RECHT UND KAPITALMARKT - KANZLEIEN IM GESPRÄCH - IM GESPRÄCH: DANIELA FAVOCCIA, MATTHIAS HENTZEN

Hengeler Mueller mag die komplexen Mandate

International aus Deutschland heraus: Traditionssozietät bleibt ihrer Linie treu - Top-Beratung zu Spitzensätzen

Hengeler Mueller mag die komplexen Mandate

Von Walther Becker, FrankfurtHengeler Mueller hat zwar Managing Partner, doch Daniela Favoccia (48) und Matthias Hentzen (51) vermerken das nicht mal auf ihrer Karte. Mit einer Frau an der Spitze ist die Traditionskanzlei Vorreiter unter den großen Rechtsberatern. “Spitze” heißt bei Hengeler aber nicht eine Position à la CEO, sondern bedeutet schlicht geschäftsführendes Mitglied des Verwaltungsausschusses.Hengeler Mueller legt großen Wert darauf, dass “jeder Partner in den Sozietätsbelangen mitarbeitet und auch dort Verantwortung übernimmt”, betont Favoccia. “Wir setzen auf ein Konzept der unternehmerischen Selbstbestimmung”, ergänzt sie. Mit dem breit verankerten unternehmerischen Ansatz ohne Hierarchien fährt Hengeler Mueller gut – auch in der allgemeinen Finanzkrise, durch die man im Gegensatz zu vielen Wettbewerbern ohne Abbau von Personal oder gar Partnern gekommen ist. Und es ließen sich so die Kapazitäten in der Beratung flexibel je nach Marktlage nutzen. Und zwar ohne dass dies aus London gesteuert würde.Weder gab oder gibt es Fusionen, die interne Integrationsprozesse nach sich ziehen und den Fokus weg von der Mandatsarbeit lenken würden, noch hat je ein Partner der Sozietät den Rücken zugewendet, um bei einem Wettbewerber anzuheuern. Das Verhältnis von Sozien zu angestellten Anwälten ist mit etwa eins zu zwei so gestrickt, dass einerseits die Associates nahe an Mandaten dran sind, andererseits Mandanten in engem Dialog mit den Partnern selbst stehen. Dass die Beratung durch Hengeler Mueller daher von erster Qualität ist – die auch ihren Preis hat -, wissen Unternehmen, die auf eine Beratung setzen. Vielfach sehen sie in der Beauftragung von Hengeler Mueller oder des Erzrivalen Freshfields eine Art Absicherung gegenüber ihren Kontrollgremien: Wer die Top-Häuser ins Haus holt, dem kann später niemand vorwerfen, er habe auf nicht hinreichend erfahrene Berater gesetzt. High-End-Beratung”Unser Fokus liegt auf der High-End-Beratung von Unternehmen in komplexen wirtschaftsrechtlichen Mandaten”, sagt Hentzen. “Jede komplexe Transaktion braucht die Vielfalt, um die beste Lösung zu finden”, ergänzt Favoccia. Als Beispiel nennt sie den Verkauf der ThyssenKrupp-Edelstahlsparte an die finnische Outokumpu für 2,7 Mrd. Euro. Hier ging es “triple track” zu: Es wurden der Börsengang, eine Abspaltung und ein Verkauf verfolgt. Hengeler hatte alle Varianten betreut, auch die, die dann in M & A mündeten. “Gerade hier zeigt sich, dass Unternehmen in unsicheren Zeiten Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, weil parallel unterschiedliche Optionen erarbeitet werden”, weiß Hentzen. Zu den Mandanten gehörten 22 der 30 im Dax, 31 der im Euro Stoxx 50 und 14 der 30 im Dow Jones enthaltenen Unternehmen, aber auch Private Equity und Finanzdienstleister fast aller Couleur. Mit besten Freunden”Wir sind eine deutsche Sozietät mit internationaler Ausrichtung”, betonen die Managing Partner. Neben eigenen Büros in Brüssel und London “arbeiten wir mit führenden lokalen Sozietäten zusammen, unseren Best Friends”. Als Beispiel nennt Hentzen die Übernahme von Tognum durch Daimler und Rolls-Royce. Hengeler Mueller koordinierte für die Briten die “besten Freunde” Bonelli Erede Pappalardo (Italien), Uría Menéndez (Spanien) und De Brauw Blackstone Westbroek (Niederlande). “Das ist eine Selbstverständlichkeit für uns und funktioniert exzellent.” Zwischen befreundeten Kanzleien ließen sich die besten auswählen und die Erwartungshaltungen einfacher und im Interesse der Mandanten letztlich kompromissloser formulieren. “Eine Transaktion in 50 Ländern zu koordinieren stellt für uns kein Problem dar”, sagt Hentzen. Diese Art der Internationalität und das “partnerschaftliche Verhältnis” seien wichtige Faktoren in der Nachwuchsgewinnung, um die Besten der jeweiligen Jahrgänge zu gewinnen. Und es sei für Mandanten am effizientesten.Auch wenn die Deals nicht im Scheinwerferlicht stehen: Man arbeite viel für Mittelständler und Familienunternehmen. Bei Letzteren, aber auch Unternehmerfamilien, “gehören wir zu den Marktführern und haben sehr viel Erfahrung bei gesellschaftsrechtlichen Neustrukturierungen, Steuerfragen, Nachfolgegestaltungen, aber auch Gesellschafterstreitigkeiten”, so Hentzen.Geht der Trend in Outsourcing der Rechtsabteilungen oder stärkerer Inhouse-Orientierung? Favoccia verweist auf die zunehmende Zahl von Juristen in Vorständen und geht davon aus, dass die Rechtsabteilungen stärker in die Beratung eingebunden werden und mit Juristen von außen zusammenarbeiten. “Generell ist es wichtig, dass Unternehmen Anwälte als Sparringspartner nutzen und früh auch in Strategiefragen einbeziehen”, betont sie.——In Kürze- Hengeler Mueller ist mit Büros in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, München, Brüssel und London präsent.- In der Sozietät sind gut 250 Anwälte, davon 90 Partner tätig.- Hengeler Mueller entstand 1990 als Zusammenschluss der Düsseldorfer Kanzlei Hengeler Kurth Wirtz und der Frankfurter Mueller Weitzel Weisner. Das Düsseldorfer Büro hat eine mehr als einhundertjährige Tradition in der Rechtsberatung. Der Ursprung in Frankfurt geht auf 1947 zurück.——