Portfolio

Krise verhindert schnelles Artensterben

Kanadas Income Trusts bieten nach Kurssturz attraktive Dividendenrenditen - Wenige werden überleben

Krise verhindert schnelles Artensterben

Von Markus Gärtner, Vancouver Zwei Jahre nach der Ankündigung von Kanadas Finanzminister Jim Flaherty, die Income Trusts ab 2011 zu besteuern, hat die Zahl der beliebten Dividenden-Vehikel schon sichtbar abgenommen. Der Ärger der Anleger über das sogenannte “Halloween-Massaker” vom 31. Oktober 2006 ist jedoch keineswegs verflogen (siehe BZ vom 24. Mai). Die Aufmerksamkeit der Börsianer im Ahornland wird derzeit lediglich durch die drohende Rezession und die Kreditkrise abgelenkt. “Ich glaube nicht, dass sich die Stimmung in Bezug auf die Income Trusts verbessert hat”, sagt Susan Riddell Rose, Geschäftsführerin beim Paramount Energy Trust und eine der beiden Vorsitzenden der Koalition kanadischer Energie-Trusts. Auch hohe Dividenden-Ausschüttungen konnten die Trusts nicht davor bewahren, in den vergangenen Monaten weiter scharfe Kurskorrekturen zu erleiden. Der Canadian Oil Sands Trust hat seit dem 52-Wochen-Hoch im Juni bei 55,25 kan. Dollar über die Hälfte an Wert verloren. Die Dividende liegt aktuell bei 12 %. Der Penn West Energy Trust sank im Strudel kollabierender Öl-Notierungen und anhaltender Unsicherheit über die Zukunft der Trusts im gleichen Zeitraum von 35,60 auf 17,86 kan. Dollar, was derzeit eine Dividende von 23,3 % bedeutet. Der RioCan Real Estate Investment Trust brach von 22,85 auf 14,12 kan. Dollar ein. Der Mullen Group Income Trust, ein führender Logistik- und Transportanbieter in Kanada, fiel von 24, 07 auf 10,99 kan. Dollar. So geht es weiter bis zum telekomlastigen Bell Aliant Trust, der seit dem Sommer um 30 % auf 22,66 kan. Dollar je Anteilschein fiel. Jim Flaherty sorgte für ein Börsen-Beben, als er am 31. Oktober 2006 ein Wahlversprechen brach und den ahnungslosen Anlegern eröffnete, er werde ab 2011 die Trusts wie jedes normale Unternehmen besteuern. Ausgenommen sind nur Infrastruktur- und Immobilien-Investment Trusts. Hohe EinnahmeausfälleFlaherty beklagte damals, die massiv angestiegene Zahl von Umwandlungen normaler Aktiengesellschaften in Trusts im Volumen von 70 Mrd. kan. Dollar hätte dem Fiskus schwere Einnahmeausfälle beschert. In den Tagen zuvor hatten Kanadas größte Bank, die Royal Bank of Canada, und ein Teil des Telekomgiganten Bell Canada angekündigt, sich ebenfalls in Income Trusts zu verwandeln. Im Finanzministerium in Ottawa löste das Panik aus. Der 200 Mrd. kan. Dollar (126 Mrd. Euro) umfassende Trust-Markt erlebte am ersten Handelstag nach der überraschenden Ankündigung einen Crash. Der Standard & Poor’s TSX Income-Trust-Index verlor in nur zwei Wochen 30 Mrd. kan. Dollar.Zahlreiche Analysten sagten dem Börsensegment das Ende vorher. Die Income Trusts müssen aufgrund eines Treuhandstatuts den kompletten Cash-flow – ohne Investitionen für Instandhaltung und Kapitaldienst – an die Anteilseigner ausschütten, was die meisten monatlich tun. Die Trusts blieben bislang auf Firmenebene steuerfrei und glänzten durch üppige Renditen. Die durchschnittliche Ausschüttung war zeitweise vier Mal so hoch wie im TSX-Index, dem Leitbarometer in Toronto. In den ersten neun Monaten nach der folgenschweren Ankündigung des Finanzministers stürzten die Kurse vieler Trusts so ab, dass zahlreiche von Finanzinvestoren übernommen wurden. Doch als die Kreditkrise Übernahmen fast unmöglich machte, begannen einige Trusts, sich in normale börsennotierte Publikumsgesellschaften umzuwandeln. Der TransForce Income Fund und der Aeroplan Income Fund, der die Vielfliegermeilen der Air-Canada-Kunden verwaltet, gehören zu dieser Gruppe. Die meisten Trusts, sagt Chris Murray, Partner in der Abteilung Business Law bei der Anwaltskanzlei Osler, Hoskin & Harcourt in Toronto, behielten ihre Struktur zunächst bei. Sie wollen die hohen Ausschüttungen möglichst lange fortführen. “Bei den jetzigen Marktkonditionen macht es Sinn zu warten, bis potenzielle Bieter mehr Geld auf den Tisch legen können”, erklärt Murray. In diesem Sommer legte die kanadische Regierung einen Gesetzentwurf vor, der die Umwandlung von Trusts in normale Aktiengesellschaften erleichtern soll. Doch solange die Börsen nicht zur Ruhe kommen und bis wieder mehr Kredite fließen, bleiben Income Trusts eine siechende Wertpapier-Gattung im Wartestand. “Die Aussichten für den Sektor haben sich stark verschlechtert”, gesteht Murray. “Fast alle Trusts werden bis 2011 umgewandelt oder geschluckt”, lautet seine Prognose. Doch manche Trusts werden auch nach 2011 noch attraktiv bleiben. Joanne Hruska beim Vermögensberater Aston Hill Financial in Calgary, erwartet, dass etablierte Energie-Trusts wie Arc Energy und Enerplus Resources zu dieser Gruppe gehören werden. “Die werden eine Struktur bewahren, die weiterhin eine hohe Ausschüttung oder etwas Vergleichbares erlaubt”, sagt Hruska.Eine Alternative zu den Aktien der Trusts sind Zertifikate auf Income-Trust-Indizes (siehe Tabelle). Bei diesen werden die Dividendenzahlungen bei der Kursberechnung berücksichtigt.