Shell überrascht mit Gewinnsprung
kko Frankfurt – Bei Royal Dutch Shell läuft es wieder wie geschmiert: Der britisch-niederländische Ölmulti meldete am vergangenen Dienstag einen Nettogewinnzuwachs von 20 % und überraschte die Scharen von Branchenanalysten, die nach immer wieder neu enttäuschten Hoffnungen nicht mit einer Belebung der Fördermengen gerechnet hatten. Das Produktionsvolumen lag mit 3,522 Mill. Barrel Öläquivalent pro Tag leicht über dem Vorjahresniveau von 3,509 Mill. Im Konsens wurde hier ein Rückgang von 3 % erwartet. Die Aktie reagierte mit Kursgewinnen von zeitweise 5 % – so viel wie seit Jahren nicht mehr.Aus Sicht von Independent Research ist der Ergebnissprung bei Shell vor allem auf die Rekordpreise für Rohöl und Gas sowie auf die gesteigerte Kohlenwasserstoff-Förderung zurückzuführen. Diese Effekte hätten die anhaltend schwache Margenentwicklung im Raffineriegeschäft sowie kurzfristige Aussetzer bei der Produktion mehr als ausgeglichen. Analyst Sven Diermeier erhöht daher die Gewinnschätzungen für 2008 und 2009 von 3,95 auf 4,47 und von 3,91 auf 4,60 Dollar je Aktie. Angesichts der jüngsten Kurssprünge stuft Diermeier das Shell-Papier bei einem neuen Kursziel von 20 Pfund (zuvor: 17,50) aber unverändert mit “Reduzieren” ein. Auch Hamish Clegg von JPMorgan rät bei Shell weiterhin zu “Underweight” und verweist dabei auf die kurzfristigen Aussichten des Konzerns: Im Peergroup-Vergleich sei der britische Konkurrent BP (“Overweight”, Kursziel: 6,50 Pfund) aktuell besser aufgestellt, so Clegg. Die hohen Gasfördermengen aus dem ersten Quartal lassen sich nach Einschätzung von James Neale nicht aufrechterhalten. Der Experte von Citigroup schließt daher einen Rückgang bei der Gasförderung im zweiten Jahresviertel nicht aus und bestätigt die Aktie bei “Hold”. Das Kursziel wird angesichts der Gewinnüberraschung im ersten Quartal sowie einer höheren Prognose für den Bereich Ölsand aber auf 20 Pfund angehoben (zuvor: 19). Im Gegensatz zu den eher konservativen Kurserwartungen von JPMorgan und Independent Research zeigt sich National-Bank-Analyst Steffen Manske optimistischer: Er empfiehlt die Royal- Dutch-Shell-Aktie wegen des hohen Investitionsvolumens des Ölkonzerns unverändert zum Kauf. Die Investitionen von Shell seien im laufenden Quartal von 5,97 Dollar im Vorjahr auf 8,06 Mrd. Dollar angewachsen. Dieses Niveau sei attraktiv und untermauere die Kaufempfehlung.