote, die Dutzende von Seiten mit vielen Zahlen umfassen, vergleichbar gemacht. Die Investmentbank Morgan Stanley steht Eon bei dieser Arbeit zur Seite. Eine Entscheidung könnte schon in der kommenden Woche fallen.Dieses Mal will endlich die Deutsche Annington zum Zuge kommen. Im vergangenen Jahr hatte sie in der Endausscheidung um die bundeseigene Gagfah, die unter Leitung des Kölner Bankhauses Oppenheim versteigert wurde, gegen Fortress den Kürzeren gezogen. Die Gebote der beiden Wettbewerber für die 82 000 Gagfah-Wohnungen sollen nur um einen kleinen zweistelligen Millionenbetrag auseinander gelegen haben. Auch bei der Kölner städtischen Wohnungsgesellschaft GAG biss man sich am politischen Widerstand letztlich die Zähne aus.”Wir wollen in Deutschland weiter wachsen und haben in den letzten Jahren bereits 15 000 Wohnungen erworben”, sagt Deutsche-Annington-Geschäftsführer Volker Riebel im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Ähnlich äußerte sich bereits Matthias Moser vom Wettbewerber Fortress. Zur Viterra-Auktion können sich allerdings beide derzeit nicht direkt äußern. Annington soll bei der Finanzierung auf der Fremdkapitalseite mit der Citigroup kooperieren. Der Fremdkapitalanteil bei derartigen Deals ist in den vergangenen drei Jahren von gewöhnlich etwa 25 % auf derzeit bis zu 85 % gestiegen.Neben der allgemein niedrigen Zinsen hängt dies auch damit zusammen, dass die Banken in der Regel eine positivere Sicht auf Immobilien-Paketeinkäufe gewonnen haben. Der hohe Fremdkapitalanteil ermöglicht eine Hebelung der Renditen auf das eingesetzte Eigenkapital und erlaubt höhere Offerten an die Verkäufer, wie die steigenden Durchschnittspreise zeigen (Tabelle). Mieterprivatisierung . . .Nach Ansicht von Mieterschutzvereinen sollte über den Zuschlag für die Viterra aber nicht nur auf Basis des gebotenen Preises entschieden werden. Es müsse auch darum gehen, wem man ein sozialverträgliches Geschäftsmodell zutraut. Hintergrund sind dabei Vereinbarungen, die Viterra mit den betroffenen Mietervereinen getroffen hat. Hinzu kommt, dass es sich oftmals um ehemalige Werkswohnungen und damit um ein potenziell sensibles Thema handelt.In diesem Sinne sieht Riebel die Deutsche Annington mit ihrer langfristigen Strategie gegenüber den Wettbewerbern gut positioniert. Bereits 2001 hatte die Annington 65 000 Wohnungen aus dem Bundeseisenbahnvermögen erworben. Die Immobilien wurden danach aber nicht in kleineren Blöcken an Sanierer weiterverkauft wie bei Finanzinvestoren oftmals üblich, sondern einzeln – mit entsprechenden Raten-Finanzierungsmodellen – an interessierte Mieter privatisiert.Mittlerweile hat die Deutsche Annington auf diesem Wege 11 000 Wohnungen an die Mieter veräußert, im laufenden Jahr sollen es noch einmal 3 500 bis 4 000 Privatisierungen werden. “Wir dürften damit der größte Wohneigentumsbildner hierzulande sein”, sagt Riebel.Zwar wollen auch Cerberus und Fortress nach eigenem Bekunden das Geschäftsmodell einer Mieterprivatisierung anwenden. Doch hat sich Cerberus bisher anders verhalten. So wurden von den 66 000 Wohnungen, die Cerberus/Goldman Sachs im Mai 2004 vom Land Berlin (GSW) für 2,1 Mrd. Euro erworben hatte, bereits Teilportfolios en bloc weiterverkauft. . . . versus Verkauf en blocSo gingen etwa im Oktober 1 500 Wohnungen von Cerberus an die German Real Estate Opportunities GmbH, eine Tochter der börsennotierten Kölner Vivacon, die die Wohnungen saniert und sie dann verkauft. Schon im Dezember reichte Vivacon 870 Wohnungen an die Austrian Conwert Immobilien Invest AG weiter. Bei Fortress wiederum hat eine Mieterprivatisierung der Gagfah-Wohnungen bisher jedenfalls noch nicht begonnen. Wohl aber setzt der US-Fonds auf Sanierungen und anschließende Mieterhöhungen.Allerorten werden derweil die Portfolios weiter ausgebaut oder auch schon wieder zerlegt – beides geschieht in immer schnellerem Takt (siehe Tabelle). Die Deutsche Annington beispielsweise soll parallel auch für 27 000 Wohnungen der niedersächsischen Landesentwicklungsgesellschaft bieten. Hier wurden vor einer Woche unverbindliche Angebote abgegeben – bis zu 40 verschiedene Interessenten sollen dabei noch im Spiel sein.Warum interessieren sich Finanzinvestoren so stark für deutsche Wohnungsportfolios? Ein Grund mögen neben dem günstigen Fremdkapital die niedrigeren Durchschnittspreise sein, die bei Paketen gezahlt werden. “Es geht jedenfalls weniger um die Erzielung von Synergien mit unserem schon bestehenden Portfolio. Die Größenvorteile sind vergleichsweise gering”, sagt Riebel. Im Vordergrund stehe eher, dass man das erfolgreich betriebene Geschäftsmodell mit einem weiteren Portfolio auf gleiche Art und Weise fortsetzen wolle. Mit Interesse beobachtet Riebel die neuen Exit-Möglichkeiten aus einem Investment, die sich durch die Einführung deutscher Immobilien-Trusts ergeben könnten. “Aber ausschlaggebend für unsere Offerte ist das nicht.”