Asset Management - Gespräch mit Jochen Müller

Simcorp will mehr als ein reiner Datenlieferant sein

Sprecher der Geschäftsführung Central Europe: Neue Module für das Portfolio-Management oder die Grenzüberwachung knüpfen an die Plattform an

Simcorp will mehr als ein reiner Datenlieferant sein

Von Silke Stoltenberg, Frankfurt In der Fondsbuchhaltung hat sich in den vergangenen Jahren in Deutschland ein klarer Marktführer als Informationstechnologie-Dienstleister herauskristallisiert: Über die Plattform Simcorp Dimension der dänischen Firma Simcorp laufen mittlerweile die Daten von 65 % der verwalteten Assets hierzulande. Allerdings ist der Markt unter insgesamt vier Anbietern fest verteilt. Von neuen Funktionalitäten über die Buchhaltung hinaus verspricht sich die für den deutschsprachigen Raum zuständige Tochter Simcorp Central Europe neuen Schwung für das Geschäft.”Insbesondere in neue Angebote im Frontoffice-Bereich haben wir zuletzt massiv investiert und ein neues Paket entwickelt”, berichtet Jochen Müller, Sprecher der Geschäftsführung Simcorp Central Europe, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. “Zusatzmodule und Dienstleistungen sind für uns in den nächsten Jahren die Wachstumsträger.” Das Kerngeschäft von Simcorp bei Kapitalanlagegesellschaften sind die Transaktions- und Marktdaten für die Fondsbuchhaltung. “Das ist quasi unsere Rohware”, sagt Müller. Mit diesem zentralen Datenhaushalt konnte sich Simcorp, deren deutsche Niederlassung in Bad Homburg angesiedelt ist, bei vielen Fondsgesellschaften durchsetzen (siehe Grafik).Insbesondere für das Publikumsfondsgeschäft wird der Datenlieferant gerne genutzt, hier liegt der Marktanteil von Simcorp bei 85 %, gemessen am verwalteten Vermögen. Konkurrenten sind das Schweizer Softwareunternehmen Profidata mit seiner Plattform Xentis und der Luxemburger IT-Dienstleister Multifonds mit dem gleichnamigen System. Mit der Deutsche-Bank-Tochter DWS, der Allianz-Tochter Allianz Global Investors (AGI) und dem Sparkassen-Dienstleister DekaBank hat Simcorp die großen Anbieter für sich gewinnen können. Einzig die genossenschaftliche Union Investment gehört nicht zu den Kunden. Potenzial bei SpezialfondsIm Spezialfondsgeschäft konnte sich Simcorp bislang weniger durchsetzen, hier liegt der Marktanteil nur bei 27 %. In diesem Bereich hat bislang Profidata die Nase vorn. Selten wird für die institutionelle Anlageklasse auch die Plattform GP3 des Softwareunternehmens Sungard genutzt. “Durch die bevorstehende Landesbankenkonsolidierung erhoffen wir uns allerdings noch Bewegung in diesem Segment”, hebt Müller hervor. Hierdurch könnten Simcorp neue Marktanteile zufließen, glaubt der 45-Jährige. Denn die Bewältigung von Konsolidierungsprozessen habe Simcorp bereits unter Beweis gestellt, als AGI und Deka ihr Buchhaltungsgemeinschaftsunternehmen Dealis gegründet hätten, argumentiert Müller. Allerdings hat Simcorp auch einen Kunden auf der Liste, dessen weitere Existenz mehr als in den Sternen steht: Die WestLB nutzt die Plattform in ihrem Depotbankgeschäft. Kleinere InvestitionsgrößenUnabhängig von Planspielen im Landesbankensektor erhofft sich Simcorp neue Einnahmequellen dadurch, dass die Asset Manager neue Module über das reine Datenkern-Zentralsystem bei Simcorp einkaufen werden. Das würde der dänischen Gesellschaft gut tun, dürften doch Umsatz und Gewinn 2010 schmaler ausgefallen sein. Der Konzern sei zwar weiterhin profitabel, “aber die Investitionsgrößen sind durch die Finanzkrise 2010 kleiner geworden”, sagt der promovierte Physiker. 