Asset Management - Gespräch mit Vorstandsmitglied Andreas Wölfer

HVB attackiert Sparkassen im Private Banking

Geschäft der Unicredit-Tochter mit Vermögenden soll stärker wachsen als der Markt - Handlungsbedarf bei der Kundenzufriedenheit

HVB attackiert Sparkassen im Private Banking

Von Stefan Kroneck, München Im hart umkämpften Geschäft mit vermögenden Privatkunden hat die HypoVereinsbank (HVB) zur Attacke gegen die Sparkassen angesetzt. “Wir sind sicher, mit unserem Regionalkonzept und den Investitionen in der Fläche die Sparkassen in diesem Feld ernsthaft anzugreifen und Kunden abzuwerben”, sagte der für den HVB-Bereich Wealth Management zuständige Vorstand Andreas Wölfer der Börsen-Zeitung. Mit einer aggressiven Expansionsstrategie versucht die Münchener Unicredit -Tochter, der Konkurrenz Marktanteile im lukrativen Geschäft mit den Wohlhabenden abzujagen und zuvor verloren gegangenes Terrain zurückzugewinnen. Im vorigen Jahr baute die HVB die Zahl ihrer Standorte im Segment der gehobenen Privatkunden (“Wealth Management”) bundesweit von 13 auf 43 aus, aber auch Wettbewerber wie die Commerzbank und die zur Allianz gehörende Dresdner Bank zogen mit einem ausgeweiteten Filialnetz in diesem Kundenbereich nach. “Mittelfristig wollen wir die Zahl unserer Standorte auf 50 erhöhen. Mit dieser Anzahl sind wir besser als alle anderen Wettbewerber positioniert”, gab sich Wölfer dennoch überzeugt. Regionaler Schwachpunkt sei aber noch Nordrhein-Westfalen. “Dort wollen wir künftig präsenter sein. Derzeit eröffnen wir gerade Filialen in Münster und Essen.” Er begründete das HVB-Konzept, stärker in die Fläche zu gehen und das Filialnetz zu verdichten, damit, eine bessere Nähe zum Kunden zu erreichen. “Der vermögende Unternehmer in Bayreuth will vor Ort betreut werden. Der fährt deswegen nicht extra nach Nürnberg, und nach Frankfurt schon gar nicht.” Schwächen im Cross SellingChancen, das Wachstum weiter voranzutreiben, rechnet sich der Vorstand auch über den Ausbau des Cross Selling mit dem Firmenkundengeschäft aus, wo er den Sparkassen klare Effizienzvorteile bescheinigt. “Wir haben einen sehr starken Gleichschritt mit dem Firmenkundengeschäft, weil dadurch Cross Selling realisiert wird. Allerdings sind wir hierbei ausbaufähig. Wir haben festgestellt, dass wir nur bei 20 % unserer Firmenkunden auch Kontakt über Private Banking haben. Bei den Sparkassen liegt diese Quote bei mehr als 50 %. Daraus ergibt sich für uns ein riesiges internes Wachstumspotenzial.” Generell ist Wölfer aber sicher, dass die derzeit gute Konjunktur seinem Geschäftsfeld in die Hände spielt und sich seinem Bereich mehr Entwicklungsspielraum bietet als dem Mutterkonzern in Italien. “Der deutsche Markt für Private Banking ist noch höher entwickelt als der italienische. Das liegt vor allem am starken Wettbewerb hierzulande. Zudem ist Deutschland aufgrund der hohen Bevölkerungszahl der größte Markt für Private Banking in Europa, der auch am stärksten wächst. Der Anteil der vermögenden Privatkundschaft an der Gesamtbevölkerung ist größer als anderswo in Europa.” Expertenschätzungen zufolge liegt der Anteil gut situierter Haushalte, also mit einem liquiden Vermögen von mehr als 250 000 Euro, in Städten wie München, Frankfurt, Hamburg und