Immobilien

Subprime-Entwarnung für Deutschland

Hiesige Immobilienbranche fühlt sich sicher - Pfandbriefe dominieren Refinanzierung

Subprime-Entwarnung für Deutschland

Von Antje Kullrich, Düsseldorf Angesichts der Subprime-Krise in den USA ist die deutsche Immobilienwirtschaft derzeit fleißig bemüht, Entwarnung zu geben. “Ein mit dem Subprime-Bereich des US-Immobilienmarkts vergleichbarer Hochrisiko-Sektor existiert im deutschen Hypothekenmarkt nicht”, stellte der Zentrale Immobilien-Ausschuss (ZIA) in einer Mitteilung klar. Unisono betonten Branchenvertreter und Ratingagenturen: Der deutsche Markt funktioniert ganz anders. Vollfinanzierung seltenSo schloss auch der IVD Bundesverband, in dem viele Makler organisiert sind, eine mit den USA vergleichbare Hypothekenkrise in Deutschland aus. “Mittel- bis langfristig besteht jedoch die Möglichkeit, dass die Zinsen für Darlehen weiter ansteigen”, sagte IVD-Vizepräsident Jürgen Michael Schick. Der Grund: Institute, die beispielsweise Vollfinanzierungen von Hauskäufen anböten, finanzierten sie über Anleihen am Kapitalmarkt. Diese Refinanzierung sei durch die Krise in den USA teurer geworden. Der IVD rechnet damit, dass hiesige Institute bei der Kreditvergabe noch vorsichtiger werden dürften. “Bei Darlehen, die zu 100 % und mehr finanzieren, dürfte künftig die Bonität der Kreditnehmer noch genauer geprüft werden. Zudem wird voraussichtlich eine höhere Risikoprämie verlangt werden”, prognostizierte Schick. Finanzierungen von 100 % und mehr, bei denen Eigenheimkäufer nicht nur den gesamten Kaufpreis eines Hauses, sondern auch die Nebenerwerbskosten als Kredit aufnehmen, sind in Deutschland allerdings eher die Ausnahme.Der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) beschwichtigte ebenfalls. Die Struktur der Refinanzierung der Immobilienfinanzierer hierzulande unterscheide sich stark von der Situation in den USA, sagte ein Sprecher. In Deutschland sei der Pfandbrief das dominierende Instrument, wenn Immobilienkredite an den Kapitalmarkt weitergereicht würden. Und der, so preist der vdp, sei um ein Vielfaches transparenter und sicherer als zum Beispiel RMBS (Residential Mortgage Backed Securities). Per Gesetz geregeltDer gute alte Pfandbrief, seit mehr als 100 Jahren existent, ist mittlerweile auch ein Exportschlager geworden – auch, weil er für seine Sicherheit geliebt wird. Bei Pfandbriefen, betont der vdp-Sprecher, greife eine viel stärkere Aufsicht. Das Produkt sei sogar in einem eigenen Gesetz geregelt – ganz anders als Verbriefungen, die ganz individuell gestaltet werden könnten. Doch welcher Investor könne schon jeden Emissionsprospekt bis ins Detail lesen?So sind Hypothekenpfandbriefe trotz leicht rückläufiger Volumina in den vergangenen Jahren in Deutschland bei der Refinanzierung der Hypothekenbanken immer noch erste Wahl. Vom gesamten Pfandbrief-Neuemissionsvolumen im vergangenen Jahr von 167 Mrd. Euro entfielen 21 % oder gut 35 Mrd. Euro auf hypothekengedeckte Papiere. Der Umlauf von Hypothekenpfandbriefen am Markt belief sich auf 223 Mrd. Euro – eine Zahl, die in den vergangenen vier Jahren kontinuierlich zurückgegangen ist. Im Jahr 2003 waren es noch 256 Mrd. Euro. RMBS noch jungVerbriefungen dagegen sind nach Ansicht von Beobachtern ein tendenziell wachsendes Segment. Doch die Zahl der Verbriefungen von Wohnungsbaukrediten ist in Deutschland bislang überschaubar. Nur vier deutsche öffentliche RMBS-Transaktionen zählte die Ratingagentur Fitch 2006. Dazu kamen laut Moody’s zwei weitere private Emissionen. Das Gesamtvolumen der sechs Platzierungen belief sich auf 11,4 Mrd. Euro. Mit Blick auf 2007 rechnet Moody’s zwar mit einem etwas geringeren Volumen bei True-Sale-Transaktionen, gleichzeitig aber könnten neue Emittenten den RMBS-Markt nutzen, heißt es in einer Anfang März publizierten Studie.Einer der Dauergäste auf der Verbriefungsplattform der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist die HypoVereinsbank, die auch im vergangenen Jahr mit 2,9 Mrd. Euro das größte Volumen in einer RMBS-Transaktion an den Markt brachte. Ein Jahr zuvor hatte sie bereits das Rekordvolumen von knapp 4,8 Mrd. Euro platziert – hinterlegt mit Hypothekendarlehen von Privatkunden. Sparkassen behalten RisikenRMBS sind ein noch junges Instrument. Die Rheinische Hypothekenbank startete vor zwölf Jahren die erste mit Hypothekendarlehen unterlegte Verbriefungstransaktion in Deutschland mit einem Portfolio aus gewerblichen und privaten Baukrediten. Ein ausschließlich mit Wohnungsbaukrediten bestücktes Paket brachte erstmals 1998 die Deutsche Bank an den Markt. Seit Oktober 2001 existiert die synthetische Verbriefungsplattform Provide der KfW, die Kreditinstituten eine standardisierte Infrastruktur für die Verbriefung privater Hypothekendarlehen anbietet. Bis dato wurden darüber 33 RMBS-Transaktionen abgewickelt – die jüngste im Februar 2007 mit einem Portfolio von 4 Mrd. Euro dänischer Hypothekenkredite der Danske Bank. In Deutschland brauchen Sparkassen und Genossenschaftsbanken als Marktführer bei der Finanzierung privater Eigenheime jedoch den Kapitalmarkt meist erst gar nicht. Für sie zählt das Kreditgeschäft mit den Häuslebauern oft zum Kerngeschäft. Sie behalten die Darlehen in den eigenen Büchern und refinanzieren durch das Einlagengeschäft.Ohnehin ist eine laxe Vergabepraxis von Immobilienkrediten wie in den USA, wo teilweise nicht einmal Einkommensnachweise vorgelegt werden mussten, in Deutschland kaum denkbar. Wer einen negativen Schufa-Eintrag hat oder über zu wenig Eigenkapital verfügt, bekommt meist gar keine Finanzierung angeboten. Die verbreitete Alternative in Deutschland – ganz anders als im eigentumsdominierten Großbritannien oder den USA – heißt Mieten.Zudem sind in Deutschland bei privaten Immobilienfinanzierungen langfristige Zinsbindungen üblich. Bei mehr als der Hälfte aller Wohnbaukredite sind laut einer Studie des vdp die Zinsen für mehr als fünf Jahre fix. In den USA dagegen dürfen die Schuldner häufig für die ersten beiden Jahre niedrige fixe Anfangszinsen zahlen, danach allerdings variieren die Sätze nach Marktlage. So geraten bei einem Zinsanstieg verstärkt Eigenheimbesitzer in Zahlungsschwierigkeiten – so wie in der aktuellen US-Krise fast lehrbuchmäßig zu sehen.