Zwanzig faire Spreads für einen Bond
Die Börse spricht über Hybrid-Bonds. Die im vergangenen Jahr in der Unternehmensfinanzierung in Mode gekommenen Papiere, die Eigen- und Fremdkapitalelemente in sich vereinen, bereiten immer mehr Akteuren der Bond-Community Bauchschmerzen. Zugegeben: Für die Unternehmen sind die Hybrids eine reine Wohltat. Fremdkapital aufnehmen, als Eigenkapital anrechnen, den Kupon von der Steuer abziehen und damit die effektiven Kapitalkosten vermindern, gleichzeitig die Fremdkapitalseite und folglich das Rating schonen und dann noch ein paar weitere Optionalitäten oben drauf. Welcher Kapitaltitel bietet diesen Strukturierungsreichtum? Man muss lange suchen.Und über genau diese Strukturierungsvielfalt rauft sich die andere Seite – Investoren und Händler – die Haare. Denn der Teufel steckt bei diesen Bonds im Detail. Kupons können ausfallen, manchmal müssen sie es, wenn bestimmte Relationen von individuell festgelegten Finanzkennzahlen gebrochen werden (wer errechnet und überwacht das?). Die ausgefallenen Kupons können nachgeholt werden, müssen sie aber nicht, der Bond sollte nach vorgegebener Frist gekündigt werden, wenn nicht, wandelt die Basis der Zinszahlung von fix auf variabel, und es gibt mehr Spread. Auf dieser Basis soll der Bond dann bewertet werden. Fragt man zehn Investmentbanker nach einer Bewertungsmethode, erhält man zwanzig faire Spreads für ein und denselben Bond. Der wahre Wert liegt wohl irgendwo in der Mitte. Die Forderung des Handels ist immer die gleiche: Eine Standardisierung muss her, damit Vergleichbarkeit gewährleistet wird. In einem ist sich die Community einig: Renommierte Namen wie Bayer, Henkel oder Linde können es sich wohl kaum leisten, Investoren zu verprellen, indem irgendwann einmal eine Optionalität tatsächlich greift, also der Kupon nicht gezahlt oder der Bond nicht zum ersten Kündigungstermin zurückgezahlt wird. Aber “Peter-Paules Schraubenhandel” aus Garmisch ohne Börsennotiz, ausstehende Bonds und wahrscheinlich noch ohne Rating? Da könnte es schon anders aussehen.Im Übrigen: Der Thomson-Hybrid wies 2005 im europäischen Investment-Grade-Universum die schlechteste Performance aus. Da verwundert es kaum, dass so mancher Handelstisch mit der neuen Mode ordentlich Geld versenkt hat.