Was Exchange Traded Funds wirklich bringen
Von Horst Schneider *) Anleger sind immer auf der Suche nach dem Investment, das alle positiven Eigenschaften in sich vereint: Es soll möglichst eine höhere Rendite bringen, als der Gesamtmarkt sie erzielt. Dabei soll das Risiko auch noch vergleichsweise niedriger liegen. Und zu guter Letzt muss es natürlich auch günstig sein. Am besten, es kostet gar nichts. Dieser Zielkonflikt zwischen Rendite, Risiko und Kosten macht Anlegern seit jeher zu schaffen. Und jeder Investor weiß: Die Lösung dieses Zielkonflikts gleicht der Quadratur des Kreises. Mal ist es die Rendite . . .Je nachdem wie der Gesamtmarkt läuft, rückt eine der genannten Komponenten ganz besonders in den Fokus der Öffentlichkeit. Geht es an den Märkten steil bergauf, erfährt insbesondere das Kriterium der Rendite besondere Beachtung. Der eine oder andere wird sich an die Blüten der Neuer-Markt-Zeit erinnern, als zweistellige Performance-Wünsche sich nicht auf das Jahr bezogen, sondern oftmals auf die Woche. Kosten spielten keine Rolle, Risiken wurden völlig ausgeblendet.Ganz anders war die Wahrnehmung nur wenige Jahre danach: In den Jahren 2003 und 2004 erkannten Anleger nur noch Risiken. Dass dies historisch eine sehr günstige Zeit für den Aufbau von Positionen war, realisierten viele erst im Rückblick. Damals folgerten sie aus dem vorhergehenden Kursabsturz, dass in nächster Zeit keine Erholung anstehen werde. Kosten waren insofern von untergeordneter Bedeutung, als die vorangegangenen Verluste aus den Engagements sie um ein Vielfaches übertrafen. . . . und mal sind es die KostenHeute stellt sich die Situation wieder anders dar: Seit einiger Zeit verlaufen die großen Märkte weltweit in einem gewissen Korridor mehr oder weniger seitwärts. Der Dax, der in den vergangenen sechs Monaten zwischen 6 100 und 7 100 Punkten pendelte, ist dafür ein gutes Beispiel. Seit Jahresbeginn hat er sogar deutlich verloren – keine schöne Zeit für Investoren. Hier rücken die Kosten natürlich deutlich in den Vordergrund, und die Frage nach der dafür gebotenen Leistung wird lauter.Aus dieser Betrachtung hat sich ein neuer Trend entwickelt: Investieren via Exchange Traded Funds (ETF). Diese sind eine Spielart der Fonds, die einen Index eins zu eins nachbauen. Die dabei anfallenden Managementgebühren sind mit 0,1 bis 1 % p. a. vergleichsweise gering. Anbieter von ETF bewerben ihre Produkte mit der verkürzten Pauschalaussage, die meisten Fondsmanager würden den Vergleichsindex ohnehin nicht schlagen – und dafür auch noch Kosten in Rechnung stellen. Warum also nicht gleich via ETF in den Index investieren, und dies zu minimalen Kosten?Eindimensional betrachtet scheint für den Anleger die Quadratur des Kreises damit gelungen. Und die Verkaufszahlen der ETF belegen, dass das Produkt zur rechten Zeit am rechten Ort den Geschmack vieler Anleger getroffen hat. In Europa wurden im zweiten Quartal 2008 zum ersten Mal mehr als 100 Mrd. Euro Anlegergelder in ETF verwaltet. Dabei spielt Deutschland – wen wundert es – eine dominierende Rolle. Knapp 36 % des Volumens liefen im Juni über deutsche Börsen. ETF sind hierzulande zu einem neuen Anlagetrend geworden.Dies allein ist Grund genug, für diese Produktkategorie neben den viel zitierten und gewiss vorhandenen Möglichkeiten auch einmal ihre Grenzen im modernen Vermögensmanagement auszuloten: Im Gegensatz zu einer aktiven Verwaltung der Gelder, beispielsweise in einem Fonds, ist ein ETF nicht dafür konzipiert, Rendite zu erzielen. Ein ETF soll einen Markt abbilden. Nicht mehr und nicht weniger. Fällt der Markt, fällt der ETF in gleichem Ausmaß. Bei einer aktiven Verwaltung der Gelder in einem Fonds besteht dagegen statistisch gesehen eine signifikante Chance, besser als der zugrunde liegende Markt abzuschneiden und zugleich das Risiko des Investments zu reduzieren – auch nach Abzug der anfallenden Kosten für eben diese Leistung des aktiven Managements. Asset-Allokation maßgeblichProfessionelles Vermögensmanagement setzt aber noch eine Ebene über den Investmentprodukten an: Bei der Erzielung einer möglichst hohen Gesamtrendite sind die Kosten nur ein Aspekt. Weit wichtiger ist die Bestimmung der richtigen Asset-Allokation. Wenn es um die langfristige Anlage von Vermögen geht, sollte der Investor vier Fragen stellen und darauf überzeugende Antworten erhalten. Erstens: Kann der Vermögensmanager auf sich ändernde Marktphasen reagieren? Eine professionelle dynamische Asset-Allokation berücksichtigt dabei die traditionellen Märkte ebenso wie Asset-Klassen, in die Privatanleger nur schwer allein investieren können, zum Beispiel Hedgefonds.Zweitens: Wie sieht es mit der Prognosebasis aus? Aus den Kursverläufen der Vergangenheit lassen sich nicht zwingend Schlussfolgerungen für die Zukunft ableiten. Einzig professionelles Research von Marktexperten bildet ein tragfähiges Fundament.Drittens: Wie steht es um die Kostentransparenz innerhalb der Vermögensverwaltung? Retrozessionen sollten dem Fondsvermögen gutgeschrieben und Erfolge des Verwalters über eine Performance-Gebühr honoriert werden. Nur so lässt sich eine maximale Interessengleichheit erzielen. Eine Frage der FlexibilitätUnd die vierte Frage stellt sich nach der Flexibilität bei der Auswahl der Investmentvehikel: Grundsätzlich sollte der Verwalter frei sein, für jeden Markt das Passende auszuwählen. Bei ausreichender Kompetenz und Transparenz greift er auf erfahrene Fondsmanager zurück, die in der Lage sind, ihren Markt zu schlagen – und dies auch unter Beweis gestellt haben. Genauso gut kann der Verwalter aber auch dort, wo er Zweifel hat, eine Passivstrategie via ETF verfolgen. In der Diskussion um Vor- und Nachteile von einzelnen Produktgruppen sollten Anleger nie das eigentliche Ziel aus den Augen verlieren: Ein Gesamtdepot so aufzustellen, dass es bezüglich Rendite und Risiko bessere Eigenschaften aufweist als die Summe seiner Bestandteile. Wer dieses Ziel erreicht, sieht auch die Kosten wieder in einem anderen Licht. *) Horst Schneider ist Leiter Vermögensmanagement beim Finanz- und Vermögensberater MLP.