Immobilien - Interview mit Robert Orr

"Es wird deutlich mehr Auslandskapital kommen"

Der Europa-Chef des Immobilienberaters Jones Lang LaSalle über die Aussichten für den hiesigen Immobilienmarkt

"Es wird deutlich mehr Auslandskapital kommen"

Jones Lang LaSalle ist mit global gut 17 000 Mitarbeitern das weltweit größte Immobilienberatungs- und Gebäudemanagement-Unternehmen. Für den deutschen Büroimmobilien-Markt erwartet Europa-Chef Robert Orr im laufenden Jahr weiterhin hohe Leerstände, aber deutlich steigende Zuflüsse von Auslandskapital. Im Interview gibt er einen Ausblick auf die Branche und die Pläne seines Unternehmens. – Es gibt in Frankfurt derzeit ungefähr 17 % Leerstand bei Büroimmobilien. Wird sich daran in diesem Jahr etwas ändern?Nein, es wird sich nichts Wesentliches daran ändern. Es kann sogar durchaus sein, dass er Leerstand sich 2005 etwas erhöht. Der Umsatz von Büroimmobilien wird sehr stark beeinflusst von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung. Wir rechnen mit zwei bis drei Jahren bis es in Deutschland – oder in Frankfurt – wieder richtig bergauf geht. Die Nachfrage nach Büroflächen von Finanzinstituten in Frankfurt resultiert derzeit fast ausschließlich aus Umzügen im Rahmen der Konsolidierung. – Ihr eigenes Unternehmen zieht im Februar innerhalb Frankfurts um. Warum?Wir gehen in die Nähe des Westhafens, in die “Baseler Arkaden”. Dort können wir Großraumbüros haben, das ist sehr wichtig für die Kommunikation innerhalb des Unternehmens und innerhalb der einzelnen Teams. Der zweite Grund ist die Nähe zu den öffentlichen Verkehrsmitteln, und der dritte Grund ist ein finanzieller Grund. Wir ziehen in günstigere Flächen ein. – Das heißt, die Leerstände sind ein Vorteil für Mieter?Ja, das ist eine gute Zeit für Unternehmen sich umzusehen, ob ein Umzug machbar und erstrebenswert ist. Es ist möglich, sehr gute Konditionen zu verhandeln in Anbetracht der hohen Leerstandsrate. – Sie kennen den deutschen Immobilienmarkt seit 20 Jahren. Was ist der größte Unterschied zum britischen Immobilienmarkt? Einer der größten Unterschiede für mich ist die Tatsache, dass in Großbritannien die Parteien bei einer Transaktion – die Vermieter, Mieter, Verkäufer oder Käufer – fast immer vertreten werden durch einen Berater bzw. durch Maklerunternehmen. Dabei herrschen sehr klare Verhältnisse. Man weiß, wer wen honoriert und wen man berät und wer von wem beraten wird. In Deutschland bessert sich das im Laufe der Zeit, aber es ist immer noch recht undurchschaubar. In Großbritannien wird die Immobilien-Community sehr stark beeinflusst von Beratungsunternehmen – deutlich stärker als in Deutschland. – Es gab 2003 bei Jones Lang LaSalle in Deutschland einen mutmaßlichen Korruptionsfall. Hat sich seitdem in Ihrem Unternehmen etwas verändert?Selbstverständlich. Wir haben durch diese Ereignisse einiges festgestellt. Erstens, dass solche Vorfälle nie ganz vermieden werden können. Aber wir haben auch erkannt, dass die Tatsache, dass man einen Ethik-Kodex hat, nicht unbedingt heißt, dass er im ganzen Unternehmen gelebt wird. Es ist sehr, sehr wichtig, dass man einen Kodex mit Leben erfüllt. Wir haben den Ethikkodex mit unseren Mitarbeitern mit Hilfe von Fallbeispielen sehr intensiv und ausführlich besprochen. – Das heißt, es gibt keine ganz konkreten neuen Regeln…Doch, sie sind verschärft und durch die Beispiele noch deutlicher gemacht worden. In dem Kodex gibt es Beispiele, wie die Mitarbeiter Geschenke geben oder entgegennehmen dürfen. Man muss vom Vorgesetzten eine Genehmigung einholen. Das sind vielleicht Kleinigkeiten, aber sie sind wichtig. Eine der Hauptaussagen ist: Machen sie nichts, was sie ungern in der Presse lesen würden. Nichts gegen Journalisten, aber es ist vielleicht keine schlechte Empfehlung. – Ist der Korruptionsfall in Ihrem Unternehmen aufgeklärt?Er ist noch nicht endgültig aufgeklärt, weil der Staatsanwalt weiterhin ermittelt, unter anderem gegen unsere drei ehemaligen Mitarbeiter. Darauf können wir kaum Einfluss nehmen. Für uns als Unternehmen ist es insoweit beendet, als wir vorige Woche einen neuen Deutschland-Chef vorgestellt haben. – Welches ist für Sie das wichtigste Geschäftsfeld in Deutschland?Unser Geschäft ist sehr breit angelegt. Wesentliche Felder sind die Immobilien-Vermietung und Akquisition von Flächen für Unternehmen. Sie machen etwa 41 % unseres Gesamtumsatzes aus. – Welches Geschäftsfeld wächst in Deutschland am stärksten?Alles, was die Unternehmen als Immobiliennutzer angeht. Das betrifft alle Bereiche, vor allem aber die Vertretung der Mieter. Beim Investmentgeschäft