2009 hatte die 1971 gegründete Simcorp unterm Strich 27 Mill. Euro verdient bei einem Umsatz von über 180 Mill. Euro. Ende Februar werden die Zahlen für das vergangene Jahr vorgelegt.Die neuen Angebote von Simcorp, die alle jedoch an die zentrale Plattform angeknüpft als zusätzliche Funktionen um den Datenhaushalt herum laufen, decken das Front-, Middle- und Backoffice im Asset Management ab. Die Dänen bieten seit neuestem z. B. Unterstützung im Portfolio-Management an, indem sie die Kennzahlen liefern über die Bestände und für neue Portfolio-Entscheidungen. Auch die Anlagegrenzüberwachung kann über Simcorp-Module erfolgen. Weitere Angebote gibt es u. a. im Bereich Wertpapierhandel und -abwicklung, im sonstigen Handel, im Risikomanagement, bei der Performance-Überwachung, in der Buchhaltung und im Berichtswesen.Die jüngsten oder bevorstehenden Regulierungsschritte – das Depotbank-Schreiben der BaFin, die EU-Richtlinie für alternative Produkte, AIFM, bzw. für normale Fonds, Ucits IV und Ucits V, haben nach Darstellung von Müller für wenig Umprogrammierungsaufwand bei der IT-Plattform gesorgt. “Schwerpunktmäßig geht es darum, den Kunden zu erklären, wo bestimmte Einstellungen verändert werden müssen, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden”, sagt Müller. Neue Funktionalitäten wie die Erstellung des neuen EU-Anlegerinformationsblatts KID hat Simcorp aber auch kreiert. Für den grenzüberschreitenden Vertrieb der Fonds mussten auch die lokalen Steuergesetze in die Software eingepflegt werden. Halbjährliches Update”Den letzten wirklich gewaltigen Umprogrammierungsaufwand hatten wir durch die Abgeltungsteuer”, berichtet Müller. Zweimal im Jahr bietet Simcorp ohnehin ein Update der Software an. Um im zunehmenden Tempo der nationalen, europäischen und internationalen Regulierungsschritte mithalten zu können, hat Simcorp Central Europe eine eigene Abteilung Legal Practices, in der sieben der insgesamt 160 Mitarbeiter für den deutschsprachigen Raum sich um die Analyse der gesetzlichen Anforderungen kümmern. “Obwohl wir als Softwareanbieter die Basis für die Umstellung der Gesellschaften auf neue Vorgaben sind, werden wir von den Behörden sehr spät informiert”, kritisiert Müller.Simcorp ist eine der Gesellschaften, die in den vergangenen Jahren davon profitierten, dass die Fondsbuchhaltung in Deutschland zunehmend ausgelagert wurde. Anbieter sind hierzulande z. B. die Simcorp-Kunden State Street oder Société Générale Securities Services. Erst seit der Dealis-Gründung aber wurde die Outsourcing-Quote in diesem Dienstleistungsbereich hierzulande von 11 auf 43 % gemessen an den Assets under Management nach oben katapultiert. In anderen Ländern wie Großbritannien oder Luxemburg beträgt die Quote dagegen bis zu 90 %.Neben der Fondsbranche sind Banken und Versicherer Nutzer des Investment-Management-Systems von Simcorp. Insgesamt sind es weltweit über 170 Kunden. Die in Kopenhagen beheimatete IT-Gesellschaft hat mehr als 1 100 Mitarbeiter. Den größten Marktanteil mit mehr als 70 % hat das Unternehmen in Skandinavien. Auch in den Benelux-Ländern und Kanada ist Simcorp erfolgreich, in den USA dagegen noch wenig verbreitet. Müller ist seit September 2009 Sprecher der Geschäftsführung von Simcorp Central Europe, als das Dachunternehmen für die Niederlassungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz gegründet wurde. Er arbeitet bereits seit 1996 für den Softwareanbieter.