Kapitalanlage - Die Börse spricht...

Die Abwicklung der Deutschland AG

Börsen-Zeitung, 30.7.2005 Die Börse spricht über Jürgen Schrempp. Sein Abschiedsgeschenk an die Aktionäre am vergangenen Donnerstag: reichliche 3 Mrd. Euro mehr Börsenwert. Die Börsianer klatschten Beifall. Noch nie zuvor in der deutschen...

Die Abwicklung der Deutschland AG

Die Börse spricht über Jürgen Schrempp. Sein Abschiedsgeschenk an die Aktionäre am vergangenen Donnerstag: reichliche 3 Mrd. Euro mehr Börsenwert. Die Börsianer klatschten Beifall. Noch nie zuvor in der deutschen Wirtschaftsgeschichte war der Rücktritt eines Topmanagers so gefeiert worden. Ob das gerechtfertigt war, steht auf einem anderen Blatt. Die Analysten in Frankfurt und London haben den Taschenrechner gezückt und rechnen nun eifrig den “neuen fairen Wert” der Daimler-Aktie aus. 40 Euro dürften die Untergrenze sein, so heißt es in den Handelsräumen der Frankfurter Banken. Die Deutschland AG dürfte damit endgültig abgewickelt werden. Der angelsächsische Kapitalismus übernimmt vollumfänglich das Zepter, wie es von altgedienten Recken in Frankfurt heißt. Was heißt das für die Börse? In erster Linie, so ein Stratege einer großen Versicherung aus Süddeutschland, gelte es nun, die großen Schritte zu tun, die in den vergangenen Jahren aus politischen und psychologischen Gründen nicht getan wurden. Im Fokus dieser Überlegungen steht die Allianz, um die sich massig Gerüchte ranken. Was passiert mit den verbliebenen wenigen Industriebeteiligungen, was wird aus der Dresdner Bank, bleibt das hohe Venture-Capital- und Hedgefonds-Exposure bestehen? Alles auf dem Prüfstand, ist aus Vorstandskreisen zu hören. Details bleiben unter dem Tisch. Noch. Ein Indikator könnte der Aktienkurs sein. Und der spricht eine deutliche Sprache. Wie zu hören ist, sind die Optionsumsätze, also die Engagements kurzfristig orientierter Anleger, extrem angestiegen. Es wurden für hunderte Millionen Euro Calls gekauft. Ähnliche Engagements soll es bei VW und Linde geben. Kommen die fundamentalen Nachrichten à la Jürgen Schrempp auch hier?Ein altes Thema neu belebt hat die Frankfurter Investmentbank Close Brothers Seydler. Fast unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit hat sich die Gesellschaft des Themas Genussscheine angenommen. Die Genüsse waren und sind eine Spezialität des hiesigen Aktienmarkts, die vornehmlich zur mittelfristigen Unternehmensfinanzierung von Banken eingesetzt wird. Steuerlich sind die Produkte für Privatanleger interessant, da sich über die in den Kurs eingerechneten Zinskupons nach Ablauf der zwölfmonatigen Spekulationsfrist steuerfreie Gewinne erzielen lassen. Die niedrigen Zinsen bei den Festverzinslichen haben nun einige Unternehmen auf den Plan gerufen, Genüsse zu emittieren. Um einen aktiven Handel zu ermöglichen, wird nun Seydler das Market Making übernehmen und Mittelständler bei der Emission von Genüssen begleiten. Wie zu hören ist, soll die kleine Bank einigen Wettbewerbern damit ein Schnippchen geschlagen haben.