Asset Management

Pensionsriese zeigt britischen Aktien die kalte Schulter

Hermes schichtet für Telekomgruppe BT um - Alternative Anlagen werden forciert - Trendsetter für die Branche

Pensionsriese zeigt britischen Aktien die kalte Schulter

Von Norbert Hellmann, London Wenn der größte britische Pensionsfonds eine groß angelegte Portefeuilleumschichtung ankündigt, horcht man in der Branche natürlich auf. Wenn der Trend dabei weg von der Anlage in britische Aktien und hin zu alternativen Asset-Klassen wie Hedgefonds, Private Equity oder Infrastruktur führt, natürlich erst recht. Die betrieblichen Pensionskassen des britischen Telekomriesen BT Group, also der früheren British Telecom, wälzen ein Volumen von rund 23 Mrd. Pfund, die von einer einzigen Adresse, nämlich der Hermes Pensions Management verwaltet werden. 3 Mrd. Pfund werden bewegtHermes ist ein Sonderfall in der britischen Szene, weil ihr tatsächlicher Eigentümer das BT Pension Scheme (BTPS) selbst ist, die Gesellschaft aber auch fremde Mandate verwaltet. Mit rund 50 Mrd. Pfund Verwaltungsvolumen zählt Hermes zwar nur zu den mittelgroßen Asset-Managern auf der Insel, doch kommt ihr nicht nur wegen des BT-Topfes, sondern auch ihrer Rolle als ein “aktivistischer” Aktionär, der nicht zuletzt auch in Corporate-Governance-Fragen sowohl hinter den Kulissen agiert als auch auf Hauptversammlungen Stellung nimmt, eine herausgehobene Rolle zu. Nun hat man bei Hermes beschlossen, rund ein Drittel der BTPS-Anlagen in britischen Aktien aufzulösen, um in andere Asset-Kategorien zu gehen. Auch wenn es sich nur um einen graduellen Schritt handelt, macht das in Frage stehende Volumen von rund 3 Mrd. Pfund hellhörig. Ist dies ein Signal, das auch andere Pensionsfondsmanager dazu animiert, den britischen Aktien verstärkt den Rücken zu kehren, oder reagiert Hermes eher auf einen bereits etablierten Markttrend? Tatsache ist, dass die relative Performanceschwäche des britischen Aktienmarktes im Vergleich zu anderen europäischen Börsen in den letzten Jahren eine Reihe von Gründen kennt, die mit der fundamentalen Bewertung britischer Unternehmen wenig zu tun hat. Klagen über steuerliche Zugriffe des Staates und andere Investmenthemmnisse sind zwar immer noch populär, reichen aber kaum aus, das Phänomen zu erklären, meinen Analysten. Gleiches gilt für den Trend zur “Deequitisation”, also dem Börsenexodus von Unternehmen, die an Private-Equity-Adressen gehen oder anderweitig ein Going Private anstreben. Anders sieht es mit einem von Pensionsfonds angestrengten Umschichtungstrend aus. Begonnen hat der Trend nach der großen Aktienmisere von 2001. Damals wurden vor allem Versicherer gezwungen, zur Erfüllung von Solvabilitätsbestimmungen ihre Portefeuilles umzuschichten, doch fühlten sich auch Pensionsfonds genötigt, die Aktienanlage zu überdenken. Schließlich führte die Verbindung niedriger Aktienkurse bei gleichzeitig niedrigen Bondrenditen zum Ausweis massiver Deckungslücken bei den Pensionsfonds, weil ihre Aktiva zusammenschmolzen und langfristige Verpflichtungen gleichzeitig niedriger abgezinst wurden. Während einige Pensionsfonds zu radikalen “Immunisierungsstrategien” übergingen, die eine vollständige Umschichtung zu langfristigen Rentenwerten beinhalten, mit denen eine möglichst enge Laufzeitkongruenz zu den tatsächlichen Auszahlungsverpflichtungen angestrebt wird, hat sich die Mehrheit der Fondsträger darum bemüht, die Aktienkomponente sukzessive abzubauen. Ende der neunziger Jahre steckten klassische Pensionsfonds noch zwischen 55 % und 60 % des Volumens in britische Aktien. Mittlerweile liegt die typische “Exposure” eher bei 30 % bis 35 %. In den letzten zwei Jahren sollen die Pensionsfonds dabei jeweils rund 15 Mrd. Pfund an britischen Aktien auf den Markt geworfen haben. Auch bei Hermes wurde stetig abgebaut. Lag man Ende 2003 noch bei knapp 34 %, waren es zuletzt nur noch 27 %. Mit den jetzt angedeuteten Veränderungen bei Hermes würde der Anteil der britischen Aktien am Gesamtportefeuille auf etwa 19 % zusammenschrumpfen, wobei der Fondsmanager aber keinerlei Zeithorizont in Aussicht stellt. Mut zum AndersseinBesonders interessant an dem von Hermes veranlassten Schritt ist, dass der Aktienausstieg nichts mit der Immunisierung der Portefeuilles gegenüber Deckungsrisiken und einer Aufstockung der Bondkomponente zu tun hat, sondern ein performanceorientierter Diversifizierungsschritt ist. Schließlich soll der Swing in der Portefeuillezusammensetzung von 8 % ausschließlich den alternativen Asset-Klassen zugute kommen. Konkret sieht das Musterportefeuille eine Aufstockung der Hedgefondsanlagen von 2 % auf 5 % und eine Verdoppelung der Private-Equity-Engagements von 2 % auf 4 % vor. Während das Engagement in Rohstoffen unverändert bleibt, sollen nicht weiter spezifizierte Alternativanlagen 2 % ausmachen und 1 % neu in Infrastrukturprojekte gehen, wobei es sich um Private Finance Initiatives (PFI), also Kooperationsprojekte zwischen öffentlichen Auftraggebern und privaten Finanziers handelt. Die Bereitschaft der BTPS beziehungsweise Hermes ‘, verstärkt in Private Equity und Hedgefonds zu gehen, wird man in der Branche mit Interesse registrieren. Seit längerem müssen sich die britischen Pensionsfonds die Kritik anhören, in Sachen Asset-Mix übertrieben konservativ vorzugehen und die “Zeichen der Zeit” nicht erkannt zu haben. Derzeit werden noch weniger als 1 % der Pensionsmittel bei Hedgefonds angelegt, und nicht einmal jeder zehnte Pensionsfonds berücksichtigt diese Anlageform überhaupt. Bei Private-Equity-Engagements und rohstoffbezogenen Anlagen sieht es nicht viel anders aus. Dies, obwohl die Berater der Pensionsfonds immer wieder auf die positive Diversifikationskomponente der alternativen Anlagen hinweisen. Bekanntlich können selbst per se riskantere Engagements das Gesamtrisiko eines Portefeuilles über den Diversifikationseffekt verringern helfen. Es riecht nach CalpersDass man bei Hermes bereit ist, offensiver vorzugehen, dürfte sicherlich mit einem Wechsel an der Spitze zusammenhängen. Seit Februar dieses Jahres ist Mark Anson, zuvor Chief Investment Officer bei Calpers (California State Public Employees Retirement Scheme) und damit einem der weltgrößten Verwalter von Pensionsgeldern, an der Spitze von Hermes. Angesichts der guten Erfahrungen, die US-Pensionskassen mit alternativen Anlageformen in den letzten Jahren gemacht haben, scheint er nun auch im Dialog mit BTPS positive Überzeugungsarbeit geleistet zu haben.