Wohnungen: Abschied vom schnellen Euro
tl Frankfurt – Einzelprivatisierungen von Wohnungen werden in Deutschland immer schwieriger. Stattdessen würden sie zunehmend länger im Bestand gehalten, um ihren Wert durch Sanierung und Modernisierung zu steigern. Danach könnten die Objekte dann wieder an Mieter oder Kapitalanleger verkauft werden, sagte Jürgen Kelber, Geschäftsführer der Alt & Kelber Wohnungsprivatisierung GmbH, vor der Presse in Frankfurt. Viele, gerade ausländische Investoren hätten die Schwierigkeiten bei Einzelprivatisierungen unterschätzt und setzten angesichts des Anstiegs der Einkaufspreise auf inzwischen rund 1 000 Euro pro Quadratmeter auf Blockverkäufe. “Bei durchschnittlichen Verkaufspreisen bei Einzelprivatisierungen von 1 180 Euro pro Quadratmeter ist da nicht mehr viel Luft zum Einkaufspreis”, sagte Kelber. Daher seien in den vergangenen zwei Jahren auch kaum noch neue Bestände in den Einzelverkauf gekommen. Auch beim Privatisierungsauftrag der Deutschen Annington für Alt & Kelber sind die Verkaufszahlen nach Angaben von Kelber halbiert worden. “In der Spitze haben wir insgesamt 5 000 Wohnungen im Jahr an Mieter und Kapitalanleger verkauft, im Durchschnitt waren es 3 500 bis 4 000, aber aktuell nur noch 2 800”, sagte Kelber. Frank Kammerer von der Berner Group konstatiert beim Ankauf von Wohnungsbeständen durch viele ausländische Investoren schwere Fehler. Häufig seien die Objekte nur “im Vorbeifahren” geprüft worden – mit entsprechenden Folgen für die Qualität. “Wie soll an schlechten Standorten die Privatisierung funktionieren?”, fragt Kammerer. Deshalb müssten diese Objekte jetzt in den Bestand genommen werden. Inzwischen würden aber auch ausländische Investoren genauer prüfen, bevor sie investieren, und mit regionalen Partnern zusammenarbeiten. So habe die Berner Group im Rahmen eines Joint Venture mit Fortress Teile der Due Diligence bei Gagfah und Nileg durchgeführt. Bestände jetzt managenFür Kelber ist es Gebot der Stunde, durch das Management der Bestände Wertsteigerungen zu erzielen und die Wohnungen dann einzeln zu verkaufen. “Über die internen Plattformen der Investoren hat das nicht gut funktioniert, da dort durch den Personalabbau viel Fachwissen verloren gegangen ist.” Kelber sieht jetzt Unternehmen wie sein eigenes mit ihrer jahrelangen Erfahrung am Zug. “Bei den Einzelobjekten kommt es auf einen guten Mix aus Eingennutzern und langjährigen, zuverlässigen Mietern an”, beschreibt er eine zentrale Voraussetzung für Wohnungsverkäufe an private Kapitalanleger. Um diesen durch gescheiterte Investitionen in den neuen Bundesländern traumatisierten Personenkreis zu gewinnen, setzt Alt & Kleber unter anderem auf die technische Prüfung ihrer Objekte durch die Dekra. Nach Beobachtung von Kelber haben die großen Investoren in Erwartung eines baldigen Börsengangs kaum in ihre Bestände investiert. “Da diese Chance zum schnellen Ausstieg zumindest vorläufig nicht mehr besteht, müssen diese Gesellschaften jetzt investieren, um aus ihren Beständen etwas zu machen. Die Mieter sind durchaus bereit, eine höhere Miete zu zahlen, wenn sie eine gute Ware bekommen.” Unbestreitbar sei aber, dass die Rendite damit geringer ausfallen werde als von den Finanzinvestoren ursprünglich geplant. Auch Frank Kammerer von der Berner Group setzt auf mehrjährige Entwicklungszeiten bei Wohnungen. “10 bis 20 % höhere Kaltmieten innerhalb von drei Jahren sind durchaus realistisch. Voraussetzung ist aber, dass sich die Investoren um ihre Bestände kümmern.” Als Beispiel nannte Kammerer die Platzierung von Ansprechpartnern in den Wohnanlagen selbst, aber auch so einfache Dinge wie die Installation neuer Briefkästen. Die Investitionen ließen sich auch aus dem Cash-flow bezahlen, frische Mittel seien damit nicht unbedingt erforderlich. “Höhere Mieten sind aber auch nur dann durchsetzbar, wenn die Wirtschaft weiterhin wächst”, betonte Kammerer. Grundsätzlich nehme das Interesse an Wohnungsprivatisierungen zu, betonte Kelber. Er führt dies auf die von den Bürgern eingsehene Notwendigkeit zurück, zunehmend privat für das Alter vorzusorgen, aber auch auf die breite Berichterstattung über die im internationalen Vergleich geringe Eigentumsquote in Deutschland. Ein stark expandierendes Geschäftsfeld ist für Alt & Kelber die Verwaltung von Wohnungsbeständen. “Während wir früher 1 000 Einheiten im Jahr hinzugewinnen konnten, wachsen wir im Moment um 1 000 bis 1 500 Einheiten – allerdings im Monat”, sagte Kelber. Dieses Geschäft bringe zwar für die kommenden zehn Jahre solide Einnahmen bei geringen Ausgaben, sei aber nicht sonderlich lukrativ. Mit den Kunden würden Zielvereinbarungen pro Einzelobjekt getroffen, nach denen schon innerhalb von zwölf Monaten nach Vertragsabschluss erste Erfolge durch Sanierungs- oder Modernisierungsarbeiten sichtbar sein müssten. Ziel sei es, nach maximal zwei Jahren zu entscheiden, ob die Wohnungen verkauft werden oder im Bestand bleiben. “Für uns ist die Verwaltung als Vorlaufgeschäft für die Privatisierung interessant.”