Asset Management

Italiens Fondsbranche steckt tief in der Krise

Mittelabflüsse beschleunigen sich - Anleger wechseln zur Tagesgeld-Konkurrenz - Land fällt im internationalen Vergleich zurück

Italiens Fondsbranche steckt tief in der Krise

Von Giovanni Binetti, Mailand Die italienische Fondsbranche steckt angesichts zunehmender Mittelabflüsse tief in der Krise . In Italien wird schon das Bild der Lawine bemüht: Je länger die Abflüsse andauern, desto größer werden sie. Im vergangenen Jahr beliefen sich die Mittelabflüsse aus italienischen Fonds auf 60 Mrd. Euro. Der Negativtrend hat sich seitdem noch verstärkt. Schrumpfte das Volumen der in Fonds angelegten Vermögen im vierten Quartal 2007 noch um 12,4 Mrd. Euro, so beschleunigte sich der Rückgang des verwalteten Vermögens im ersten Viertel dieses Jahres. Er belief sich auf fast 21 Mrd. Euro.”Italien ist ein Sorgenkind der Fondsindustrie”, erklärte der Europachef der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS, Stephan Kunze, bereits vor einigen Monaten im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Die Branche des Landes hinkt der europäischen Entwicklung deutlich hinterher. Und sie verliert auch an Gewicht in der einheimischen Finanzwelt. Dieser Trend nahm bereits vor einigen Jahren seinen Anfang. Höhepunkt im Jahr 1999Im Jahr 1999 erreichten die italienischen Fonds ihren historischen Höhepunkt. Italien war zu jener Zeit der weltweit viertgrößte Fondsmarkt. Mittlerweile ist das Land auf Rang 9 abgerutscht. Damals waren Vermögen in Fonds angelegt, die mehr als 42 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entsprachen. Zuletzt steckten gerade einmal 16 % des BIP in solchen Anlageformen. An exorbitanten Wachstumsraten der italienischen Wirtschaft lag das gewiss nicht. Auch andere schwächeln Das Phänomen eines schwächelnden Fondsgeschäfts ist nicht nur in Italien zu beobachten. Unter anderem auch in Frankreich und Spanien sind deutliche Bremsspuren erkennbar. Auch in Deutschland aufgelegte Fonds verzeichneten laut dem europäischen Fondsverband Efama im vergangenen Jahr Mittelabflüsse. Im Gegenzug verbuchten allerdings in Deutschland vertriebene Fonds, die in Luxemburg domizilieren, deutliche Zuflüsse. Insgesamt verringerte sich das Volumen der in Europa neu in Fonds angelegten Mittel nach Angaben der Efama von 450 Mrd. Euro im Jahr 2006 auf 170 Mrd. Euro im Jahr 2007. Auch im Jahr 2005 waren netto 440 Mrd. Euro neu in europäische Fonds investiert worden, so die Statistik. Geldmarktprodukte gefragt In Italien sind in den vergangenen vier Jahren netto insgesamt 118 Mrd. Euro aus Fonds abgezogen worden. Allein die kurzfristig investierenden Geldmarktfonds verzeichneten unter dem Strich noch Zuflüsse, auch weil aus anderen Fonds zum Teil Mittel dorthin verlagert wurden. Ansonsten herrscht Krisenstimmung jenseits der Alpen. Selbst italienische Fonds, die im steuerlich und regulatorisch vorteilhaften Ausland verwaltet werden, etwa in Luxemburg oder in Irland, bekamen die Krise zu spüren. Aus ihnen flossen Mittel in Höhe von mehr als 3,2 Mrd. Euro ab.In Italien verwaltete Fonds ausländischer Gesellschaften profitierten laut einer Untersuchung von Italiens größtem Investmenthaus Mediobanca keineswegs von dieser Entwicklung. Im Jahr 2007 verzeichneten sie zwar unterm Strich noch Zuflüsse von 3,6 Mrd. Euro. Allerdings ging das allein auf das erste Halbjahr zurück. In der zweiten Jahreshälfte flossen netto 7,7 Mrd. Euro ab.Sowohl institutionelle als auch private Anleger standen mehreren Studien zufolge hinter den Mittelabflüssen. Sie machten zuletzt jeweils rund die Hälfte der verwalteten Vermögen aus. Die Entwicklung erklärt sich nicht allein mit der internationalen Finanzkrise. Experten verweisen gerne darauf, dass Anlagen in italienische Staatspapiere mit zwölfmonatiger Laufzeit (Bot) auch im vergangenen Jahr höhere Renditen abwarfen als italienische Fonds. Fonds hätten im Schnitt um 55 % geringere Renditen gebracht. Hohe Zinsen lockenVor allem sind es aber die Banken, die den Fonds in Italien Konkurrenz machen. Während die Fonds laut Mediobanca im Jahr 2007 im Durchschnitt 1,8 % Rendite einbrachten, zahlten die Institute auf Tagesgeld Zinsen von bis zu 5 %. Hier spielt die internationale Finanzmarktkrise indirekt doch eine Rolle, denn mit hohen Tagesgeldzinsen wollen die Banken Mittel anlocken, die sie benötigen, um Engpässe bei ihrer Refinanzierung auszugleichen.Nach Angaben des italienischen Verbands der Asset-Management-Branche, Assogestioni, verwalteten Fonds in Italien im März 2008 ein Gesamtvermögen von gut 1 Bill. Euro. Mit 27,2 % machten Anleihefonds dabei den größten Teil aus. 20,8 % entfielen auf gemischte Fonds, 12,4 % auf Aktienfonds und 10,2 % auf Geldmarktfonds. Ausländer legen zuInsgesamt hatten italienische Fondsgesellschaften einen Marktanteil von 83,4 %, ausländische kamen auf 16,6 %. Damit steigerten Letztere ihre Präsenz in Italien in den vergangenen Jahren deutlich. Im März 2005 hatten sie noch einen Anteil von 6,2 %.Marktführerin mit 225,8 Mrd. Euro an verwalteten Vermögen, was einem Anteil von 22 % entspricht, ist nach diesen Angaben die Bankengruppe Intesa Sanpaolo, die mit ihren Asset-Management-Töchtern Eurizon und Banca Fideuram präsent ist. An zweiter Stelle liegt die Unicredit-Tochter Pioneer Investments, die durch die Übernahme der einstigen HypoVereinsbank-Töchter Activest und Nordinvest auch in Deutschland stark präsent ist, mit 166,3 Mrd. Euro und einem Anteil von 16 %. Der größte ausländische Fondsverwalter war der Allianz-Konzern mit knapp 9,7 Mrd. Euro. Die Gruppe aus München nahm mit einem Marktanteil von 3,3 % den 7. Platz unter den Fondsverwaltern ein.