ASSET MANAGEMENT - IM GESPRÄCH: MARC RENAUD

"Die Risikobereitschaft nimmt zu"

Die französische Fondsboutique Mandarine Gestion blickt wieder zuversichtlicher in die Zukunft - Finanzwerte weiter im Fokus

"Die Risikobereitschaft nimmt zu"

Die französische Fondsboutique Mandarine Gestion hat schwierige Zeiten hinter sich. Doch Marc Renaud, Unternehmensgründer und Portfolio-Manager, ist mangels alternativer Anlagemöglichkeiten vorsichtig optimistisch, dass sich die zarte Erholungstendenz an den Märkten fortsetzt und es nun dauerhaft wieder aufwärtsgeht.Von Gerhard Bläske, StuttgartDie französische Fondsgesellschaft Mandarine Gestion hat ein Blutbad hinter sich. Das verwaltete Vermögen schmolz von 2,1 Mrd. Euro Ende Juni 2011 bis auf 1,2 Mrd. Euro ein Jahr später zusammen, etwa zur Hälfte aufgrund von Mittelabflüssen bzw. der Marktentwicklung. Doch seit der Ankündigung von EZB-Chef Mario Draghi, notfalls unbegrenzt Staatstitel zu kaufen, geht es an den Börsen bergauf. “Wir beobachten steigendes Interesse von Dachfonds, Vermögensverwaltern und anderen Anlegern”, sagte Marc Renaud, Portfoliomanager und Gründer der Fondsboutique, im Gespräch der Börsen-Zeitung.Auch in der schwärzesten Zeit hielt Renaud, der von der Finanzmediengruppe Agefi zum besten französischen Fondsmanager der letzten zehn Jahre gekürt worden und seit 23 Jahren im Geschäft ist, an seiner Strategie fest. Er setzt auf Finanzwerte, die er nach der Erholung der letzten Wochen noch immer für deutlich unterbewertet hält. Sein Spitzenfonds “Mandarine Valeur”, dessen verwaltetes Vermögen heute bei 712 Mill. Euro liegt, zeigt wieder Aufwärtstendenz. Während der Fonds 2011 um 7 Prozentpunkte schlechter abschnitt als der Referenzindex Stoxx 600 legte er seit Jahresanfang um 17,9 % zu, während der Stoxx 600 nur um 12,8 % stieg.Renaud setzt weiter auf Finanzwerte wie BNP Paribas, Banco Santander oder Intesa Sanpaolo, die er in seinem Fonds mit einem Anteil von 22 % stark übergewichtet hat. Auch Versicherer wie Axa und Allianz hält er für deutlich unterbewertet. Sie sind mit insgesamt 12,6 % in seinem Portfolio gewichtet. Vorsichtiger ist Renaud in Bezug auf zyklische Werte. Nur für Zementwerte wie Lafarge oder Heidelberg Cement hat er etwas übrig, weshalb sie im Fonds mit 16,5 % vertreten sind. Viel zu teuer seien dagegen der Kosmetik-Konzern L’Oréal und die Nahrungsmittelmultis Nestlé und Danone. Dagegen hat er auch Pharmawerte wie Fresenius und Sanofi sowie defensive Titel wie Total und Royal Dutch mit in sein Portefeuille genommen.Renaud ist vorsichtig optimistisch in Bezug auf die weitere Entwicklung der Aktienmärkte, “obwohl sich die Konjunktur weiter eintrübt” und die 2008 gegründete Fondsboutique, die 21 Mitarbeiter, darunter fünf Fondsmanager, zählt, ausschließlich in europäische Aktien investiert. “Wo wollen Sie denn investieren, wenn Bundesanleihen gerade einmal 1,5 % abwerfen und sie kein Geld verlieren wollen?” Er gibt zu, dass Investoren auch für den Aktienmarkt nicht gerade enthusiastisch sind. Aber: “Die Risikobereitschaft der Investoren nimmt zu”, hat er beobachtet. Seit Anfang September wachse das Geschäft. Kräftig Federn gelassenDas gelte auch für Deutschland, wo Mandarine Gestion seit mehreren Jahren mit einem eigenen Büro in Frankfurt vertreten ist. Neben dem “Mandarine Valeur” wird hierzulande auch der auf Small- und Mid-Cap-Werte verwaltete “Mandarine Unique” angeboten, der von den Fondsmanagerinnen Joelle Morlet-Selmer und Diane Bruno geführt wird und etwa 50 Mill. Euro Assets under Management hat. Renaud zeigt sich überzeugt, dass der im März 2010 aufgelegte Fonds noch eine große Zukunft hat, vor allem wenn im Frühjahr die Performance der ersten drei Jahre vorliegt. Er enthält Werte wie den deutschen Autozulieferer Dürr, den Brillenhersteller Luxottica, den Chipkartenproduzenten Gemalto oder die österreichische Andritz-Gruppe.Auch hierzulande musste die französische Fondsboutique kräftig Federn lassen. Das verwaltete Vermögen stürzte von 182 Mill. Euro Ende Juni 2011 bis auf 57 Mill. Euro ab. Da Mandarine Gestion deutlich kleiner ist als große französische Fondsgesellschaften wie Carmignac, Comgest oder Rothschild, die auch bei Privatanlegern bekannt sind, konzentriert sich Mandarine Gestion nun stärker auf Dachfonds oder spezielle Vermögensverwalter, die auf die Aktienallokation institutioneller Investoren konzentriert sind.Außer in Deutschland ist Mandarine Gestion auch in Großbritannien, Portugal, Österreich, der Schweiz, in Belgien und in Luxemburg präsent. Seit Kurzem werden einige Fonds auch in Spanien und Italien vertrieben. Der Schwerpunkt der Geschäftsaktivität liegt nach wie vor in Frankreich, aber immerhin 23 % des verwalteten Vermögens kommen aus anderen Ländern. Die Gesellschaft wird zu 55 % von der Geschäftsleitung und den Mitarbeitern kontrolliert, je 15 % liegen beim Family Office der Familie Dassault, der Crédit-Mutuel-Gruppe sowie der französischen Postbank (Banque Postale).Renaud glaubt, dass in den nächsten Jahren das Gewicht von Aktien aus Schwellenländern deutlich zunehmen wird. Oberste Priorität habe die Ausweitung seines Geschäfts in diese Region zwar nicht: “Wir können nicht alles machen”, meint er mit Hinweis auf die geringe Größe seiner Fondsboutique. Doch wenn sich eine Gelegenheit ergebe und er einen Experten für diese Region anheuern könne, dann werde er nicht zögern.