Spac-IPOs boomen stärker denn je

„Spacs“ gehen als leere Mantelgesellschaft an die Börse mit dem Ziel, Geld für eine Akquisition einzusammeln. Die Special Purpose Acquisition Companies boomen wie noch nie. Das Emissionsvolumen von bis dato 73 Spac-IPOs im Jahr 2020 liegt bei 29 Mrd. Dollar. VW ist bei einem Batteriehersteller involviert.

Spac-IPOs boomen stärker denn je

cru Frankfurt

In den USA haben Spacs im Jahr 2020 bis dato mehr frisches Geld bei ihren Börsengängen eingesammelt als jemals zuvor – und erleben damit ein erstaunlich starkes Comeback, nachdem sie lange Zeit aus der Mode gewesen sind. Das Emissionsvolumen dieser speziellen Anlagevehikel, von denen 73 neu gegründet wurden, hat sich auf 29 Mrd. Dollar verdoppelt. Im Jahr 2019 hatten 59 Spacs mit ihren IPOs rund 14 Mrd. Dollar eingenommen – auch das war bereits der höchste Wert seit zehn Jahren. Das geht aus einer Analyse der Investmentbank Morgan Stanley hervor.

Die bis vor zwei Jahren wegen früherer Flops als Zocker-Vehikel verschrienen Spacs sind Blankoscheck-Unternehmen, die zunächst als leere Mantelgesellschaft an die Börse gehen und mit ihren Aktien, die stets zum Standardpreis von 10 Dollar pro Stück verkauft werden, frisches Geld für die spätere Übernahme eines nicht börsennotierten und vermeintlich unterbewerteten Unternehmens einsammeln. An der Spitze steht meist ein bekannter Gründer („Sponsor“), der als cleverer Investor gilt. Die Spacs ähneln somit den klassischen, nicht börsennotierten Private-Equity-Fonds, investieren aber meist nur in ein einziges Unternehmen.

Schon 21 Übernahmen

Der Morgan-Stanley-Analyse zu­folge haben im Jahr 2020 bis dato schon 21 Spacs die Übernahme eines Unternehmens vollzogen, und weitere 29 solcher Übernahmen mit einem Assetwert von addiert 34 Mrd. Dollar sind gerade angebahnt. Die Kapitalzusagen der Investoren, die in Spacs als sogenanntes Dry Powder für weitere Übernahmen bereitliegen, betragen 30 Mrd. Dollar.

Laut Morgan Stanley erfolgen die Spac-Gründungen und -Übernahmen über alle Wirtschaftszweige. Keine Branche hat mehr als 20% Marktanteil. Selbst inmitten der Hochzeit der Pandemie im April und Mai gingen 15 Spacs an die Börse. Erfolgreiche Spac-IPOs wie das des Sportwettenanbieters Draftkings locken weitere Gründer an – wie auch die als Übernahmeziel dienenden Unternehmen, die den einfachen und schnellen Weg an die Börse schätzen.

Angelockt werden die Investoren von Erfolgsgeschichten wie der Übernahme des Sportwettenanbieters Draftkings durch den Spac Diamond Eagle des ehemaligen Hollywood-Managers Jeff Sagansky. Nur wenige Monate danach stieg der Kurs wegen des Wetten-Hypes in der Pandemie auf 35 Dollar, was einer Marktkapitalisierung von 12 Mrd. Dollar entspricht. Damit wurde Draftkings zu einem der wertvollsten Spacs.

Kritik ziehen die Spacs allerdings dadurch auf sich, dass ihre Gründer einen Anteil von typischerweise 20% der Aktien gratis erhalten – was auf der später möglichen Kursentwicklung an der Börse lastet und den Anreiz für den Gründer mindert, ein gutes Unternehmen zu finden.

Jüngstes Beispiel für den Spac-Boom ist der US-Feststoffbatteriespezialist für Elektroautos Quantumscape. Der Volkswagen-Partner, in den VW 300 Mill. Dollar für eine Beteiligung investiert hat, plant den Börsengang in New York mit Hilfe eines „Reverse Merger“ mit dem Spac Kensington Capital Acquisition durch Tausch von Aktien, bei dem die Eigentümer der Zielfirma nach Abschluss der Transaktion die Mehrheit des übernehmenden Unternehmens halten. Quantumscape strebt eine Firmenbewertung von 3,3 Mrd. Dollar an. Der Börsengang ist für Ende 2020 vorgesehen. Bemerkenswert unter den Spac-Übernahmen in jüngster Zeit waren zudem der Kauf des Zahlungsdienstleister Paya durch den Spac Fintech Acquisition Corp. III zusammen mit Wellington Management als Ankerinvestor sowie die Fusion des Seltene-Erden-Spezialisten MP Materials mit dem Spac Fortress Value Acquisition und die Verschmelzung der Lebensmittelhändler Arko und GPM mit dem Spac Haymaker Acquisition.

Zu den gerade laufenden Übernahmen zählen der Kauf von Cerevel Therapeutics durch Arya Sciences Acquisitions für 847 Mill. Dollar, die Übernahme von GCM Grosvenor durch CF Finance für 1,9 Mrd. Dollar und die Fusion von Multiplan mit Churchill Capital für 11 Mrd. Dollar. Bereits abgeschlossen sind unter anderem die Übernahmen von Digital Media Solutions durch Leo Holdings sowie von Whole Earth Brands durch Act II Global und Open Lending durch Nebula Acquisition.

90 Spacs liegen auf der Lauer

Zu den Spacs, die mit Milliarden an Dry Powder auf der Lauer liegen, zählen Pershing Square Tontine mit 4 Mrd. Dollar sowie Churchill Capital IV mit 1,8 Mrd. Dollar und Foley Trasimene mit 1,04 Mrd. Dollar. Insgesamt warten noch fast 90 Spacs auf die Gelegenheit, mit ihrem „Dry Powder“ in Form einer Übernahme zum Schuss zu kommen.