Auftragseingang

Binnennachfrage beschert deutscher Industrie Auftragsflut

Im Februar haben sich die Auftragsbücher der deutschen Industrie so stark gefüllt wie zuletzt im Juni 2021. Allerdings waren dafür vor allem die volatil ausfallenden Großaufträge verantwortlich, so dass auch das dritte Bestellplus in Folge nicht überbewertet werden sollte, wie Experten warnen.

Binnennachfrage beschert deutscher Industrie Auftragsflut

Unerwartet starkes Orderplus für Industrie

Binnennachfrage und Großaufträge bringen Schwung – Umsatz legt zu – “Viele Branchen auf Erholungskurs”

Im Februar haben sich die Auftragsbücher der deutschen Industrie so stark gefüllt wie zuletzt im Juni 2021. Allerdings waren dafür vor allem die volatil ausfallenden Großaufträge verantwortlich, so dass auch das dritte Bestellplus in Folge nicht überbewertet werden sollte, wie Experten warnen.

ba Frankfurt

Die deutsche Industrie hat im Februar dank der starken Nachfrage aus dem Inland und aus den Euro-Ländern unerwartet viele Bestellungen eingesammelt. Ökonomen warnen aber trotz des dritten Auftragszuwachses und anderer überraschend gut ausgefallener Konjunkturdaten vor zu großer Euphorie: Denn ein Gutteil des kräftigen Orderplus stammt von volatilen Großaufträgen, die zunehmend abgearbeiteten Auftragsbestände dürften der Produktion Grenzen setzen und die Folgen des noch nicht beendeten Zinserhöhungszyklus der Europäischen Zentralbank (EZB) und anderer Notenbanken würden sich erst im weiteren Jahresverlauf manifestieren.

Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) lagen die Neubestellungen im Februar um preis-, saison- und kalenderbereinigt 4,8% über dem Niveau des Vormonats. Ökonomen wurden vom dem stärksten Plus seit Juni 2021 überrascht – sie hatten im Schnitt mit 0,3% mehr Aufträgen gerechnet. Allerdings revidierten die Wiesbadener Statistiker den Orderzuwachs von Januar um 0,4 Prozentpunkte auf 0,5% nach unten.

Destatis führt die positive Entwicklung maßgeblich auf die um 55,9% gestiegenen Großaufträge im sonstigen Fahrzeugbau zurück – dazu zählen der Bau von Schiffen, Schienenfahrzeugen, Luft- und Raumfahrzeugen sowie von Militärfahrzeugen. Bleiben die volatilen Großaufträge insgesamt außen vor, so ergibt sich laut Destatis nur mehr ein Orderzuwachs von 1,2%. Regional legte die Inlandsnachfrage am kräftigsten zu (5,6%) während aus dem Euroraum nach dem Rückgang zu Jahresbeginn 8,9% mehr Bestellungen kamen. Die Aufträge aus dem Nicht-Euroraum legten nach dem starken Plus im Januar um 1,4% zu.

„Die Auftragseingänge befinden sich in vielen Branchen der deutschen Industrie weiter auf Erholungskurs“, kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium. Allerdings sei auf Ebene der Wirtschaftszweige die Entwicklung nicht durchweg positiv ausgefallen. In den gewichtigen Branchen wie Kfz und Kfz-Teile (3,7%) und Metallerzeugung (2,5%) gab es erneute Zunahmen zu verzeichnen. Bereiche wie Maschinenbau (2,8%), Chemische Erzeugnisse (2,1%) und Metallerzeugnisse (1,6%) meldeten nach Rückgängen im Januar wieder ein Nachfrageplus. „Allerdings waren die Bestellungen bei Herstellern von elektrischer Ausrüstung (–1,7%) und Pharmazeutischen Erzeugnissen (–5,5%) noch immer abwärtsgerichtet“, hieß es aus dem Haus von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Nachdem sich die Stimmungsindikatoren in den vergangenen Monaten verbessert hätten, zeichne sich insgesamt „nach dem schwachen Jahresendquartal 2022 zu Jahresbeginn 2023 eine konjunkturelle Erholung ab“, teilte das Ministerium weiter mit.

Ökonomen zeigten sich ebenfalls verhalten zuversichtlich. „Eine kräftige Auftragsspritze für die deutsche Konjunktur“, urteilte etwa LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch. Der Erholungstrend in der Industrie sei inzwischen unverkennbar, auch wenn im Jahresvergleich immer noch ein Minus von 5,9% zu Buche stehe. Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, erwartet für den nächsten Monat eine Gegenbewegung, da der Zuwachs vor allem den Großaufträgen geschuldet war. Die Weichen für mehr Produktion blieben gestellt, abnehmende Materialengpässe dürften es ermöglichen, Aufträge vermehrt abzuarbeiten. Dafür spricht auch der reale Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe, der laut Destatis im Februar 1,5% zulegte – nach einem Rückgang um revidiert 0,6%.