Stuttgart bei jeweils über 5 %. “Das Geldvermögen in Deutschland wächst wieder sehr stark, wovon auch das HVB- Wealth-Management profitiert.” Seinen Worten zufolge hat der Bereich in diesem Jahr bisher 1 000 Neukunden hinzugewonnen, die insgesamt rund 1 Mrd. Euro netto an Assets under Management der Bank einbrachten. Derzeit verfüge das Geschäftsfeld über circa 38 000 Kunden, die von rund 500 Mitarbeitern betreut würden. Mit einem verwalteten Vermögen von 33 Mrd. Euro zählt sich die HVB im Wealth Management hierzulande zu den führenden Anbietern. “In Bezug auf das verwaltete Vermögen liegt unser Marktanteil in Deutschland bei circa 5 % bis 6 %”, sagte Wölfer, der sich ehrgeizige Expansionsziele gesetzt hat. “In diesem Jahr und in den nachfolgenden Jahren wollen wir im Schnitt um 10 % bei den Assets under Management wachsen. Das ist über dem Marktdurchschnitt von 6 % bis 8 %.” Bekenntnis zur DAB Bank Für ihn ist das Geschäft mit Kunden, die über ein liquides Anlagevermögen von über 500 000 Euro verfügen, in Bezug auf die Profitabilität “hochinteressant”. Für dieses Kundensegment hat die HVB die eigens dafür vorgesehene Einheit Family Office vor drei Jahren eingerichtet. “Die HVB betreut im Family Office circa 280 Familienverbünde mit einem Vermögen von rund 7 Mrd. Euro. Das durchschnittliche liquide Vermögen unserer Kunden liegt bei über 1 Mill. Euro.” Bei der Betreuung der Kunden verfolgt Wölfers Einheit seinen Worten zufolge einen “ganzheitlichen” Ansatz – soll heißen, dass zum Beispiel der Unternehmer von der Münchener Unicredit-Tochter sowohl auf der Firmen- als auch auf der Privatseite betreut wird. “Viele große Vermögensverwalter zielen im Gegensatz dazu nur auf das Asset Management ab, also auf Vermögensanlagen”, kritisiert er. Im Gegensatz dazu sei sein Bereich ein “generalistischer Geschäftszweig” für Kunden mit “komplexen” Anforderungen. Bei dieser Geschäftsausrichtung ist für ihn die HVB-Direktbanktochter DAB Bank, an der die Mutter 76,4 % hält, “integraler Bestandteil” des Bereichs Wealth Management und der Strategie der Unicredit-Gruppe. “Mit den Unicredit-Einheiten stellen wir derzeit Überlegungen zu einem paneuropäischen Vertriebsmodell im Online Banking an. Wir wollen mit einer verstärkten Zusammenarbeit im Vertrieb in Europa Ertragssynergien heben.” Im Gegensatz zur HVB, die von der Unicredit nach dem Herausdrängen der restlichen Aktionäre via Abfindungsangebot (Squeeze-out-Verfahren) von der Börse genommen werden soll, gibt es laut Wölfer bei der DAB Bank derzeit keine derartigen Pläne. “Ich bin sehr zufrieden mit der operativen Entwicklung der DAB Bank.” Zurückhaltung bei Zukäufen Beim Thema Wachstum über Zukäufe hält sich Wölfer zurück. “Aus unserer Sicht gibt es derzeit für uns keine geeigneten Zielobjekte.” Zwar räumte er ein, sich bei Gelegenheiten potenzielle Übernahmekandidaten genauer anzusehen, allerdings seien die Preise in diesem “hocheffizienten” Marktsegment sehr hoch. “Die Multiples liegen mittlerweile in der Spitze bei 4 % des Wertes der Assets under Management.” Zugleich passe derzeit eine Akquisition nicht in das Ein-Marken-Konzept der HVB. “Ich halte nichts von einer Satellitenstrategie in Deutschland, wonach man mehrere kleinere Banken unter einem Divisionsdach hält