Recht und Kapitalmarkt - Kanzleien im Gespräch

White & Case will im umkämpften deutschen Rechtsmarkt weiter wachsen

Hauptmann: Konsolidierung nicht vergessen - Stärkeres Zusammenrücken der einzelnen Standorte

White & Case will im umkämpften deutschen Rechtsmarkt weiter wachsen

Von Walther Becker, Frankfurt Das vor vier Jahren bezogene, von Architekt Jo Franzke geplante Gebäude an der Bockenheimer Landstraße hat sich inzwischen gefüllt. Standen beim Einzug in den beeindruckenden Bau einige Etagen noch leer, so hat White & Case LLP nun nur noch ein Stockwerk zur Verfügung für die weitere Expansion. So hat die Sozietät also Platz für Neuzugänge. “Wir wollen in dem umkämpften Markt weiter wachsen, dabei aber die Konsolidierung nicht vergessen.” Markus Hauptmann, Executive Partner des Frankfurter Büros, weiß, dass sich Wachstumsraten von 20 % und mehr in Umsatz und Personal nicht ewig fortsetzen lassen. Doch von einem Knick sei nichts zu spüren, sagt er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Keine Spätfolgen Sieben Jahre nach dem Zusammengehen mit White & Case aus New York sei für die ehemalige Kanzlei Feddersen Laule Ewerwahn Scherzberg Finkelnburg Clemm die Integrationsphase Vergangenheit. Und es gebe auch keine Spätfolgen. Diese sind vielfach bei englischen Konkurrenten Jahre nach deren internationalen Fusionen aufgetaucht. Weltweit steht White & Case an sechster Stelle der Anwaltskanzleien mit 1,18 Mrd. Dollar Umsatz im abgelaufenen Turnus und mehr als 2 000 Berufsträgern. Mit über 1 000 Anwälten ist die Kanzlei eines der größten US-Häuser in Europa. Hierzulande wuchs das Geschäft um 9,4 % auf fast 111 Mill. Euro nach einem Plus von 22 % im Jahr zuvor. In Frankfurt, dem größten Standort von White & Case in der Bundesrepublik, wurde die Mannschaft von 70 auf 101 Anwälte ausgebaut. Der Umsatz legte nach 33 % 2005 zuletzt um 35 % zu. Und Hauptmann vergisst nicht den Hinweis, dass dieses Wachstum ertragreich sei. “Frankfurt war 2006 das profitabelste Büro von White & Case weltweit”, sagt Hauptmann. Frankfurt vorneDie Niederlassung in der Mainmetropole ist die fünftgrößte global. New York und London liegen vorne; Deutschland sei der drittwichtigste Markt für White & Case. “Blind wachsen, auf Teufel komm raus, das werden wir nicht machen”, betont Hauptmann. In den sechs deutschen Büros – Berlin, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und seit einiger Zeit auch München – sind über 240 Anwälte für die Kanzlei tätig, davon 53 Equity-Partner. Weltweit sind es in 35 Büros mehr als 2 000 Anwälte, davon 424 Vollpartner. Doch das Wachstum werde kaum so weitergehen, weiß der Executive Partner. In Frankfurt plage White & Case das “Luxusproblem”, dass man zu wenig Equity-Partner habe. Dies zeigt der “Leverage”, das Verhältnis von Partnern zu Associates mit der Relation eins zu fünf. “Wir fühlen uns mit diesem Hebel wohl, mehr sollte es aber nicht werden”, sagt Hauptmann. Da weiter eingestellt werde, haben auch die Nachwuchskräfte Chancen, zum Partner aufzurücken. Anders als die meisten anderen Großkanzleien hierzulande operiert White & Case nicht mit einer Leistungsstruktur pro Land, sondern lässt die einzelnen Standorte am langen Zügel. In der Sozietät werden die Management-Strukturen im Hinblick auf ein engeres Zusammenwirken der deutschen Standorte gegenwärtig diskutiert und neu geordnet. Diese sollen nach der Sommerpause abgebildet werden. Die Organisation soll optimiert werden. Druck aus den USA oder Direktiven, eine neue Struktur einzuziehen, gebe es nicht. Und auch intern erkennt Hauptmann keinen Widerstand gegen ein solches Projekt.Auch White & Case hat wie die Konkurrenz Probleme, in ausreichender Zahl hoch qualifizierte Juristen zu finden. Gezahlt werden Einstiegsgehälter von um 80 000 Euro p. a., worauf dann ein Bonus gelegt werde bis 10 % individuell im ersten Jahr, der ab dem dritten Jahr 25 % erreichen könne. Dabei wird ein Teil des Bonus an bestimmten wirtschaftlichen Kennziffern der Kanzlei in Deutschland ausgerichtet. Man sei sich bewusst, dass Anwälte keine Nummer in einem großen Gebilde sein wollten, und biete ihnen damit einen dem Beruf angemessenen Freiheitsgrad sowie einen unternehmerischen Anreiz. Immobilien florierenUnter den einzelnen Rechtspraxen floriere vor allem das Immobiliengeschäft. So habe man derzeit zwei Reits auf der Pfanne. Bei M & A habe White & Case noch Wachstumspotenzial, auch bei Equity Capital Markets wolle man weiter ausbauen und habe dies gerade mit dem Gewinn des US-Anwalts James Black unter Beweis gestellt. Finance ist schwergewichtig in Frankfurt und Hamburg angesiedelt, M & A ebenfalls. Für Corporates bilde Düsseldorf den Schwerpunkt, aber auch in Frankfurt sei W & C auf diesem Gebiet sehr aktiv. Die Sozietät halte uneingeschränkt am Ansatz einer Full-Service-Kanzlei fest und begleite ihre Mandanten zunehmend ins Ausland. Auf 90 % schätzt Hauptmann den Anteil des eigenen, in Deutschland akquirierten Geschäfts. White & Case lebe sowohl von der Dauerberatung als auch von Transaktionen. Dass auch börsennotierte Unternehmen ihre Rechtsabteilungen abschafften, komme White & Case zugute. Immer wichtiger werde es, für die Unternehmen weltweite Panels aus Kanzleien zu bilden, aus denen sie dann von Fall zu Fall betreue, wer sie berate. Für Großunternehmen verfolge man den “Client-Relationship”-Ansatz.