Asset Management

Reiche Familien entdecken in der Krise alte Werte wieder

Rückbesinnung auf Waldbesitz und Landwirtschaft - Sicherheitsorientierung schützt vor heftigen Ausschlägen im Portfolio

Reiche Familien entdecken in der Krise alte Werte wieder

Von Silke Stoltenberg, Frankfurt Die Finanzkrise hat das Vermögen der reichen Familien in Deutschland bislang nur überschaubar getroffen. Dies gilt zumindest für diejenigen, die ihr Vermögen durch ein “Family Office” managen lassen. Diese Dienstleister kümmern sich um das Vermögen einzelner oder mehrerer Familien. Etwa 5 % liegen die dort betreuten Portfolios derzeit im Minus – im Vergleich zu den dicken negativen Vorzeichen an den weltweiten Börsen keine schlechte Zahl.”Die Anlagestrategie der Family Offices hat sich durch die Krise überhaupt nicht geändert, aber in der Taktik gab es verhältnismäßig geringe Anpassungen”, so Peter Schaubach, Direktor des Center for Family Office an der European Business School in Oestrich-Winkel. Dies erklärt Schaubach damit, dass die reichen Familien bei ihrer Anlagestrategie risikokontrolliert vorgehen und nicht renditegesteuert sind. “Der Erhalt des Vermögens, also Sicherheit, wird großgeschrieben.” Daher gibt es bei vielen auch eine starke Präferenz für Liquidität, die sich schnell und flexibel in jeder Situation anpassen lässt. Teilweise liegt nach Schätzungen von Schaubach ein Viertel des Vermögens darin. Diversifikation verstärkt “Wenn es in diesem Jahr Veränderungen gab, dann zielten sie darauf, das Anlageuniversum noch breiter zu nutzen”, berichtet Schaubach. Mehr Diversifikation war somit in manchen Fällen eine Reaktion auf die Krise. Dabei waren Verschiebungen innerhalb des Portfolios eines Family Office aber keine Reaktion auf Verwerfungen an den Märkten, sondern zielten auf eine ausgewogene Risikoverteilung.Eine allgemeine Reduzierung der Aktienengagements hat es durch die Abstürze an den weltweiten Börsen nach Beobachtung von Schaubach aber nicht gegeben. “Das liegt daran, dass viele Family Offices ihre Aktien wegen ihrer Sicherheitsorientierung über Derivate absichern und daher physisch keine Bestände in Verlustzeiten abbauen müssen.” Allerdings hat die Krise nach Beobachtung von Schaubach dafür gesorgt, dass Family Offices für einzelne Anlageklassen nun schneller als zuvor ihre Vermögensverwalter austauschen. Schätzungen fallen schwerLangfristig will ein Family Office nach Steuern und Inflation eine Rendite vor Kosten von 2 bis 4 % erwirtschaften, so Schaubach. In diesem Jahr stünde bislang ein Minus von 5 % unterm Strich. Ein repräsentativer Querschnitt der Asset-Aufteilung ließe sich für die rund 450 bis 550 Single (für eine Familie) und Multi Family Offices (für mehrere Familien) nicht erstellen. “Da gibt es viele Extreme, während einige zum Beispiel einen großen Teil in Immobilien halten, sind andere mit bis zu 80 % in alternativen Assets wie Hedgefonds, Private Equity oder Land und Forst investiert.”Schätzungen über Anzahl und Vermögen der Family Offices werden auch dadurch erschwert, dass Diskretion in diesem Vermögensverwaltungssegment das A und O ist. “Familienstämme sind wahnsinnig zurückhaltend”, sagt Jörg Liesner, Geschäftsführer von Berenberg Private Capital. Auch er hat beobachtet, dass reichen Familien Sicherheit über alles geht: “Der Vermögenserhalt steht an erster Stelle, je größer das Vermögen, um so vorsichtiger.” Das Ziel sei der Erhalt des Vermögens auch für die nachfolgenden Generationen. Daher schlage die Krise in den Portfolios unterdurchschnittlich zu Buche. Die von ihm betreuten Family Offices haben auf die Subprime-Verwerfungen mit einer breiteren Diversifikation ihrer Anlagen reagiert. “Der gestiegene Trend zur