PENSIONSWERKE

Unsichere Rechnung

Die Zahl scheint dramatisch: 349 Mrd. Euro fehlen den europäischen Pensionswerken angeblich, um ihre Zusagen sicher einhalten zu können. Mit dieser Zahl schreckt die EU-Versicherungsaufsicht EIOPA die Verantwortlichen der betrieblichen...

Unsichere Rechnung

Die Zahl scheint dramatisch: 349 Mrd. Euro fehlen den europäischen Pensionswerken angeblich, um ihre Zusagen sicher einhalten zu können. Mit dieser Zahl schreckt die EU-Versicherungsaufsicht EIOPA die Verantwortlichen der betrieblichen Altersvorsorge auf und mahnt sie zu mehr Transparenz. Die Botschaft der Frankfurter Behörde ist deutlich: Steuern die Pensionswerke und die hinter ihnen stehenden Unternehmen nicht gegen, verschieben sie die Last in die Zukunft und drücken sie der jungen Generation aufs Auge. Auch für die Volkswirtschaft ergeben sich demnach handfeste Risiken.Doch wie üppig müssen Pensionswerke ausgestattet zu sein, um weit in der Zukunft liegende Verpflichtungen schultern zu können? Dreh- und Angelpunkt in der Berechnung ist der Zinssatz, der für die künftige Entwicklung des Vermögens unterstellt wird. Je höher diese Rechengröße ist, desto geringer erscheinen künftige Lasten. Während Pensionswerke im Durchschnitt je nach Land oft zwischen 2 und 4 % veranschlagen, rechnet die EIOPA konservativ und legt meist wenig mehr als 1 % zugrunde. So leben Pensionswerke und EU-Aufsicht in unterschiedlichen Welten: In der einen reichen die Vermögen oft noch aus, in der anderen türmt sich eine Milliardenlast.Dabei nutzen die Akteure einen Ermessensspielraum zu ihren Gunsten: Unternehmen und Pensionswerke haben ein Interesse an geringen Belastungen in der Gegenwart und plädieren für einen höheren Rechnungssatz. Als beispielsweise die deutsche Methode, die in den HGB-Bilanzen zuvor auf einen Durchschnittszinssatz über sieben Jahre abstellte, auf einen Zeitraum von zehn Jahren ausgedehnt wurde, fand dies in der Wirtschaft viele Fürsprecher. Weil die Zinsen in früheren Jahren bekanntlich höher waren, stieg durch die Umstellung der Rechnungszins, was zu einer scheinbaren Entlastung von Unternehmen führte. Aber auch die EU-Aufsicht rechnet zu ihren Gunsten. Die 2011 gestartete EIOPA muss ihre Existenzberechtigung unter Beweis stellen und schafft mit einer konservativen Auslegung ein Argument für eine einheitliche und strengere Regulierung in Europa.Da aber kein Akteur künftige Renditen sicher bestimmen kann und auch das richtige Maß zwischen Chance und Risiko strittig ist, bleibt jede Kalkulation mit Unsicherheit behaftet. Flexibel können Pensionswerke indes agieren, wenn sie nicht an feste Zusagen gebunden sind. Daher ist es gut, dass in Deutschland ab kommendem Jahr reine Beitragszusagen möglich sind.