Immobilien - Gastbeitrag

Mietspiegel dürfen Öko-Trend nicht verschlafen

Börsen-Zeitung, 20.11.2008 Bundesweit gibt es in rund 500 Gemeinden Mietspiegel. Sie sollen dazu beitragen, Mietstreitigkeiten einvernehmlich beizulegen. In der Praxis kommt es jedoch dennoch zu heftigen Diskussionen - Mieter- und Vermieterverbände...

Mietspiegel dürfen Öko-Trend nicht verschlafen

Bundesweit gibt es in rund 500 Gemeinden Mietspiegel. Sie sollen dazu beitragen, Mietstreitigkeiten einvernehmlich beizulegen. In der Praxis kommt es jedoch dennoch zu heftigen Diskussionen – Mieter- und Vermieterverbände streiten immer häufiger um die Systematik bei der Erstellung der Mietspiegel. Neben den mathematischen Methoden stehen dabei auch Fragen der Energieeffizienz im Mittelpunkt.Beispielsweise war in Berlin in den vergangenen Jahren ein Streit zur Methodik entbrannt. Hintergrund ist: Ursprünglich hatte es in Berlin die sogenannte Zwei-Drittel-Regelung beim Mietspiegel gegeben – in den meisten deutschen Städten gibt es sie heute noch. Dies bedeutet, dass nur etwa 66 % aller vorliegenden Daten für die ortsübliche Vergleichsmiete herangezogen werden -, und zwar jene Daten in der Mitte der Verteilung. Hierdurch sollten Verzerrungen durch Extremwerte vermieden werden. Allerdings können so fast nie nur die Extremwerte abgeschnitten werden, die für eine repräsentative Aussage ungeeignet sind. Daher eignet sich das Verfahren insbesondere dann, wenn die Mieten insgesamt relativ wenig schwanken. Geänderte MethodikIn Berlin musste die Methode mit der Wiedervereinigung geändert werden, um die größeren Mietunterschiede auf dem Ost-Berliner Wohnungsmarkt abbilden zu können. Zuletzt wurden im Mietspiegel 2007 in einigen Segmenten etwa die mittleren 80 % der Verteilung herangezogen.Die Mieterverbände hatten in den vergangenen Jahren argumentiert, dass diese Vier-Fünftel-Regelung in vielen Feldern aufgrund mittlerweile homogenerer Miethöhen nicht mehr notwendig sei. Dem haben die Vermieterverbände nun zugestimmt. Die erzielte Einigung sieht vor, den Umfang der Datenbasis von der Streuung im jeweiligen Feld abhängig zu machen. Streuen die Mieten in der nächsten Erhebung in einem Segment stark, werden künftig etwa 75 % der Daten für die Berechnung herangezogen. Fällt die Streuung gering aus, werden ähnlich wie früher in Berlin oder gegenwärtig in Hamburg etwa 66 % der Mieten betrachtet. Der Berliner Mietspiegel gleicht sich damit dem Gros der deutschen Mietspiegel an. Vorreiter DarmstadtDie zweite Berliner Neuerung betrifft den energetischen Zustand der Gebäude. Der Aspekt fließt als ein neues Kriterium erstmals in den Berliner Mietspiegel ein. Auch hier folgt der Mietspiegel anderen Städten: Vorreiter war Darmstadt, wo bereits 2003 der bundesweit erste ökologische Mietspiegel vorgestellt wurde. Bei guter wärmetechnischer Beschaffenheit eines Hauses durften die Darmstädter Vermieter zunächst 37 Cent pro Quadratmeter, mittlerweile 49 Cent aufschlagen. Auch in Bochum wurde 2008 ein Mietspiegel eingeführt, der den energetischen Zustand berücksichtigt, in vielen weiteren Städten wird dies gegenwärtig diskutiert – jedoch mit unterschiedlichen Ergebnissen. In Frankfurt beispielsweise wird der Ende des Jahres erscheinende neue Mietspiegel ohne Aussagen zur Energieeffizienz sein. In solchen Fällen wird versäumt, Anreize für dringend notwendige Klimaschutzinvestitionen zu schaffen. Mietspiegel nähern sich anInsgesamt nähern sich die Mietspiegel hinsichtlich ihrer Systematik einander an. Leichte Abweichungen bei der jeweiligen mathematischen Methode sind durchaus nachvollziehbar – schließlich weisen auch die Märkte in jeder Stadt unterschiedliche Besonderheiten auf. Nicht nachvollziehbar ist, dass Unterschiede darin bestehen, ob energetische Eigenschaften im Mietspiegel berücksichtigt werden oder nicht. Bereits im Jahr 2002 hatte das damalige Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen empfohlen, Mietspiegel entsprechend dem energetischen Zustand eines Hauses zu differenzieren. Alle Städte sollten daher möglichst rasch dazu übergehen, Öko-Mietspiegel einzuführen.