PORTFOLIO - GASTBEITRAG

Zinsanstieg gefährdet nicht die Risikoparitätsstrategie

Börsen-Zeitung, 27.10.2012 In den vergangenen Jahren haben risikoparitätische Multi-Asset-Ansätze vermehrt die Gunst der Investoren gefunden. Die Verteilung des Vermögens auf verschiedene, nicht miteinander korrelierende Anlageklassen unter...

Zinsanstieg gefährdet nicht die Risikoparitätsstrategie

In den vergangenen Jahren haben risikoparitätische Multi-Asset-Ansätze vermehrt die Gunst der Investoren gefunden. Die Verteilung des Vermögens auf verschiedene, nicht miteinander korrelierende Anlageklassen unter Risikogesichtspunkten hat zu ermutigenden Ergebnissen geführt. Die einfache Streuung von Kapital ist eben nicht dasselbe wie die Streuung von Risiko.Nun verändern sich aber die Rahmenbedingungen an den Kapitalmärkten fortwährend, und Investoren stellen berechtigterweise die Frage, ob risikoparitätische Ansätze auch in einem neuen Umfeld weiterhin gute Ergebnisse liefern können. Unsere Fonds mit Risikoparitätskonzept investieren in vier Märkte: Anleihen, kurzlaufende Zinsen, Aktien und Rohstoffe. Da Anleihen und kurzlaufende Zinsen gemessen an den beiden anderen Assetklassen relativ volatilitätsarm sind, ist ihr Anteil am Gesamtportfolio im Umkehrschluss dementsprechend groß. Anleihemarkt wichtigInvestments in Anleihemärkten spielen für Risikoparitätsstrategien also eine große Rolle. Ganz offensichtlich sind Investoren derzeit sehr besorgt über Länderrisiken und die möglichen negativen Auswirkungen von Zinszyklen. Aus diesem Grund besteht ein gewisses Unbehagen bei Investoren gegenüber den bislang so erfolgreichen risikoparitätischen Konzepten.In diesem Gastbeitrag, der auf einer ausführlichen Studie basiert (“Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen”), wollen wir diesem Unbehagen begegnen und die Ergebnisse der Studie in Bezug auf die Implikationen von Zinsänderungen auf die Wertentwicklung von Anleihen und Risikoparitätsstrategien vorstellen.Der Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist, dass sich Staaten in den vergangenen Jahren exorbitant verschuldet haben und die Dynamik der Verschuldung weiterhin ungebrochen ist. Die Verringerung des Zinsniveaus in den vergangenen Jahren war ganz klar der Treiber für die Gewinne aus Anleihen. Anleiheinvestoren erwirtschafteten so sehr gute Erträge. Die Schattenseite ist die Höhe der Verschuldung. Seit 2007 ist die gesamte Verschuldung der OECD-Staaten um 15 Bill. Dollar angestiegen. Heutzutage, wo die Zinsen auf Rekordtiefs sind, scheint es nicht mehr viel Spielraum für weitere Zinssenkungen zu geben. Die meisten Investoren erwarten deswegen, dass die Zinssätze nur noch eine Richtung kennen werden – nach oben.Unsere Analysen zeigen, dass es nahezu unmöglich ist, den richtigen Zeitpunkt für kommende Zinssatzänderungen zu prognostizieren. Eine Analyse der Prognosegüte sogenannter Experten legt diesen Schluss nahe. Im Juni 2011 fragte das “Wall Street Journal” 50 bekannte Ökonomen zu ihren Prognosen zur Rendite der zehnjährigen Anleihe in einem Jahr. Im Durchschnitt wurden 4 % prognostiziert. Ein Jahr später lag die Rendite bei 1,7 %. Offensichtlich haben Praktiker Schwierigkeiten, die Richtung der zukünftigen Bewegungen der Renditen zu bestimmen. Um es vorwegzunehmen, auch die Wissenschaft bietet hier keine besseren Anhaltspunkte. Es gibt auch keine quantitativen Modelle, die in der Lage sind, die zukünftigen Bewegungen der Renditen zu prognostizieren. Bestimmung schwierigIn Ermangelung praktischer und wissenschaftlicher nachweisbar erfolgreicher Methoden zur Bestimmung der zukünftigen Richtung der Zinsen haben wir in unserer Studie analysiert, wie sich Anleiheportfolios bei unveränderten, sinkenden und steigenden Zinsen verhalten. Die Ergebnisse sind, in aller Kürze zusammengefasst: Auch bei unverändert niedrigen Zinsen können attraktive risikoadjustierte Renditen erzielt werden. Bei weiter sinkenden Zinsen, wir halten dies für durchaus denkbar, sind Anleiheinvestoren ohnehin auf der Gewinnerseite. Und bei steigenden Zinsen kommt es auf die Forward Curves an und darauf, ob die erwarteten Zinsen genug “Puffer” für Kurvenverschiebungen bieten. Letztendlich kann gesagt werden, dass sich in Bezug auf die Zinsdifferenz derzeit alles im normalen langfristigen Rahmen bewegt.Wie können wir uns also anders vor den Risiken schützen, wenn Timing auf den Anleihemärkten nicht möglich ist und nichts bringt? Die Antwort ist sehr einfach: so viel Diversifikation wie möglich. Die Diversifikation kann zunächst über die Palette Anleihemärkte selbst vorgenommen werden, aber auch über die verschiedenen Segmente der Zinskurve. Gegenläufige VerlusteWas aber noch viel wichtiger bei der Beantwortung unserer Frage “Wie verhalten sich risikoparitätische Portfolios im Umfeld steigender Zinsen?” ist, ist die Tatsache, dass Risikoparitätsansätze nicht nur in Anleihemärkte, sondern in ein breit diversifiziertes Portfolio miteinander unkorrelierter Asset-Klassen investieren. Und hierzu ist festzustellen: Aktien und Anleihen haben sich in einem Risikoparitätskontext ideal ergänzt. Ihre Verlustperioden waren häufig gegenläufig. Wir haben in der Studie eine Analyse eines risikoparitätischen Portfolios über einen längeren Zeitraum vorgenommen und uns drei extreme Umfelder (Große Depression, Inflation in den siebziger Jahren, Märkte nach 2000) angeschaut. Die Ergebnisse für alle drei Zeitfenster: In der Großen Depression, in der Ölkrise der siebziger Jahre und im vergangenen Jahrzehnt hätte sich unser Risikoparitätsportfolio gut entwickelt.Zusammenfassend kann gesagt werden: Für uns gibt es keinen objektiven Grund zu glauben, dass steigende Zinsen das Erzielen robuster und konsistenter langfristiger Erträge mit der Risikoparitätsstrategie verhindern werden.