US-Markt ist attraktiv für Mietwohnungen und Projektentwicklungen
Von Thomas List, Frankfurt Die Lage am US-Immobilienmarkt ist nicht so schlecht, wie es den Anschein hat. Es gelte nach Regionen und Nutzungsarten zu differenzieren und nicht einzelne Indikatoren wie die Case Shiller Indizes für den Gesamtmarkt stehen zu lassen, sagte Karin E. Shewer, Gründerin, Partnerin und President des US-Immobilienanlageberaters Real Estate Capital Partners (RECP), im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Gute Fundamentaldaten”Der gewerbliche Markt weist nach wie vor gute Fundamentaldaten auf. Der Leerstand ist gering ebenso wie die Neubautätigkeit.” Landesweit liege die Leerstandsrate bei 14,2 %, in New York City (Manhattan) sogar nur bei 6 %. “Die Leerstände werden aber steigen.” Die Rezession wirke sich bereits auf den US-Einzelhandel aus und führe zu sinkenden Preisen bei Einzelhandelsimmobilien. “Immobilien zu kaufen ist im Moment praktisch unmöglich, weil seit der Lehman-Pleite von den Banken praktisch kein Fremdkapital mehr zu bekommen ist.” Den Rückgang beim Transaktionsvolumen gibt Shewer mit 70 % an. “Die Preise werden sinken. Doch wo sie landen, ist im Moment vollkommen unklar.” Flucht in die QualitätKlar ist für Shewer aber die Flucht in Qualität und die Rückkehr zur Differenzierung zwischen “A”- und “B”Städten. “Die Banken werden bei ihren Kreditentscheidungen wesentlich auf den tatsächlichen Cash-flow der zu finanzierenden Objekte achten – und sich nicht mit dem projektierten zufrieden geben. Im Moment sind Beleihungswerte von bis zu 60 % möglich – noch vor einem Jahr waren es 75 % und mehr .” RECP hat in diesem Jahr praktisch keine Transaktionen durchgeführt. “Im Moment bestraft uns der Markt nicht, wenn wir nichts machen. Denn angesichts ausbleibender Transaktionsdaten sind alle Marktteilnehmerin der gleichen Lage. Wir wissen schlicht nicht, welche Anfangsrenditen die Investoren in drei oder vier Jahren erwarten werden.” Die wichtigsten TugendenDie wichtigsten Tugenden für Investoren am US-Markt sind für Shewer im Moment Geduld und die entschlossene Nutzung von Gelegenheiten. “Wer mit einem hohen Fremdkapitalanteil von 75 % bis 85 % gekauft hat und refinanzieren muss, dem bleibt angesichts der dann zu erwartenden deutlich verschlechterten Konditionen nur, entweder sein Objekt zu verkaufen oder einen strategischen Partner an Bord zu holen”, ist Shewer überzeugt. Mit einer breiten Refinanzierungswelle rechnet sie ab dem zweiten Halbjahr 2009. RECP setzt jetzt auf Mietwohnungen. “Die US-Bevölkerung wächst kräftig. Gerade über 65-Jährige sowie unter 25-Jährige heizen die Nachfrage nach Mietwohnungen an. Der Trend geht klar in die Innenstädte und in die Nähe der Arbeitsstelle.” Shewer hat bereits entsprechende Projekte realisiert. “Wir haben einer Bank eine Eigentumswohnanlage mit einem großen Wertabschlag abgekauft und die Wohnungen für drei bis vier Jahre vermietet. Mit erworben haben wir das Grundstück daneben, auf dem auch noch Wohnungen errichtet werden können.” Gute Aussichten in New YorkAndere Investoren würden im Moment günstig Land erwerben oder Einfamilienhäuser vermieten, statt sie zu verkaufen. “Am Wohnungsmarkt haben New York City und Washington D.C. langfristig gute Chancen.” RECP setzt sowohl auf traditionelle Projektentwicklungen mit Partnern als auch auf die Renovierung bestehender Wohnanlagen. RECP investiert aber auch in Studentenwohnheime. “Von denen gibt es trotz steigender Studentenzahlen bisher viel zu wenige.” 2004 und 2005 wurde in zwei entsprechende Projekte investiert, 2005 konnten beide Projekte verkauft werden. Neue AnlagemöglichkeitEine neue, interessante Investitionsmöglichkeit ist für Shewer die Bereitstellung von Mezzaninekapital. Die Tranche zwischen Fremdkapital (60 bis 70 % der Kosten) und Eigenkapital (20 bis 25 %) bringe Renditen von 12 bis 17 %. Als Nutzungsarten kämen sowohl Büros als auch Wohn, Industrie- und Einzelhandelsimmobilien infrage.Schließlich gebe es auch noch “opportunistische” Chancen in leistungsgestörten Märkten wie Las Vegas und dem südlichen Florida. Dies gelte für die Bereitstellung von Mezzaninekapital bei Vorhaben, die ihren Fremdkapitalanteil reduzieren müssten, aber auch für den Kauf von Einfamilienhäusern mit hohen Abschlägen in ausgewählten Gegenden wie dem Südosten Floridas. “Diese Häuser werden vermietet, bis sich der Markt wieder stabilisiert hat – also voraussichtlich 2011 – und dann verkauft.” RECP entwickelt aber auch Bürogebäude und Wohnimmobilien und verkauft sie nach Fertigstellung und Vermietung an institutionelle Anleger wie Pensionsfonds und Versicherer. Nach Angaben Shewers hat das Unternehmen bisher mit Partnern 144 Projektentwicklungen im Wohn- und gewerblichen Bereich im Wert von 4,8 Mrd. Dollar durchgeführt, von denen bisher 103 verkauft wurden. Die Rendite lag bei einer Laufzeit von zwei bis vier Jahren bei mehr als 20 % netto. Außerdem hat RECP seit ihrer Gründung vor 19 Jahren 59 Bestandsobjekte (gewerblich und Wohnen) im Gesamtwert von 2,3 Mrd. Dollar gekauft und bisher 30 wieder verkauft. Die Netto-Rendite lag nach Angaben des Unternehmens zwischen 13,5 % und 16 %.