Kreative Fondskonzepte für den Elfenbeinturm
Von Norbert Hellmann, London Der Wettstreit zwischen den britischen Universitäten Oxford und Cambridge endet nicht beim Ringen um akademische Exzellenz und der jährlichen Auflage des Ruderrennens auf der Themse. Auch wenn es um professionelle Verwaltung des beträchtlichen Stiftungskapitals der Universitäten beziehungsweise der Mittel einzelner Colleges geht, will man vor allem nicht gegenüber dem Erzrivalen ins Hintertreffen geraten. Während Cambridge rund 1 Mrd. Pfund Stiftungskapital einem neuen Investment Board unterstellt, der nun zusätzliche Mittel einzelner Colleges anziehen möchte, geht Oxford einen anderen Weg. Hier haben einige Colleges über 100 Mill. Pfund gebündelt, die einer eigens gegründeten Investmentgesellschaft übertragen worden sind. Sie hofft nun, auch an die Stiftungsgelder der Universität heranzukommen. Top-Unis haben Nase vornGenerell müssen sich britische Universitäten die Frage gefallen lassen, ob sie mit ihren bislang stark zersplitterten Fondstöpfen und konservativen Anlagestrategien den Anschluss an modernere Asset-Management-Konzepte verschlafen haben und im Vergleich zu amerikanischen TopUniversitäten wie Harvard, Stanford oder Yale nicht schwer ins Hintertreffen geraten sind. Angesichts der Schwierigkeiten der Labour-Regierung, eine finanzierbare Bildungspolitik aufrechtzuerhalten, machen sich die Unis ernsthafte Gedanken darüber, wie sie unabhängig von den äußeren Zuwendungen das meiste aus den bereits in ihrer Verfügungsmacht stehenden Mitteln machen können. So dürfte es kein Zufall sein, dass gerade in diesem Jahr neue Investmentkonzepte auf den Tisch gekommen sind, da sich abzeichnet, dass die Möglichkeiten von Oxford und Cambridge, über Sondergebühren ihr aufwendiges Tutoriensystem aufrechtzuerhalten, immer begrenzter werden. Für beide Universitäten gilt, dass sie in erster Linie bemüht sind, Aktiva zu poolen, um größere Fonds auf die Beine zu stellen, die eine bessere Verteilung der Fixkosten erlauben und genügend Diversifizierungsmasse aufweisen, um auch in ausgefallenere und tendenziell riskantere Asset-Klassen zu gehen. Schwergewichtigere Fondsvehikel sind aber auch ein Muss, um auf der Verwaltungsseite die Creme der Fondsmanager anziehen zu können. Beide Universitäten haben in dieser Hinsicht bereits wichtige Fortschritte gemacht. Oxford beispielsweise hat sich die Dienste des früheren Chief Investment Officer der Deutschen Asset Management, Karl Sternberg, gesichert. Als Chef der neuen Oxford Investment Management (Oxim), die als eigenständige Gesellschaft firmiert, ist es seine Aufgabe, ein überzeugendes Investmentkonzept auf die Beine zu stellen, das die einzelnen Colleges in Oxford dazu bewegen kann, ihre Mittel dem zentralen Verwalter zuzuführen. Sternberg, der selbst Absolvent des Christ Church College in Oxford ist, hat neben seiner eigenen Alma Mater nun auch St. Catherine’s College und Balliol für das Konzept und damit auch als Aktionäre der Oxim gewinnen können. Zusammengenommen bringen sie rund 100 Mill. Pfund auf die Beine und sind mit 60 % an Oxim beteiligt, während 40 % beim Managementteam liegen. Da die von Watson Wyatt beratene Oxim in Zukunft auch andere Verwaltungsmandate für nicht universitäre Stiftungen anziehen will und wie eine herkömmliche gewinnorientierte Gesellschaft geführt wird, könnten die Colleges über die Rendite ihrer Anlagen hinaus künftig auch Beteiligungsgewinne erzielen. Auch wenn Oxim zunächst einen bescheidenen Start hinlegt, ist durchaus denkbar, dass sich die übergeordnete Universitätsleitung von Oxford für