liegen große Potenziale im Corporate Real Estate Bereich: Viele Unternehmen bringen ihre Immobilien durch z.B. Sale and Lease-Back Transaktionen an den Markt. Ähnliches gilt auch für das Immobilienmanagement. Wir machen immer mehr Real Estate Management für Unternehmen. Bei Procter & Gamble sind wir das Outsourcing-Unternehmen für alle Gebäude in Deutschland und weltweit. Weitere wichtige Kunden sind Bearing Point, die Deutsche Telekom bzw. deren Tochter Sireo und die Deutsche Bank. – Wo wollen Sie in diesem Jahr am stärksten wachsen?Wir glauben, dass wir in Deutschland im Capital-Markets-Bereich stark zulegen können, weil wir davon ausgehen und erste Anzeichen sprechen dafür, dass deutlich mehr ausländisches Kapital nach Deutschland kommen wird und die heimischen Fonds zum Teil ihr Portfolio zu Gunsten von ausländischen Investments umschichten wollen. Es bewegt sich hier im Markt sehr viel. Außerhalb Deutschlands verstärkt sich der Eindruck, dass der Zeitpunkt für den Einstieg in den deutschen Immobilenmarkt günstig ist, vor allem angesichts der hochgetriebenen Preise in anderen europäischen Märkten. Einer unserer größten Aufträge im vergangenen Jahr war die Beratung von UBS beim Erwerb von 50 % des Magenta-Portfolios für 120 Mill. Euro. Verkäufer waren JV Whitehall (Goldman Sachs) und Deutsche Bank Private Equity. Im Immobilien Management war der wichtigste Deal die Verwaltung des Gerngross City Center in Wien. In der Vermietung war der wichtigste Deal die Vermittlung des Kennedy Haus in Düsseldorf an die Rechtsanwälte Weil, Gotshal & Manges. – Beraten Sie auch die öffentliche Hand bei Privatisierungen?Das ist ein Geschäftsbereich, in dem wir noch sehr viel Potenzial sehen, aber bislang noch nicht aktiv waren – nach unseren bisherigen Erfahrungen ein sehr hartes Geschäft. Da wird noch sehr viel mehr kommen. – Was war für Sie im vergangenen Jahr der wichtigste Deal in Deutschland?Wir haben zum Jahreswechsel zwei sehr große überregionale Einkaufszentren im Auftrag eines deutschen Investors verkauft. Käufer beider Objekte war ein ausländischer Investor. Aber mehr kann ich nicht dazu sagen. Es geht um mehrere hundert Millionen Euro. – Das deutsche Finanzministerium entscheidet Anfang Februar, ob es steuertransparente Immobilien-Investment-Trusts (REITs) in Deutschland geben wird. Was könnte das für den hiesigen Immobilienmarkt bedeuten?Es käme zu einer Bereicherung und Belebung des Markets, weil die Einführung einer REIT-Struktur auch das Transaktionsvolumen erhöht. Denn viele Unternehmen würden umstrukturiert – zum Beispiel könnten manche Immobilien AGs zukünftig als REITs firmieren. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass ein solches Unternehmen sich dann spezialisiert, etwa als Büro-REIT, Einzelhandels-REIT oder Logistik-REIT – und dann werden sie sich von den anderen Objekten schrittweise trennen. Dafür wird es andere Unternehmen geben, die diese Objekte gerne aufkaufen, vor allem ausländische. Insofern sehe ich nur positive Impulse einer REIT-Struktur. – Die Briten hatten sich auch schon in diesem Jahr auf REITs gefreut. Jetzt kommen sie doch nicht. Warum?Schatzkanzler Brown hat die Entscheidung auf 2006 verschoben. Er hat allerdings deutlich gesagt, dass REITs eingeführt werden, ist aber der Ansicht, dass mehr Zeit benötigt wird für das Treasury, die Kommunikation und den Dialog, zwischen der Immobilienwirtschaft und der Regierung. Ich glaube, das ist nicht verkehrt. Denn sollte das zu schnell kommen, könnte es negative Konsequenzen haben, wenn es zu restriktiv wird. Diese Sorge haben viele Marktteilnehmer. Schon allein die Erwartung, dass es kommen wird, belebt den Markt. Es ist etwas enttäuschend für Großbritannien, aber REITs werden kommen, davon bin ich überzeugt. – Wer wird den REITs Ihrer Meinung nach zuerst bekommen: Deutschland oder Großbritannien?Das ist eine gute Frage. Das weiß ich nicht. Es wäre schön, wenn es Deutschland wäre. – Die großen Immobilienpakete in Deutschland sind im im vergangenen Jahr immer von angelsächsischen Finanzinvestoren gekauft worden. Warum?Ich glaube die ausländischen Investoren sind sehr viel flexibler und offener, haben größere Zuversicht und Erfahrung, was die Aufteilung größerer Blöcke angeht. Das sind die Hauptgründe. Hinzu kommt die Psychologie eines Marktes, wo die heimischen Investoren nur schwarz sehen. Das spielt derzeit eine große Rolle. Die ausländischen Investoren haben mit Wohnimmobilien einen großen Wertzuwachs erzielt. Es wird davon ausgegangen, dass das in Deutschland auch der Fall sein wird – irgendwann.Das Interview führte Christoph Ruhkamp