Institutionelle entdecken Währungen als Assetklasse
Von Bernd Neubacher, New York Auf der Suche nach einer Diversifikation ihrer Erträge haben institutionelle Anleger schon einiges unternommen. Statt nur in Aktien, Anleihen, Edelmetalle und Immobilien investierten sie in zunehmend exotischere Assetklassen und trugen damit zum Boom von Rohstoffen, Private Equity und Hedgefonds bei. Die Erträge mögen bisher stimmen, die Diversifikation lässt gleichwohl zu wünschen übrig. So korreliert der durchschnittliche Hedgefonds laut Merrill Lynch zu gut 0,7 mit dem S & P 500. Das Debakel von Amaranth hat in den vergangenen Tagen die Hedgefonds-Branche und den Energiemarkt erschüttert, und wann die fremdkapitalintensive Private-Equity-Branche einen Abschwung erlebt, kann angesichts steigender Zinsen nur eine Frage der Zeit sein. In dieser Situation rückt ein Geschäft in den Fokus, mit dem die große Mehrheit der Anleger bislang nichts zu tun haben wollte: der Handel mit Devisen. Jenseits des OverlaySchrieben Anleger bisher Mandate für das Management von Devisen aus, so ging es in der Regel allein darum, Wechselkursrisiken infolge von Investitionen in Assets jenseits der Grenzen des eigenen Währungsraums nach Möglichkeit zu eliminieren. Das wird sich ändern, meinen die Verfechter eines aktiven Währungsmanagements. Bei Goldman Sachs etwa haben die in aktiven Devisen-Portfolios steckenden Mittel in den ersten drei Monaten dieses Jahres um ein Fünftel auf gut 60 Mrd. Dollar angezogen. Das Wachstum komme vor allem aus Europa und Asien, aber auch aus den USA und Kanada, heißt es bei der Bank.”Aktives Devisenmanagement ist die letzte Baustelle moderner Portfolio-Theorie”, meint Richard Zellmann, Sales Director und Chefökonom von First Private. Die 2003 von Citigroup abgespaltene Frankfurter Fondsgesellschaft, die knapp 3 Mrd. Euro verwaltet, hat vor wenigen Wochen einen entsprechenden Fonds aufgelegt. Zumindest aufsichtsrechtlich gibt es in Deutschland grünes Licht, denn mit der Derivateverordnung wurde im vorvergangenen Jahr die alte Vorschrift abgeschafft, wonach Derivate ausschließlich zur Absicherung von Währungsrisiken eingesetzt werden durften. Eine neue Nische tut sich aufViel älter ist diese Nische des Asset Management auch international noch nicht. Vor fünf oder sechs Jahren sei noch darüber debattiert worden, ob Währungen eine stete Quelle von Mehrrendite sein könnten, zitiert das Magazin Investment & Pensions Europe Alexander di Giorgio, Portfolio-Manager von JPMorgan. Verstärkt angeboten werden aktiv verwaltete Devisenprodukte erst seit zwei bis drei Jahren. Dabei könnten Anleger theoretisch schon seit dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems vor gut 30 Jahren das Wechselspiel der Devisenparitäten nutzen, um Rendite zu erzielen, aber auch, um sich zu diversifizieren. Kaum korreliertAls alternative Ertragsquelle haben Investitionen in Dollar, Euro, Yen und Co schwer zu leugnende Qualitäten. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Assetklassen bescheren sie Investoren in der Regel einen Wertzuwachs, wenn die Zinsen steigen. Auch muss der Anleger nicht befürchten, einer Rezession, einer Kreditklemme oder sonst einem zyklischen Abschwung zum Opfer zu fallen. Entsprechend gering ist die Korrelation zu Aktien und Bonds. Anlageparadies Zudem lockt ein attraktiver Markt. Denn die Zusammensetzung der Handelsteilnehmer auf dem Devisenmarkt müsste Anlageprofis anmuten wie das Paradies: Das Geschehen prägen die Transaktionen von Notenbanken, von Risiken absichernden Unternehmen, Tauschgeschäfte von Reisenden sowie die Kapitalströme infolge von Anlagen in andere Assetklassen. Nur ein Fünftel der Akteure macht Schätzungen zufolge Devisengeschäfte in der Absicht, Ertrag zu maximieren. Die Transaktionskosten sind gering, und mit einem täglichen Volumen von durchschnittlich knapp 2 Bill. Dollar dürfte der Devisenhandel auch an Liquidität genug hergeben. Ein Markt, ebenso tief wie ineffizient – jedem Hedgefonds-Manager, der auf sich hält, muss dies doch das Wasser in die Augen treiben. Weder Dividende noch KuponDie Kehrseite: Während Aktionäre und Gläubiger schon infolge von Dividendenausschüttungen und Kuponzahlungen aus ihrer Anlage Einnahmen verbuchen, muss der aktive Devisenmanager erst einmal den von der Teuerung verursachten Wertverlust aufholen, bevor er eine positive Performance erzielt. Das die Wechselkurse beeinflussende Ursachengeflecht macht die Portfolio-Verwaltung nicht einfacher. Dass