Festhalten an der "Vier-Säulen-Politik"
Von Alexander Hofmann, Sydney Wer derzeit in den australischen Banksektor investieren will, sieht sich einem ungewöhnlichen Szenario gegenüber. Denn vor allem die “großen vier” gelten normalerweise als grundsolide Anlagen in Krisenzeiten. Dennoch haben die Aktienkurse der bedeutendsten Kreditinstitute des fünften Kontinents in der jüngsten Vergangenheit drastische Abschläge hinnehmen müssen. Die Experten sind nun uneins. Während die Optimisten die Talsohle bereits für durchschritten halten und eine fast einmalige Gelegenheit zum günstigen Einstieg bzw. Zukauf von australischen Bankaktien sehen, rechnen die Pessimisten damit, dass die Kurse noch weiter nachgeben werden. Nicht involviertDer australische Finanzmarktindex ist in den ersten drei Monaten dieses Jahres um 23 % abgestürzt, ein Rückgang, den es in dieser Größenordnung seit Jahren nicht gegeben hat. Die Verluste haben sich aber keineswegs gleichmäßig verteilt. Während Marktführer Commonwealth Bank of Australia (CBA) um 29 % in den Keller sackte und Verfolger National Australia Bank (NAB) um 20 % nachgab, musste die Australia and New Zealand Bank (ANZ) “nur” einen Verlust von 18 % hinnehmen. Die Westpac Banking Corporation blieb mit einem Minus von 15 % als einziges der vier großen Kreditinstitute sogar knapp unter dem durchschnittlichen Verlust des Börsenindex S & P ASX 200, der 15,5 % abgab. Wenn man berücksichtigt, dass die australischen Banken von der Krise auf dem amerikanischen Subprime-Markt kaum betroffen sind, scheinen die Abschläge auf den ersten Blick erstaunlich hoch. Dass die ANZ jedoch vor kurzem die Risikorückstellungen für den Markt überraschend um 72 % auf 975 Mill. austr. Dollar in die Höhe geschraubt hat, kam als Schock für die Anleger. Noch blüht zwar die australische Wirtschaft, die drastischen Zinserhöhungen durch die Zentralbank (acht Erhöhungen um je 0,25 % in den vergangenen drei Jahren) zeigen aber Wirkung. Derzeit sind die Leitzinsen mit 7,25 % auf dem höchsten Stand seit 13 Jahren. Vor allem der Durchschnittsbürger dürfte die Anstiege deutlich im Portemonnaie spüren, denn hohe persönliche Schulden gelten auf dem fünften Kontinent als normal. Da die Immobilienpreise sich in den vergangenen Jahren mehr als verdoppelt haben, sind viele Familien extrem hoch verschuldet und haben schon jetzt Mühe, die monatlichen Raten zu bezahlen. Sollte auf dem Immobilienmarkt, der im Verhältnis zum Einkommen zu den teuersten der Welt gehört, eine kräftige Korrektur stattfinden, wie von einigen Experten vorhergesagt, werden ähnliche Probleme wie in den USA auftreten, die auch die Banken betreffen würden. Schon in den vergangenen Wochen haben diese ganz im Gegensatz zu sonst üblicher Praxis die Hypothekenzinsen stärker als die Zentralbank ihre Zinssätze erhöht, um die gestiegenen Kreditkosten wieder hereinzuholen. Einziger positiver Aspekt für die großen Banken in der derzeitigen Kreditkrise ist die Tatsache, dass einige auf Hypotheken spezialisierte Finanzunternehmen unter Druck geraten sind, weil ihre Kreditkosten deutlich höher sind als die der Banken. Schon jetzt zeigt sich, dass die Banken, die während des Immobilienbooms der vergangenen Jahre Marktanteile an die spezialisierte Konkurrenz verloren hatten, diese graduell zurückgewinnen, nicht zuletzt weil Kunden den Konkurrenten nicht mehr vertrauen. Kritik an ZentralbankFraglich bleibt vor allem, ob die Wirtschaft, die derzeit immer noch mit Zuwachsraten von 3 bis 4 % kräftig unter Dampf steht, vom Nachlassen der Weltkonjunktur erfasst wird. Kritiker werfen den Zentralbankern bereits vor, die Zinsbremse zu stark angezogen zu haben und möglicherweise eine Rezession zu provozieren. Mehrere hoch verschuldete Unternehmen sind bereits pleite oder in Schieflage geraten. Schon jetzt aber ist ein Nachlassen der Neukreditaufnahme zu beobachten. Im Februar stieg die Kreditzunahme lediglich um 0,7 % im Vergleich zu 1,2 % monatlich in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres, die Business-Kredite sanken gar um 0,5 % ab.Kaum eine Hoffnung bietet sich auf mögliche Merger im Bankbereich. Auch die seit November amtierende Labor-Regierung hält wie ihre konservative Vorgängerin an der “Vier-Säulen-Politik” im Banksektor eisern fest. Seit Jahren argumentieren die australischen Banker, nur wenn es auch für die vier Großen möglich sei, zu fusionieren, habe man auf dem globalen Markt eine Chance. So wird es denn wohl auch zumindest mittelfristig bei den vier, CBA, NAB, ANZ und Westpac, bleiben, die auch nach den drastischen Einbußen ihrer Aktien immerhin noch eine gemeinsame Marktkapitalisierung von mehr als 170 Mrd. austr. Dollar aufweisen. Wo die Reise hingeht, wird in den nächsten Wochen etwas klarer werden. Bis zum 9. Mai berichten die großen Banken außer der CBA, die bereits im März eine sehr enttäuschende Bilanz vorgelegt hatte, vor allem was den Ausblick angeht.Greg Canavan, Broker bei Fat Profits, sagt schlichtweg: “Es gibt ein besseres Zuhause für Aktien als die Banken. Die große Frage heißt, inwieweit sind die Verluste durch faule Kredite schon eingepreist worden?” Dagegen rät Thomas Murphy von der Deutschen Bank zum Kauf. Er spricht aber auch davon, dass diese Käufe nur in einem mittelfristigen Portfolio (drei bis fünf Jahre) Platz haben. Auch George Boubouras von UBS bleibt den Großbanken gewogen, weil sie ihren Marktanteil ausbauen würden und ihre Preise am Markt durchsetzen könnten.