Immobilien

Gerling erwägt Verkauf des Wohnungsbestands

Versicherer verfügt über 6 100 Einheiten im Wert von 470 Mill. Euro - Gespräch mit Gerling-Leben-Vorstandsmitglied Botermann

Gerling erwägt Verkauf des Wohnungsbestands

Von Christoph Ruhkamp, Düsseldorf Der Kölner Versicherer Gerling erwägt einen Verkauf seiner Wohnungsbestände. “Angesichts der hohen Nachfrage durch Finanzinvestoren denken wir über eine Veräußerung im kommenden Jahr nach”, sagte Walter Botermann, Vorstandsmitglied der Gerling-Konzern Lebensversicherungs-AG, der Börsen-Zeitung. Entschieden sei dies allerdings noch nicht. Die rund 6 100 Wohnungen sind mit etwa 470 Mill. Euro bewertet, so Botermann.Rein rechnerisch wäre damit der Wert je Einzelwohnung deutlich höher als bei vergleichbaren Transaktionen in diesem Jahr. So hatte etwa Cerberus zuletzt für die gewerkschaftseigene Baubecon mit ihren 20 000 Wohnungen rund 1 Mrd. Euro bezahlt. Allerdings liegen die Gerling-Wohnungen zu einem großen Teil in besten Lagen und sind teilweise dem hochpreisigen Premium-Segment des Marktes zuzurechnen. Die gewöhnlich gezahlten Durchschnittspreise seien deshalb in diesem Falle nicht der richtige Maßstab, erläutert Botermann. Mit einem Anteil von 30 % kommt den Wohnungen im Gerling-Immobilienportfolio ein ungewöhnlich hohes Gewicht zu. Das gesamte Immobilienvermögen des Versicherers beträgt rund 1,8 Mrd. Euro, was einem Anteil von knapp 10 % an den gesamten Kapitalanlagen entspricht.Eine Ausweitung der Immobilienquote über dieses im Branchenvergleich sehr hohe – und gegen den Trend ausgebaute – Niveau hinaus ist allerdings nicht geplant. In den kommenden Jahren werde die Quote bei insgesamt wachsenden Kapitalanlagen zwar weiterhin mindestens 6 % betragen, aber 10 % nicht übersteigen, so Botermann. Kontinuierlich steigen soll dagegen der Auslandsanteil der Immobilien, der seit 2002 bereits auf 10 % ausgeweitet wurde. Zukünftige Auslandsinvestments werden über Spezialfonds und Private-Equity-Vehikel getätigt, die derzeit jeweils 10 % des Immobilienvolumens ausmachen. Gerling nimmt dabei die Dienste international tätiger Anbieter in Anspruch.Das Gerling-Immobilienportfolio ist seit 1999 Teilnehmer des Benchmarking der Deutschen Immobiliendatenbank (Dix). Bei der Berechnung der Gesamtperformance kamen die Kölner nach Angaben Botermanns in den vergangenen Jahren immer auf einen der ersten zehn Plätze unter den insgesamt 35 berücksichtigten Unternehmen. Innerhalb der Assekuranz falle die Platzierung noch besser aus. Die Verkehrswertverzinsung des Portfolios lag regelmäßig bei etwa 5 %. Botermann führt dies unter anderem auf die gute Streuung der Bestände innerhalb Deutschlands und auf die Untergewichtung der unter hohen Büro-Leerständen leidenden Stadt Frankfurt zurück.Rund 80 % der Gerling-Immobilien entfallen derzeit noch auf direkte Anlagen, obwohl deren Verwaltung einen im Vergleich zu Aktien- oder Renteninvestments hohen Aufwand verursacht. Rund 20 % sind dabei selbstgenutzte Gebäude. Anders als bei Industrieunternehmen sei jedoch ein Verkauf dieser Objekte und eine anschließende Rückanmietung (Sale & Lease Back) nicht sinnvoll. “Versicherer können nicht so einfach ihre in Immobilien gebundenen Reserven heben. Der Gewinn aus solchen Verkäufen würde ohnehin zu 90 % den Kunden gehören. Nur 10 % könnten in das Kerngeschäft fließen”, sagt Botermann. Betreut wird das Immobilienvermögen von 40 Beschäftigten. Diese übernehmen das Portfolio- und das Property-Management, also die kaufmännische Verwaltung. Die laufende technische Betreuung (Facility Management) wird an externe Anbieter vergeben. Bei den Nutzungsarten dominieren neben dem Wohnungsanteil vor allem Bürogebäude (60 %) und Einzelhandelsobjekte (10 %).Das verstärkte Auftreten von Finanzinvestoren am deutschen Markt beobachtet der Manager mit gemischten Gefühlen. Einerseits werde die Vermögensklasse dadurch erfreulicherweise fungibler und liquider. “Andererseits dürfte die Volatilität der Wertentwicklung in den kommenden Jahren zunehmen”, sagt Botermann.