das Konzept erwärmen wird und damit ein noch wesentlich umfangreicheres Poolen von Ressourcen ermöglicht. Während man sich in Oxford mit der Oxim-Gründung im Vorteil gegenüber Cambridge wähnt, wird dort darauf verwiesen, dass man mit einem In-House-Konzept ebenfalls keine Schwierigkeiten hat, Branchengrößen zu verpflichten. In Cambridge gibt es angesichts eines zentral verwalteten Stiftungskapitals in Höhe von 1 Mrd. Pfund bereits genügend Masse, um ein hauseigenes Asset-Management-System aufzuziehen, obwohl sich der Topf im Vergleich zu amerikanischen Top-Universitäten, die bis auf das Zehnfache kommen, eher bescheiden ausnimmt. Allerdings hofft man auch in Cambridge, einzelne Colleges dazu zu bewegen, ihre Mittel dem zentralen Fonds beizusteuern. Zu diesem Zweck ist der Cambridge Investment Board mit einigen großen Namen besetzt worden, allen voran Michael Dobson, dem Chief Executive des britischen Traditionshauses Schroders, das sich nach dem Verkauf der Investmentbank-Sparte ganz auf Asset Management und Private Banking verlegt hat. Dobson, der wie Sternberg zuvor in Diensten der Deutschen Bank stand, wo er in den neunziger Jahren als Vorstandsmitglied mit Verantwortung für Asset Management fungierte, gilt als eher konservativer Mittelverwalter, der dem Cambridge-Fonds keine radikal neue Investmentkultur anzueignen gedenkt. Andererseits dürften weitere illustre Mitglieder des Cambridge Investment Board für frische Impulse sorgen wollen. Darunter befinden sich Damon Buffini, Partner des Private-Equity-Hauses Permira, John Armitage, ein bekannter Hedgefonds-Manager, Stewart Newton, Gründer der Newton Investment Management, und David Swensen, der 20 äußerst erfolgreiche Jahre als Chief Investment Officer der Yale University vorzuweisen hat. Dabei ist es keine Frage, dass sich Cambridge mit seinem Konzept an den Strategien amerikanischer Universitäten und allen voran Yale orientieren will. Dies würde allerdings für einen forscheren Asset-Mix anstatt der bisherigen Schwerpunktsetzung bei britischen Aktien- und Rentenwerten sprechen. Yale als VorbildSwensen beispielsweise, der Mitte der achtziger Jahre die Verantwortung bei Yale übernommen hatte, machte sich einen Namen damit, nur relativ geringe Anteile in herkömmliche Aktien und Bondanlagen zu stecken. Der Löwenanteil des Portefeuilles wurde alternativen Asset-Klassen von Rohstoffen, über Immobilen bis hin zu Private-Equity-Investments und Hedgefonds zugeführt, was spektakuläre Überrenditen brachte. Theoretisch können sich auch die britischen Universitäten abenteuerlustigeren Konzepten verschreiben, weil die Investmentbeschränkungen bei Stiftungen und gemeinnützigen Einrichtungen auf der Insel gelockert werden und mehr kreativen Spielraum einräumen. Ob dies dann auch heißt, dass die Universitäten auf Talent aus eigenen Reihen zurückgreifen wollen, bleibt dahingestellt. In der Vergangenheit haben Universitäten gemischte Erfahrungen mit der Intervention eigener Professoren gemacht. Bloß keine US-Gehälter Was jedoch die Verpflichtung von externen Investmentmanagern angeht, will man sich in Cambridge von amerikanischen Usancen dann doch etwas distanzieren. Während Universitäten wie Harvard ihren InHouse-Managern zum Teil zweistellige Millionengehälter zahlen, wollen sich die britischen Universitäten solche Extravaganzen nicht leisten. Zwar will man bei der Gestaltung von Gehältern und Boni durchaus mit dem Niveau in der Londoner City mithalten, ansonsten aber vertraut man eher auf die Sogwirkung der klangvollen Universitätsnamen, deren Mittelbetreuung jeden Lebenslauf schmücken dürfte.