Devisenkurse vor allem kurzfristig als notorisch unzuverlässig gelten, hat schon seinen Grund. Schließlich fließen in die Kurse nicht nur längerfristige Faktoren wie die Geldpolitik, Zinsdifferenzen, Kaufkraftparitäten, Produktivitätstrends oder Auslandsvermögen ein. Auch kurzfristige Impulse wie das Sentiment, der Risikoappetit, die Positionierung oder der Herdentrieb der Marktteilnehmer machen sich bemerkbar.Dennoch kann sich zumindest die längerfristige Wertentwicklung sehen lassen. Laut dem Anlageberater Mercer Investment Consulting, der eigenen Angaben zufolge die Performance von knapp 240 Mrd. in aktiven Devisenfonds steckenden Dollar erfasst und damit mindestens die Hälfte des Sektors abdeckt, kam das beste Viertel der Manager in den vergangenen fünf Jahren auf Renditen von jeweils gut 9 % und der durchschnittliche Vermögensverwalter noch auf beachtliche 7 % (siehe Tabelle). Von Erfolg gekrönt waren demnach vor allem die Strategie der Carry-Trades, bei der Fondsmanager Geld in Währungsräumen mit günstigen Finanzierungssätzen aufnehmen und in Regionen mit höheren Zinsen anlegen, sowie an Fundamentaldaten ausgerichtete Value-Strategien. Schlechter schnitten technisch orientierte Trendmodelle ab sowie der Ansatz, je nach impliziter Volatilität Optionen zu schreiben. First Private, die verschiedene dieser Strategien in einem strikt quantitativen Ansatz kombiniert, traut ihrem Fonds “Forex Global” Zellmann zufolge eine jährliche Rendite von bis zu 10 % nach Transaktionskosten zu bei einer erwarteten Volatilität von 4,5 %. Offiziell lautet die Vorgabe gleichwohl, 3 Punkte mehr als der Zwölf-Monats-Euribor zu erzielen. Performance lässt nachIn den vergangenen Monaten hat die durchschnittliche Performance aktiver Devisenmanager deutlich nachgelassen, was im Markt damit erklärt wird, dass sich viele Anlageverwalter wie zahlreiche Hedgefonds beim Ausverkauf von Währungen aus Schwellenländern im Frühjahr die Performance vermasselt hätten.Auf lange Sicht allerdings kann es die Performance locker mit der Wertentwicklung von Aktien und Anleihen aufnehmen, wie die Deutsche Bank ermittelt hat, die für Erträge aus Devisenanlagen eine Benchmark konstruiert und deren Entwicklung in der Vergangenheit berechnet hat (siehe Grafik). Seit 1980 ermöglichten Währungen systematische Erträge, die vergleichbar, wenn nicht besser seien als die von Aktien und Anleihen. Devisen sollten nicht mehr als alternative Assetklasse, sondern gleichwertig mit Aktien und Bonds betrachtet werden, schreibt das Institut, das global agierenden Anlegern eine Gewichtung von Währungen von 20 bis 30 % ans Herz legt.Als Performance-Motor empfehlen die Analysten Devisen vor allem den klammen Pensionsfonds, deren Unterdeckung in den USA auf 450 Mrd. Dollar beziffert wird. Momentan verteilen die Sondervermögen 81 % ihrer Mittel auf Dividendentitel und Schuldverschreibungen, 15 % sind in alternativen Anlagen investiert, 3 % in Immobilien, und 1 % ist Bares. Calstrs denkt umEiner der Fonds, die umzudenken beginnen, ist Calstrs. Beim Devisenmanagement des 142 Mrd. Dollar schweren California State Teachers’ Retirement System, Schwesterorganisation des Pensionfonds Calpers, soll zwar auch künftig der Werterhalt das oberste Gebot sein. Im Juni wurde gleichwohl beschlossen, die Verantwortung für das Devisenmanagement zunächst in der Zentrale zu konzentrieren, um sodann bis zu einem Fünftel der in Fremdwährungen angelegten Mittel bis Sommer kommenden Jahres sukzessive an aktive Verwalter auszulagern. Dabei handelt es sich um 4,5 % aller Aktiva oder gut 6 Mrd. Dollar. Cross-Hedging erlaubtBisher durften Fondsmanager Calstrs nur gegen einen steigenden Greenback absichern, um Wertverluste von Vermögenswerten in Fremdwährungen zu verhindern. Künftig ist ihnen in gewissem Umfang die Eröffnung von Short-Positionen in der US-Währung, aber auch im kanadischen Dollar, in Pfund, Euro und Yen erlaubt, um die Performance zu verbessern. Mit der Entscheidung für Komponenten, welche von einer fallenden Heimatwährung profitierten, werde dem Portfolio eine Quelle zusätzlicher Erträge erschlossen, heißt es in einer Vorlage. Auch Cross-Hedging, der Tausch von einer in eine andere Fremdwährung, wird bei Calstrs gestattet. Der Berater des Pensionsfonds geht davon aus, dass die Entscheidung für ein aktives Devisenmanagement der Gesellschaft im Laufe eines drei- bis fünfjährigen Zyklus eine Mehrrendite von 20 Basispunkten nach Gebühren bringen wird, was 60 Mill. Dollar entspräche.