US-Handelskammer

US-Firmen in China leiden unter Spannungen

Die dramatische Verschlechterung der bilateralen Beziehungen zwischen China und den USA im vergangenen Jahr färbt immer stärker negativ auf das Geschäftsklima und die Wettbewerbssituation für US-Unternehmen mit China-Präsenz ab. Zu diesem Urteil...

US-Firmen in China leiden unter Spannungen

nh Schanghai

Die dramatische Verschlechterung der bilateralen Beziehungen zwischen China und den USA im vergangenen Jahr färbt immer stärker negativ auf das Geschäftsklima und die Wettbewerbssituation für US-Unternehmen mit China-Präsenz ab. Zu diesem Urteil kommt die amerikanische Handelskammer in China in ihrem gut 500 Seiten umfassenden jährlichen Weißbuch.

Zum erweiterten Sorgenkatalog der US-Unternehmen, der sich weitgehend mit dem anderer ausländischer Firmen im China-Geschäft vor Ort deckt, gehören wettbewerbsverzerrende Aspekte wie die massive Förderung von chinesischen Staatsunternehmen und die Vorzugsbehandlung von heimisch investierten Privatfirmen. Hinzu kommt die sich immer deutlicher abzeichnende Präferenz für heimische Technologieanwendungen und -produkte, mit der ausländische Wettbewerber latent ausgegrenzt werden, heißt es im Bericht der US-Handelskammer.

Heimische Firmen im Vorteil

Wie Kammerchef Greg Gilligan betont, findet die Verschlechterung der US-China-Beziehungen einen eindeutigen Niederschlag in Marktpraktiken, insbesondere auf der Verantwortungsebene von Provinz- und Lokalregierungen. Man spüre förmlich, wie Verantwortliche auf der Lokalebene auf das breitere politische Umfeld reagierten und bei Entscheidungen etwa im Beschaffungsmanagement, schon allein aus Vorsicht, eine klare Präferenz für heimische Anbieter entwickelten. Damit offenbart sich ein Wandel im Nachfragespektrum für ausländische Technologien.

Bislang galt das Konfliktpotenzial vor allem Chinas herrschender industriepolitischer Praxis, ausländischen Unternehmen als Gegenleistung für ihren Zugang zum weltgrößten Konsumentenmarkt einen Technologietransfer abzuverlangen. Dieser Aspekt ist auch Gegenstand der Anfang 2020 aufgesetzten ersten Phase eines bilateralen Handelsdeals zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt, wobei sich die chinesische Seite zu einer Reihe von Maßnahmen zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums verpflichtet hatte.

Fortschritten auf diesem Terrain stehen aber nun Chinas industriepolitische Bestrebungen einer einseitigen Förderung von heimischen Technologiekonzernen entgegen, die mit Wettbewerbsverzerrungen zu Ungunsten ausländischer Anbieter einhergehen. Dahinter steht freilich das vom Staatspräsidenten verantwortete wirtschaftspolitische Konzept der sogenannten dualen Kreisläufe, mit dem sich China stärker auf den Heimatmarkt zu stützen gedenkt, insbesondere in Bezug auf Innovationsförderung und technologische Entwicklung.

Diskrete Online-Kampagnen

Das von China Anfang 2020 eingebrachte neue Gesetz für ausländische Investitionen, das offiziell dem hehren Ziel eines Level Playing Field für ausländische Direktinvestoren dienen soll, scheint den ausländischen Firmen dabei nach Einschätzung der US-Handelskammer kaum etwas gebracht zu haben. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die jetzt zu beobachtende Favorisierung von heimischen Produkten nicht auf sichtbaren Direktiven oder gar Gesetzestexten basiert, sondern im Verborgenen auf interner Dialogbasis geschieht.

Ein neuer Sorgenfaktor für ausländische Unternehmen offenbart sich mit der zuletzt zu beobachtenden Praxis der Kommunistischen Partei, in sozialen Medien diskret Kampagnen gegen bestimmte ausländische Firmen anzufachen, mit denen öffentliche Empörung und nachgelagerte Boykottinitiativen provoziert werden. Dabei spielen vor allem politische Reizfaktoren wie die insbesondere von den USA gebrandmarkten Menschenrechtsverletzungen gegenüber ethnischen Gruppen in der Provinz Xinjiang eine Rolle. So haben eine Reihe von Unternehmen wegen des Verdachts auf Zwangsarbeit im Baumwollgewerbe Maßnahmen eingeleitet, um künftig keine Baumwolle aus Xinjiang zu beziehen. Im Gegenzug kam es zu einer von chinesischen Staatsmedien maßgeblich vorangetriebenen Hetzkampagne gegen eine Reihe westlicher Branchenunternehmen, allen voran den Moderetailer H&M und die Sportartikelriesen Adidas und Nike.

Exodus aus Hongkong

In einer separaten Erhebung der American Chamber of Commerce in Hongkong werden die Bedenken der dortigen ausländischen Business Community hinsichtlich der Nachwirkungen des neuen chinesischen Sicherheitsgesetzes für Hongkong und daraus resultierende Einschränkungen von bislang gewährten Freiheitsrechten in der chinesischen Sonderverwaltungszone hervorgehoben. Dabei scheint sich eine Exodus-Bewegung seitens Hongkonger „Expats“ abzuzeichnen. Von insgesamt 325 befragten Teilnehmern betonen mehr als 40%, dass sie eine Standortverlagerung erwägen, und führen dabei die neuen gesetzlichen Freiheitseinschränkungen als maßgeblichen Beweggrund an.