Diversifikation der Anlagen hat sich in der Krise als unglaublich guter Halt erwiesen und den Vermögen eine größere Stabilität verliehen”, meint Liesner. Die bei Berenberg geführten Familien hatten bereits zum Jahreswechsel 2007/2008 ihre Aktienbestände um 5 bis 10 % reduziert. Damit wollten sie vor allem von den hohen Gewinnen des Vorjahres profitieren, erklärt Liesner. Zugleich hat er ein steigendes Interesse und zunehmende Investitionen in alternativen Bereichen wie Wald, Infrastruktur und Landwirtschaft festgestellt. Ihren Anteil an den Portfolios schätzt Liesner auf 5 bis 10 %. Mehr LiquiditätBei den Renten sind Family Offices nach Darstellung von Liesner im Verhältnis übergewichtet. Gut abgeschnitten hätten sie im ersten Halbjahr mit Rohstoffen und Immobilien. “Bei Immobilien lässt sich ein steigendes Interesse feststellen, diese außerhalb von Deutschland managen zu lassen.” Außerdem habe die Krise die Tendenz zu Liquidität verstärkt. Daher würden nun verstärkt Manager für diese Anlageklasse nachgefragt. Angesichts der vorsichtigen Grundhaltung hatten sich nach Beobachtung von Liesner die reichen Familien von Subprime- oder ABS-Papieren ferngehalten. Aktuell liegen die von ihm betreuten Family Offices in diesem Jahr mit 0,5 bis 0,75 % nach Abzug der Inflation knapp im Plus. Dies ist allerdings eine Kennzahl vor Kosten für die Vermögensverwaltung. Raus aus Zertifikaten, Bankguthaben, Festgeldern und offenen Immobilienfonds – diesen Tipp gab Kurt von Storch, Vorstand bei Flossbach & von Storch, seinen Kunden bereits kurz nach der Schieflage bei der Mittelstandsbank IKB vor mehr als einem Jahr angesichts der sich abzeichnenden Bankenkrise. Dementsprechend wurden damals die Vermögen der Familien umstrukturiert. Flossbach & von Storch ist als Multi Family Office für zehn Familien im Einsatz. “In diesen Tagen hat sich unsere Anlagetaktik daher nicht mehr verändert”, so von Storch. Derzeit liegen 20 bis 25 % der Assets in Aktien, bis zu 15 % in physischem Gold, 10 % in Hedgefonds, mehr als 10 % in Private Equity und der Rest in kurzlaufenden deutschen Staatsanleihen. Letztere Anlageklasse hat Flossbach & von Storch in der Krise deutlich aufgestockt.Die Performance für 2008 gibt von Storch mit einem Plus im “niedrigen einstelligen Bereich” an. Als Zielvorgabe für ein Family Office sieht er nach Abzug der Inflation, der Steuern und der Kosten für Vermögensverwaltung einen Wertzuwachs von 1 bis 2 %. Große Nervosität”Die Familien sind derzeit sehr nervös, auch sie stellen sich die Frage, wie sicher ihr Geld ist”, berichtet von Storch. Der Hort der Sicherheit ist für ihn in der jetzigen Situation aber völlig klar: “Der sicherste Ort derzeit sind kurzlaufende Staatsanleihen aus Deutschland, eventuell auch aus den Niederlanden.” In Zeiten wie diesen sei eine gute Bonität das wichtigste Kriterium. “Im Moment geht es ums Überleben und um Sicherheit vor Rendite”, betont von Storch. Entscheidend sei der Erhalt der Kaufkraft der Vermögen. Da von Storch als eines der wichtigsten Ziele bei der Vermögensverwaltung die Vermeidung von Prozyklik ansieht, plant er, vor dem Hintergrund des freien Falls an den Börsen die Aktienbestände auf 25 bis 30 % auszubauen: “Mit Ausnahme von Banken und Versicherern – die würde ich noch nicht einmal mit der Kneifzange anfassen.” Hedgefonds und Private Equity hält von Storch langfristig für sinnvolle Investments. “Aber man braucht auch Geduld, um hier auch schwierige Jahre durchzustehen.” Dabei wählt von Storch aber nur Hedgefonds aus, “deren Anlagekonzept ich verstehe, die transparent sind und ein geringes Leverage durch Fremdkapital vorweisen.” In diesem Jahr liegt der Hedgefondsbereich des Multi Family Offices dennoch 3 % im Minus.