Private Ausgaben absetzen
Von Marc Lehmann Über ihre Werbungskosten führen viele Arbeitnehmer penibel Buch. Die Steuersparchance “außergewöhnliche Belastung” wird indes oft übersehen. Dabei lassen sich über diese Vorschrift ganz private Ausgaben absetzen, etwa Zahnersatz oder Anwaltsrechnungen. Beim Thema “außergewöhnliche Belastung” ist Kreativität gefragt: Praktisch alles kann darunterfallen. Es kommt vor allem auf die Begründung an. Denn der Gesetzgeber hat diesen Sparposten im Paragraphen 33 des Einkommensteuergesetzes (EstG) dehnbar formuliert. Eine “größere Aufwendung” kann demnach dann mit geringerer Steuerlast belohnt werden, wenn sie im Vergleich zu der “überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands als ,zwangsläufig’ zu bezeichnen ist”. Vor allem bei Kosten rund um die Gesundheit gibt es einigen Spielraum. Zuzahlungen, Praxisgebühren oder Selbstbeteiligungen etwa bei Zahnersatz gehen problemlos durch. Auch die Kosten einer Abmagerungskur können unter “außergewöhnliche Belastung” fallen, entschied der Bundesfinanzhof in diesem Jahr (Az: III B 37/06). Attest vorab notwendigWichtig dafür ist eine gute Vorbereitung: Die medizinische Notwendigkeit muss später durch ein amts- oder vertrauensärztliches Attest bescheinigt werden, und zwar vor Beginn der Behandlung. So ausgerüstet können z. B. bei Rückenbeschwerden die Kosten für ein Fitnessstudio anerkannt werden (BFH, Az: III R 67/96). Oder die Kosten eines Toupets, wenn der Glatzkopf ansonsten psychisch unter seinem Zustand leidet (Finanzgericht Baden-Württemberg, Az: 14 K 147/96). Mit Scheidungskosten, etwa den Rechnungen für den Anwalt, oder nach Todesfällen gibt es ebenso wenig Probleme. Bis zu 7 500 Euro für Beerdigungskosten können Erben, Angehörige oder andere rechtlich oder sittlich Verpflichtete als außergewöhnliche Belastung ansetzen (Oberfinanzdirektion Berlin, St. 177-S2284-1/90). Das gilt natürlich nur, wenn das Erbe nicht ausreicht. “Vor jeder größeren Ausgabe sollten Steuerpflichtige prüfen, ob es dazu schon Entscheidungen gibt und welche Voraussetzungen eventuell zu erfüllen sind”, meint der Münsteraner Rechtsprofessor Jürgen W. Hidien. Mit den üblichen Internet-Suchmaschinen und der Eingabe “außergewöhnliche Belastung” sowie dem persönlichen Stichwort komme man oft schon weiter. ZumutbarkeitsgrenzeEine Hürde ist allerdings in jedem Fall noch zu nehmen: Die privaten Ausgaben werden nur insoweit anerkannt, wie sie die Zumutbarkeitsgrenze überschreiten. “Der persönliche Zumutbarkeitsbetrag hängt ab von den Einkünften, vom Familienstand sowie der Kinderzahl”, so Hidien. Bei 35 000 Euro “Gesamtbetrag der Einkünfte” müsste ein Lediger ohne Kinder z. B. von 5 000 Euro Ausgaben 2 100 Euro allein tragen, nur 2 900 Euro würden sein zu versteuerndes Einkommen mindern. Bei einem verheirateten Familienvater mit drei Kindern würde bei sonst gleichen Zahlen der absetzbare Betrag auf 4 650 Euro steigen. Wegen des jährlich neu berechneten Selbstbehaltes kann es sinnvoll sein, Ausgaben möglichst in ein Jahr zu ziehen. Angenommen, jemand hatte im Frühjahr schon eine hohe Zahnarztrechnung wegen Zahnersatz und Anfang nächsten Jahres soll die Gebisssanierung fortgesetzt werden: In diesem Fall wäre es steuerlich sinnvoll, dem Zahnarzt noch in diesem Jahr eine Vorauszahlung für die noch anstehende Behandlung zu überweisen: Es lässt sich dann mehr absetzen. Einen kostenlosen PDF-Rechner für außergewöhnliche Belastungen finden Sie unter www.fintext.de/rechner.