Kapitalanlage

Hohe Erwartungen in Mailand

Nach einem enttäuschenden Jahr wird vor allem mit Kurssteigerungen bei Bankentiteln gerechnet

Hohe Erwartungen in Mailand

Von Giovanni Binetti, Mailand Für die Besitzer italienischer Aktien war das zu Ende gehende Jahr enttäuschend. Nach einem Aufwärtstrend bis in den Mai hinein begannen die Kurse zu bröckeln. Unterm Strich stehen mittlerweile zum Teil kräftige Verluste. 2008 solle aber besser werden, sagen viele Börsianer. Einerseits spiegelt sich darin die Entwicklung der internationalen Finanzmärkte wider. Andererseits wurden Investoren, die ihr Portfolio dem Leitindex der Mailänder Börse S & P/MIB nachbilden, besonders belastet. In diesem haben Finanzwerte nämlich ein sehr hohes Gewicht. Zwölf der 40 darin aufgenommenen Titel sind Aktien von Banken oder Versicherungen.Doch ausgerechnet für die Aktien dieser Branchen war das zurückliegende ein besonders negatives Jahr. Die Krise der zweitklassigen US-Hypothekendarlehen (Subprime Mortgages) und darauf folgende Liquiditätsengpässe machten und machen den Banken weltweit zu schaffen. S & P/MIB schwächeltDer Abwärtstrend der internationalen Bankentitel erfasste dementsprechend auch die italienischen Aktien. Zudem hatten diese in den vergangenen Jahren angesichts der Konsolidierung der einheimischen Bankenlandschaft im Verhältnis deutlich zugelegt. So kam es, dass der S & P/MIB seit Ende 2006 um gut 8 % nachgab. Zum Vergleich: Der Dax liegt knapp 21 % im Plus. Gegenüber dem Jahreshoch von 44 364 Zählern am 18. Mai büßte der italienische Index sogar fast 16 % ein. Die Erwartungen für den Handel an der Mailänder Börse haben sich aber mittlerweile etwas aufgehellt. Mehrere Umfragen unter Händlern zeigen, dass die meisten in der ersten Hälfte 2008 wieder mit steigenden Notierungen rechnen. Die Stimmung in Mailand ist somit – den Umfragen zufolge – besser als an anderen europäischen Börsenplätzen.Zwar zeigten sich die Märkte zuletzt überall sehr schwankungsanfällig, aber die Aktien an der Borsa Italiana gelten vielen mittlerweile als unterbewertet und damit als günstige Einstiegsgelegenheit. Das zuletzt belastende Übergewicht der Finanztitel soll nun zum Aufschwung beitragen. Zu den Favoriten der Analysten zählen derzeit die Titel von Italiens nach Marktwert größter Bank Unicredit. Deren Aktie hat seit Jahresbeginn fast 11 % und seit ihrem Jahreshoch im April 27 % verloren. Mit einem Kurs von weniger als 5,60 Euro ist sie derzeit deutlich entfernt von dem Kursziel von 7,30 Euro, welches die Société Générale ausgegeben hat. Die Analysten von JPMorgan haben für Unicredit sogar ein Kursziel von 8,00 Euro. Nach ihrer Einschätzung sind die Aktien im europäischen Vergleich günstig.Auch andere Bankentitel werden zurzeit zum Kauf empfohlen. Für kurzfristig orientierte Anleger finden sich darunter die Anteilscheine von Intesa Sanpaolo und des Banco Popolare. Bei den Papieren der Banca Popolare di Milano (BPM) wird hingegen zu mehr Vorsicht geraten. Zwar bescheinigen Experten auch ihnen noch ein Aufwärtspotenzial. Vieles wird aber darauf ankommen, ob und mit wem sich die Mailänder Volksbank letztendlich zusammentut. Der Kurs enthält bereits eine Fusionsprämie. Sollte die BPM sich gegen eine Fusion entscheiden – und sie hat bereits bewiesen, ein schwieriger Verhandlungspartner zu sein -, drohen durchaus auch Kursverluste. Weniger empfohlen werden derzeit die Titel des Monte dei Paschi di Siena (MPS). Das traditionsreiche Institut übernimmt derzeit die Banca Antonveneta für 9 Mrd. Euro von der spanischen Banco Santander. Angesichts einer eigenen Marktkapitalisierung von wenig mehr als 9 Mrd. Euro ist das ein gewaltiger Brocken. MPS will rund die Hälfte der Übernahme über Eigenkapital finanzieren. Möglicher Gewinner Fastweb Auch jenseits des Bankensektors bietet der italienische Markt einige Gelegenheiten. Telecom Italia etwa könnte von einem möglichen Teilverkauf ihrer Festnetz-Infrastruktur profitieren. Die italienische Aufsichtsbehörde für die Telekommunikationsbranche, AGCOM, fordert zumindest, das Festnetz in eine separate Gesellschaft einzubringen und Konkurrenten dieselben Bedingungen für den Zugang einzuräumen. Dies könnte sich zwar negativ auf die Einnahmen auswirken, andererseits würde ein Teilverkauf des Netzes aber Geld einbringen, mit dem ein Zukauf im Ausland finanziert werden könnte. In der Telekombranche werden auch die Aktien von Fastweb als mögliche Gewinner des kommenden Jahres gesehen. Ein Abkommen mit dem Mobilfunkanbieter 3 Italia ermöglicht es dem Breitband-Anbieter, kombinierte Festnetz-Mobilfunk-Angebote anzubieten.Unter den Industriewerten bleibt Fiat einer der Favoriten. Der Titel hat in diesem Jahr bereits gut ein Fünftel an Wert hinzugewonnen und war damit einer der wenigen Gewinner im S & P/MIB. Weitere Kurszuwächse werden aber gemeinhin erwartet. Die Analysten von Goldman Sachs betrachten den Titel weiterhin als unterbewertet und sehen einen fairen Wert von 30 Euro. Chancen im Energiesektor Im Energiesektor wird dem Börsenschwergewicht Eni noch ein geringes Aufwärtspotenzial nachgesagt. Vom neuen Geschäftsplan des Konzerns, der im Februar präsentiert werden soll, erwarten sich manche Analysten, dass dieser Anlass für Aufwärtsrevisionen ihrer derzeitigen Prognosen geben könnte.Bei Enel ist das Bild hingegen gespalten. Einige Experten mahnen Zurückhaltung an. Andere sehen hingegen in den Synergien durch den Zukauf der spanischen Endesa noch hohes Potenzial. Enel selbst hat die Synergien für sich auf rund 100 Mill. Euro beziffert. Die Italiener besitzen zwei Drittel von Endesa.