Asset Management - Staatsfonds

Russland sitzt auf Reserven von 500 Mrd. Dollar

Staatsfonds-Debatte wird auch im Kreml geführt - Zentralbankreserven und Stabilitätsfonds sollen Zyklen glätten

Russland sitzt auf Reserven von 500 Mrd. Dollar

Von Jens Hartmann, Moskau In der Debatte um den Schutz deutscher Unternehmen vor dem Übergriff durch ausländische Staatsfonds wird neben China und den Ölstaaten des Nahen Ostens immer wieder Russland ins Spiel gebracht. Russland, das sich noch 1998 nach dem Rubelcrash für zahlungsunfähig erklärt hatte, verfügt dank der hohen Einnahmen aus Öl- und Gasverkäufen sowie einer soliden Haushaltspolitik über Reserven von mehr als 500 Mrd. Dollar.Die Gold- und Devisenreserven der russischen Zentralbank liegen (Stand 1. August 2007) bei 417 Mrd. Dollar. Zum Vergleich: Als Wladimir Putin am 1. Januar 2000 in den Kreml einzog, hatten sie noch 12,45 Mrd. Dollar betragen. Energie-Zukäufe befürchtet Die Staatsfonds-Debatte hat auch Russland erreicht. Den Anfang machte Finanzminister Alexej Kudrin, der andeutete, Russland könnte Staatsgelder in Aktien ausländischer Energiekonzerne investieren. Hinzu kommen könnten Investitionen von Konzernen, die sich im Staatseigentum befinden. So reagieren deutsche Politiker und Unternehmer regelmäßig nervös auf Gerüchte, der staatlich kontrollierte Erdgasmonopolist Gazprom wolle sich bei Stadtwerken in Deutschland einkaufen oder gar die Kontrollmehrheit bei Eon übernehmen. Das einzige nennenswerte Auslandsinvestment eines russischen staatsnahen Unternehmens ist – von den beträchtlichen Gazprom-Aktiva in Osteuropa einmal abgesehen – bislang die Übernahme von rund 5 % an dem europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS. Die staatlich kontrollierte Vneshtorgbank (VTB) ließ sich das Aktienpaket rund 1 Mrd. Euro kosten. Nachdem es dem Kreml nicht gelungen ist, größeren Einfluss auf EADS zu gewinnen, stehen die Aktien zum Verkauf. “Liquidität absorbieren”Zu den 417 Mrd. Dollar an Zentralbankreserven kommen 3,263 Bill. Rubel (127,48 Mrd. Dollar) aus dem Stabilitätsfonds der Russischen Föderation (Stand 1. August 2007). Dieser Fonds wurde am 1. Januar 2004 aufgelegt, um eine Reserve für den Staatshaushalt zu haben, sollte der Erdölpreis unter 27 Dollar/Barrel fallen. “Der Fonds soll als wichtiges Instrument dazu dienen, exzessive Liquidität zu absorbieren, den Inflationsdruck zu reduzieren und die Wirtschaft vor der Volatilität der Einnahmen aus Rohstoffexporten zu schützen”, benennt das russische Finanzministerium die hehren Ziele.Der Stabilitätsfonds speist sich aus Einnahmen, die aus den Exportgebühren für Erdöl und aus der Steuer für Ölförderung anfallen, solange der Preis für die Erdölsorte Urals höher als 27 Dollar pro Barrel ist. Gegenwärtig rangiert der Preis für Urals bei rund 70 Dollar. Liegen mehr als 500 Mrd. Rubel im Stabilitätsfonds, darf der Überschuss “zum Ausgleich des Haushaltsdefizits oder für andere Zwecke” eingesetzt werden. In der Vergangenheit hat Russland aus dem Stabilitätsfonds seine Auslandsschulden gegenüber dem Internationalen Währungsfonds und dem Pariser Club der Gläubigerstaaten beglichen; außerdem wurde Geld in den staatlichen Pensionsfonds transferiert. Als “andere Zwecke” definierte der Kreml bereits Projekte zur Modernisierung der Infrastruktur in Russland. Dazu wurde vom Stabilitätsfonds ein sogenannter Investitionsfonds abgespalten. Gegenwärtig legt das Finanzministerium das Geld aus dem Stabilitätsfonds in Fremdwährungen an, die auf Konten der russischen Zentralbank liegen. Dabei sieht der Währungskorb wie folgt aus: 45 % Dollar, 45 % Euro, 10 % Pfund. Die Zentralbank verzinst die Summe, die mit Laufzeiten zwischen 3 und 36 Monaten angelegt ist, “zum Prozentsatz äquivalent der Rendite eines Portfolios, das sich aus besonders zuverlässigen Schuldverschreibungen ausländischer Staaten zusammensetzt”. Rendite “nicht vorrangig”Die Anlagestrategie sei darauf ausgerichtet, “die Bewahrung und die Liquidität der Mittel zu garantieren. Die Maximierung der Rendite zum Schaden dieser Ziele ist gegenwärtig nicht die vorrangige Aufgabe”, heißt es beim Finanzministerium.Im Jahr 2008 soll der Stabilitätsfonds in einen sogenannten Reservefonds und einen Fonds der zukünftigen Generationen aufgeteilt werden. Der Reservefonds soll wie der Stabilitätsfonds gemanagt werden, wobei als Finanzinstrumente zu den Währungen nun Schuldverschreibungen ausländischer Staaten und internationaler Finanzorganisationen hinzukommen. Die Mittel aus dem Fonds der zukünftigen Generationen (der auch Fonds des nationalen Wohlstands heißt) sollen “zum einen in hochliquide Schuldverschreibungen, aber auch in weniger liquide Papiere wie Aktien und Corporate Bonds, die höhere Rendite versprechen und mehr Risiko beinhalten”, fließen. Der Fonds wird von der neu gegründeten russischen Entwicklungsbank gemanagt. Sie gehört zur Vneshekonombank (Außenwirtschaftsbank). Angst um BalanceDiese Milliarden – wie viele das sein werden, ist noch unklar – könnten also zum Kauf deutscher Unternehmen verwendet werden. Präsident Putin kann sich jedoch auch gut vorstellen, sie in Russland zu investieren. Warum nicht einen Teil der Gelder für Stützungskäufe auf dem russischen Aktienmarkt einsetzen?, fragte er kürzlich. Das Finanzministerium reagierte harsch auf Putins Planspiele. “Die Investition von Mitteln aus dem Stabilitätsfonds auf dem Binnenmarkt, unter anderem auf dem nationalen Aktienmarkt, würde den gegenwärtigen Bedingungen der makroökonomischen Balance zuwiderlaufen.” Bislang zeigt sich das Finanzministerium mit dem Portfolio des Stabilitätsfonds zufrieden – auch wenn es nicht gelang, die Mittel ausschließlich im Ausland einzusetzen. Der Stabilitätsfonds gleiche Preisschwankungen auf den Rohstoffmärkten aus und bekämpfe die Inflationsgefahr. Die Jahresverzinsung des Währungskorbs betrug für den Zeitraum Juli 2006 bis Juli 2007 auf Dollarbasis 9,5 %. Zuletzt erschienen: – 24.7.: Australischer Future Fund muss 30 Mrd. Euro anlegen – 31.7.: Asiatische Fonds praktizieren Staatskapitalismus