mit dem gleichen Auftrag in demselben Markt.” Letzteres verfolgte die HVB damals, gab aber diese Strategie auf und verkaufte Anfang 2004 die Privatbank BethmannMaffei an ABN Amro. “Bei einer Übernahme einer Privatbank läuft man Gefahr, dass Mitarbeiter abwandern und damit auch Kunden und Assets. Was dann übrig bleibt, ist nicht mehr so viel. Deswegen ist es ein sehr schwieriges Unterfangen, eine gute regionale, integrierfähige Adresse zu finden, die noch Mehrwert nach einer Übernahme schafft. Zukäufe in unserem Segment muss man sich deshalb sehr gut überlegen.”Der Bereich Wealth Management (WEM) der HVB gehört zu den profitabelsten Geschäftsfeldern der Bank. Im ersten Halbjahr stieg das Vorsteuerergebnis um 4,5 % auf 93 Mill. Euro (bereinigt um die ausgegliederten Asset-Management-Aktivitäten Activest und Nordinvest). Für dieses Jahr peilt die WEM Subgroup eine Eigenkapitalrendite (nach Steuern) von 47 % nach zuvor 41 % an. “Wir haben 2006 in der HVB WEM Subgroup 152 Mill. Euro im Ergebnis vor Steuern erzielt und werden dieses Ergebnis dieses Jahr deutlich übertreffen.” Die in der Studie von Ernst & Young anlässlich des Squeeze-out-Verfahrens bei der HVB veröffentlichten Ertragsziele bezeichnete Wölfer als “ambitioniert”. Er ist aber “zuversichtlich”, diese zu erreichen. Der Studie zufolge soll das operative Ergebnis des Bereichs von 188 Mill. (2006) auf bis zu 248 Mill. Euro im Jahr 2009 zulegen. Angekratztes Marken-ImageTrotz der guten Fortschritte kämpft Wölfer bei seinem ehrgeizigen Expansionskonzept immer noch mit den Schatten der HVB-Vergangenheit. “Eine unserer großen Schwächen ist unser Marken-Standing, das in den Jahren zuvor in Mitleidenschaft gezogen wurde. Das hat bei unserer Kundenklientel zu einem Vertrauensverlust geführt. Wir haben in der jüngsten Vergangenheit stark in unsere Mitarbeiterbindung investiert, um eine langfristige Zusammenarbeit zu stärken. Auch unsere Kunden vertrauen wieder zunehmend in die Marke HVB. Dennoch besteht bei der Kundenzufriedenheit noch Handlungsbedarf.” So liege der HVB-Bereich WEM bei einem marktgängigen Index, der die Kundenzufriedenheit messe, derzeit bei 73 von insgesamt 100 erreichbaren Punkten. “Sehr gut sind alle Ergebnisse, die über 80 Punkten liegen. Das wird für uns ein Langstreckenlauf, um dort hinzukommen. Ich glaube aber, dass wir in drei Jahren so weit sind, diese Punktzahl zu erreichen.” Berater “knappes Gut” Als weitere Schwierigkeit stuft Wölfer die knappen Beraterressourcen im Markt ein, was die Gehälter in die Höhe treibt. “Gut ausgebildete Spitzenberater im Private Banking sind ein durchaus knappes Gut. Das ist ein Engpassfaktor, mit dem wir zu kämpfen haben.” Er räumte ein, dass der frühere Personalabbau bei der HVB zu einem “Aderlass” im Private Banking geführt habe. Diese Zeit sei aber nun vorbei. So rekrutiere der Bereich Personal über Traineeprogramme für Hochschulabsolventen und aus den anderen HVB-Bereichen. Die Bank wirbt aber auch gezielt Leute im Markt ab, um Spitzenberater zu bekommen. Wölfer geht aber vorsichtig vor: “Bei Abwerbungsstrategien überschätzen einige Banken die Loyalität der Kunden zum abgeworbenen Betreuer. Oftmals decken sich die geschäftlichen Erwartungen nicht mehr mit den Gehaltssprüngen des Betreuers.”