Fidelity-Flaggschiff soll auf Kurs bleiben
Von Stefanie Schulte, Frankfurt Mehr als 20 Mrd. Euro Volumen in einem einzigen Aktienfonds zu managen, das klingt nach einer sportlichen Aufgabe. Aber Alexander Scurlock, der ab Januar den “Fidelity European Growth Fund” verantwortet, den größten Aktienfonds in Europa, gibt sich gelassen: Das Aktienuniversum des Fonds repräsentiere ein Marktvolumen von 8,5 Bill. Dollar. Probleme, das Portfolio bei Bedarf schnell zu drehen, sieht Scurlock daher – anders als Kritiker des Fonds – nicht. Problematisch seien allenfalls die hohen Mittelzuflüsse von zeitweise 1 Mrd. Euro pro Monat in den vergangenen Jahren, sagte Scurlock der Börsen-Zeitung. In den vergangenen zwölf Monaten hatte der Fonds, der jahrelang durch überdurchschnittliche Ergebnisse aufgefallen war, 16,2 % Rendite erwirtschaftet, 1,5 Prozentpunkte weniger als der Vergleichsindex. Nicht zuletzt wohl deswegen haben deutsche Anleger von Januar bis September 1,2 Mrd. Euro aus dem Fidelity-Flaggschiff abgezogen (vgl. BZ vom 24. November).An der Anlagestrategie seines Vorgängers Graham Clapp, der den Fonds seit Januar 2003 betreut und überraschend eine Karrierepause angekündigt hatte, will Scurlock dennoch nichts Grundlegendes ändern. Clapp sei ein “brillanter Stockpicker”, und auch ihm komme es auf die Einzelaktienauswahl an, so der 40-Jährige. Er managt seit 1998 den mit knapp 1 Mrd. Euro vergleichsweise leichten “Euro Blue Chip Fund” sowie diverse andere Portfolien. Bei der Aktienauswahl analysiere er besonders auch Kunden, Zulieferer sowie potenzielle Konkurrenten, so Scurlock. Geholfen habe ihm dies etwa bei seinem 2002 getätigten Investment in die Pharmafirma Merck, die auch Flüssigkeitskristalle herstellt und daher stark vom jüngsten Flachbildschirm-Boom profitiert habe. Durch Gespräche mit Fernsehgeräte-Herstellern und Händlern habe man diesen Trend früh erkannt. Schwenk zu StandardwertenBeim “European Growth” will Scurlock verstärkt in Standardwerte investieren. Sein Vorgänger habe ursprünglich stark auf Nebenwerte gesetzt, die als wenig liquide gelten, was Kritiker bemängelt hatten. Da sich kleine Werte aber überdurchschnittlich gut entwickelt hätten, sei Clapp zuletzt bereits auf größere Titel umgestiegen, so Scurlock. Der gebürtige Brite Scurlock arbeitete nach seinem Studium in Oxford zunächst vier Jahre lang als Unternehmensberater und absolvierte an der Schweizer Hochschule IMD ein MBA-Studium. 1994 stieg er als Research Analyst bei Fidelity in London ein. Das Management des Fidelity-Flaggschiffs ist die bisherige Krönung seiner Laufbahn. Er empfinde dies als Ehre, sagt Scurlock. Gewöhnen müsse er sich jedoch daran, nun stärker im Rampenlicht zu stehen. Beobachter werden sich sehr dafür interessieren, ob Scurlock die aktuellen Zweifel am “European Growth” zerstreuen kann.